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Der dunkle Spiegel

Titel: Der dunkle Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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verständigen, de Lipa«, erwiderte Pater Ivo scharf. »Wisst Ihr oder einer aus Eurem Haus, wo die Begine ist?«
    »Es gab hier heute Nachmittag einige Verwirrung durch die Verrückten, die brennende Pfeile über die Stadtmauer geschossen haben. Mag sein, dass auch diese Begine hier war. Ich werde meine Frau fragen. Ich habe den ganzen Tag das Bett gehütet!«
    Grit wurde losgeschickt, um Frau Dietke zu holen, und die schöne Dame des Hauses rauschte herbei.
    »Ja, dieses Geschöpf und zwei Beginen waren hier, um Wäsche für die Aussteuer abzuliefern! Das hätten sie besser nicht getan. Von den Sachen ist nichts mehr übrig geblieben. Nachdem wir das Haus verlassen haben, müssen eifrige Hände großen Gefallen daran gefunden haben.«
    »Ihr werdet es verschmerzen können! Wo sind die beiden Beginen jetzt?«
    »Was fragt Ihr mich? Sie müssen mit in die Kirche gelaufen sein. Wie alle anderen!«
    Trine zog wieder heftig an Pater Ivos Ärmel und machte einen Schritt Richtung Kellertreppe. Qual verzerrte ihr Gesicht.
    »Kind, schon gut. De Lipa, erlaubt, dass ich Euren Keller aufsuche!«
    »Seid Ihr von Sinnen, Mönch?«
    »Nein. Lasst mich in die unteren Räume. Was spricht dagegen, wenn Ihr nichts zu verbergen habt?«
    »Dies ist mein Haus, und ich bestimme, wer welche Räume betritt. Wie könnt Ihr mir unterstellen, eines dieser grauen Weiber hier zu verstecken!«
    De Lipa bekam schon wieder einen hochroten Kopf, und seine Frau wollte besänftigend seinen Arm fassen, aber er schüttelte ihn unwillig ab. Doch es war Dietke, die, leichenblass geworden, sagte: »Geht hinunter, Pater. Ich werde Euch aufschließen. Nehmt dieses Handlicht mit.«
    Sie zündete ein Öllämpchen an und reichte es ihm, löste von ihrem Gürtel den Schlüsselbund und ging voraus, die Treppe hinab. De Lipa folgte Pater Ivo, der von Trine beinahe die Stufen hinuntergezerrt wurde.
    »Großer Gott, was stinkt es in Eurem Keller!«, entfuhr es ihm, als Dietke die erste Tür öffnete.
    »Die Kloake liegt im Hof, direkt hinter der Mauer. Wir wollen sie verlegen lassen.«
    »Öffnet diese Tür!«
    »Dahinter ist nichts, ein leerer Raum, den wir seit Monaten nicht mehr nutzen. Wegen des Gestanks!«, sagte de Lipa ungehalten.
    »Dennoch!«
    Dietke zuckte ergeben mit den Schultern und steckte den Schlüssel in das Schloss. Pater Ivo drückte Trine das Licht in die Hand.
    Kreischend schwang die Tür auf, und direkt vor der Schwelle lag eine graue Gestalt hingestreckt. Hermann de Lipa blieb wie erstarrt stehen, und seine Frau drückte sich verstohlen an die Wand. Trine fiel auf die Knie und leuchtete in das Gesicht der Frau, die dort mühsam atmend lag. Sie hatte das Gebände abgenommen und sich den Stoff vor Mund und Nase gehalten. Ihre Flechten hatten sich gelöst, und ihr Haar fiel über das bleiche Gesicht. Pater Ivo bückte sich und hob sie hoch.
    »Begine! Hört Ihr mich?«
    Hustend und keuchend hob Almut den Kopf und nickte.
    »Holt Wasser, viel! Schnell, de Lipa, oder Ihr habt einen zweiten Mord zu verantworten.«
    Pater Ivo stieß Dietke zur Seite und stürmte die Treppe hinauf. Mit einem wenig frommen Ausruf befahl er Grit, die Tür zur Stube zu öffnen und sofort das Fenster aufzumachen. Verschreckt folgte die Magd seinen herrischen Anweisungen.
    »Begine, könnt Ihr sprechen?«
    »Frische Luft. Ah!«
    Er brachte sie zum Fenster und legte sie auf die gepolsterte Sitzbank. Inzwischen war ein Mädchen mit einer Schüssel Wasser und einem Becher Wein gekommen. Trine war hinter ihm hergeschlüpft, hatte einen zarten blauen Schleier aus ihrer Tasche gezogen und in das Wasser getaucht. Damit wischte sie Almut das tränenüberströmte Gesicht und die laufende Nase ab. Pater Ivo stützte die Begine, damit sie trinken konnte.
    »Rudger! Sucht Rudger!«, sagte Almut unter weiterem Husten.
    »Dietke, wo ist dein Bruder? Was hat er mit dieser Ungeheuerlichkeit zu tun?«
    »Alles!«, sagte Almut und begann, etwas ruhiger zu atmen.
    »Grit, ruf den Haushofmeister. Er soll augenblicklich herkommen!«
    »Ja, Herr!«, sagte die Magd, sichtlich begeistert davon, Zeugin und Mitwirkende bei einem so dramatischen Ereignis zu sein.
    »Könnt Ihr alleine sitzen, Begine?«
    Almut gewann allmählich ihre Lebensgeister wieder, und wenn ihr auch Kehle und Augen brannten und die Nase lief, so konnte sie doch wieder klar denken.
    »Ja, sicher.« Sie setzte sich langsam auf und fuhr sich etwas zitterig durch die Haare, die ihr lang über die Schultern flossen. Dann wischte

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