Der dunkle Spiegel
zwischen ihnen herum und schubberte sich übermütig an Almuts Seite. Mit einiger Mühe und heftigem Gekreisch gelang es ihnen schließlich, dem Schwein die Vorder- und Hinterbeine zusammenzubinden, und als Almut später, bevor sie zu Bett gehen wollte, nach ihr sah, lag die Sau laut schnarchend auf ihrem Strohlager.
»Sieht nicht aus, als ob sie an der Medizin zu Grunde geht!«, meinte Thea zu Almut. »Selbst in dieser Menge nicht. Aber wirkungsvoll ist das Zeug. Kein Wunder, dass der junge Mann sich aufgekratzt genug gefühlt hat, um sein Krankenlager zu verlassen und sich blaue Flecken zu holen.«
»Scheint so. Aber ich bin jetzt genauso müde wie dieses Schwein und werde auch ohne Hustensaft genauso tief schlafen.«
13. Kapitel
Bruder Johannes war ganz zufrieden mit seinem Erfolg. Die Sünderin war bereit, sich dem Urteil Gottes zu stellen. Und anschließend konnte man die weiteren Schritte einleiten. Aber irgendwie war die Unterredung anders verlaufen, als er erwartet hatte. Nicht nur, dass die ketzerische Begine selbst nicht zugegen war, sondern wieder nur die Meisterin Magda von Stave, deren selbstsicheres Auftreten ihm ein leichtes Unbehagen verursachte. Mit ihr zusammen war allerdings der Herr de Lipa erschienen. Und dann war auch noch dieser Benediktiner-Pater aufgetaucht, an den sich Bruder Johannes aus einer anderen Angelegenheit erinnerte. Nicht besonders gerne allerdings. Er hatte den dreien klar zu verstehen gegeben, dass seine Vorwürfe gegen die Begine Almut äußerst stichhaltig waren. Hatte sie sich nicht gegen die Kirche und ihre Institution – in diesem Fall Bruder Notker – versündigt? Natürlich, die Kirche war, wie Jesus selbst, selbstverständlich auch bereit, den Sündern zu vergeben und sie wieder in ihre liebevollen Arme zu schließen. Vorausgesetzt, sie sahen ein, welchen Vergehens sie sich schuldig gemacht hatten, und waren bereit, ihre Gedanken, Worte und Taten zu bereuen und eine gerechte Buße auf sich zu nehmen. Bruder Johannes war durchaus bereit gewesen, der Ketzerin im Namen der Kirche zu verzeihen, so sie sich denn zum Schuldbekenntnis bereit erklärt hätte. Er hatte sich schon die eine oder andere passende Buße überlegt, doch an dieser Stelle war ihm Pater Ivo in die Quere gekommen. Dieser vermaledeite Priester hatte doch in seiner Eigenschaft als Beichtvater der Begine für eben diese Sünde die Absolution erteilt! Natürlich hatte Bruder Johannes versucht, die Schwere des Vergehens noch einmal deutlich zu machen und die Notwendigkeit einer eingehenden Untersuchung – vor allem auch im Lebensumfeld der Beginen – hervorzuheben, aber damit stieß er auf taube Ohren. Ja, die Meisterin hatte sogar auf ihre familiären Beziehungen angespielt, und das Letzte, was Bruder Johannes wollte, war, sich mit dem einflussreichen Patrizier von Stave anzulegen. Dass er noch einen derben Rüffel von dem unsäglichen Weinhändler bekommen hatte, erboste ihn zusätzlich. Doch unternehmen konnte er in dem Zusammenhang nichts, denn für den zweiten Teil seiner Anklage war er auf die Zusammenarbeit mit ihm angewiesen. So hatte er denn versucht, den groben Einwurf: »Mann Gottes, das Mädchen hat doch nur die Bibel zitiert! Das macht ihr Pfaffen alle naselang!«, zu überhören. Aber ein saurer Geschmack war ihm aus dem Magen aufgestiegen, als er die angemessene Entgegnung unterdrücken musste!
Mit de Lipa hätte der Inquisitor lieber schon zuvor und alleine gesprochen, aber der Mann war ja nicht erreichbar. Erst hieß es, er sei auf dem Weingut, dann war er im Lager beschäftigt, und schließlich, am späten Freitagabend, war er zu einem Essen ausgegangen. Aber er hatte sich einverstanden erklärt, am Samstag zur Sext in den Beginen-Konvent zu kommen, um an der Aufklärung des Mordes an seinem Adlatus Jean de Champol mitzuwirken. Nur – de Lipa glaubte inzwischen, Jean wäre eines natürlichen Todes gestorben, und er war auch nicht bereit, die Anschuldigung der Giftmischerei zu wiederholen. In Wut und Trauer habe er diese unbedachte Äußerung getan. Aber hier hatte Bruder Johannes mehr Argumente vorzubringen. War es dem jungen Mann nicht zunächst besser gegangen? War er nicht sogar bereit gewesen, am Dienstag wieder seine Arbeit im Lagerhaus aufzunehmen? Und war nicht erst, als die Beginen ihn besuchten, die dramatische Verschlechterung eingetreten? De Lipa musste ihm Recht geben, er selbst hatte Jean am Morgen seines Todestages verbieten müssen, das Bett zu verlassen, und ihm
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