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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Gewissen, dann traut sie sich vermutlich einfach nicht.«
    »Lass uns hoffen, dass es so ist.«
    Polly stand auf. »Ich muss gehen, Nick. Wir sind schon zu lange hier.«
    Er nickte. »Wenn du Gelegenheit findest, sag ihr, ich beantworte ihre Fragen, sobald ich kann. Aber geh kein Risiko ein, um mit ihr zu reden, hörst du, Polly?«
    »Ja, ja«, brummte sie, und als sie ihn anschaute, lächelte sie wider Willen. »Auf bald, Mylord. Morgen kann ich nicht kommen, da hab ich Nachtschicht.«
    »Nachtschicht?«, fragte er verwirrt.
    »Die kleine Prinzessin will auch nachts Milch haben, wie andere Säuglinge auch.«
    »Natürlich. Was macht Eleanor? Geht es ihr gut?«
    »Gedeiht und wächst. Und sie vergöttert Prinzessin Elizabeth.«
    Nick stieß einen angewiderten Protestlaut aus. »Sag ihr, ihr Vater wird das auf keinen Fall dulden.«
    Mit einem leisen Lachen verschwand Polly in der Dunkelheit.
    Nach wenigen Tagen war die Arbeit in den Stallungen Routine geworden. Nick achtete darauf, nichts zu sagen oder zu tun, was Carl als Herausforderung betrachten könnte, und so arbeiteten sie meist schweigend Seite an Seite, in gegenseitiger Antipathie, aber reibungslos. Mickey hatte Nick sehr ins Herz geschlossen. Der Junge war voller Bewunderung für den Pferdeverstand und die Reitkunst ihres neuen Gefährten, vor allem dankbar für dessen Freundlichkeit. Aber Mickey war klug genug, seine Verehrung nicht zu offen zu zeigen. Nick mochte den gutartigen, schüchternen Jungen gern und half ihm, wenn Mickey seine Arbeit nicht allein schaffte. So bewahrte er ihn manches Mal vor dem Zorn des Stallmeisters, doch er wahrte Distanz zu ihm wie zu allen anderen Menschen hier, sprach mit niemandem mehr als nötig und beichtete am ersten Sonnabend in der Dorfkirche von Hatfield nur die Sünden des Stallburschen – Versäumnisse bei der Arbeit, unchristliche Gedanken gegen den Stallmeister, eine versteckte Distel in Carls Strohlager und sündige Gedanken und vor allem Taten mit einer der Milchammen –, aber nicht die große Sünde seiner Verstellung. Er hatte keine Ahnung, wer der Dorfpfarrer hinter dem Vorhang des Beichtstuhls war, und er gedachte nicht, ihm sein Leben anzuvertrauen.
    »Zehn Rosenkränze auf den Knien, du Lump.«
    »Ja, Vater.«
    »Und sieh ja zu, dass die Amme nicht schwanger wird. England braucht eine gesunde Prinzessin, und eine gesunde Prinzessin braucht gute Milch.«
    »Ja, Vater«, antwortete Nick demütig und nahm lieber Abstand davon, den Pastor daran zu erinnern, dass England bereits eine durchaus brauchbare Thronfolgerin habe.
    » Ego te absolvo in nomine patris et filii et spiritus sancti. Verschwinde.«
    Am Sonntag nach der Messe hatten die Stallburschen ein paar Stunden freie Zeit, und Nick lief im Schutz des Waldes den Pfad zur Watling Street entlang, um wie vereinbart seine Nachricht für Chapuys hinter dem losen Stein im Sockel des Wegkreuzes zu deponieren. Doch er hatte die Straße noch lange nicht erreicht, als plötzlich vor ihm ein Reiter aus dem Dickicht kam und quer auf dem Pfad anhielt.
    Nick fuhr der Schreck in die Glieder, und er war im Begriff, sich seitlich ins Unterholz zu schlagen, als eine vertraute Stimme spöttelte: »Lord Waringham fürchtet sich vor Wegelagerern?«
    Nick stieß hörbar die Luft aus, lachte ein wenig atemlos und trat näher. »Lord Waringham ist ein ziemlich nervöser Kerl geworden, wenn Ihr die Wahrheit wissen wollt. Was zum Henker tut Ihr hier, Chapuys? Wenn man uns zusammen sieht, bin ich geliefert.«
    Der kaiserliche Gesandte nickte seelenruhig und wies geradeaus zwischen die Bäume. »Kommt.«
    Nick folgte ihm durch ein kleines Haseldickicht zu einer unvermuteten Lichtung, auf der ein halb vermoderter Buchenstamm lag.
    Eustache Chapuys saß ab und stieß mit der Spitze seines edlen, blank polierten Reitstiefels an den umgestürzten Baum. »Hier ist eine hohle Stelle. Ich habe eine Holzschatulle mit einem dicht schließenden Deckel hineingestellt. Dort werden wir unsere Nachrichten austauschen. Sicherer als das Wegkreuz.«
    »Einverstanden.«
    Der Gesandte beäugte den bemoosten Baumstamm einen Moment kritisch, nahm dann den kostbaren Mantel ab und breitete ihn als Decke darauf aus, ehe er Platz nahm. »Aber wann immer ich kann, werde ich sonntags um diese Stunde herkommen und mir persönlich anhören, was Ihr zu berichten habt. Kein Brief ist heutzutage sicher.«
    »Nein, ich weiß.« Nick setzte sich neben ihn.
    »Ich habe Euch einen Schlauch vernünftigen Wein

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