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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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König hatte seinen Lords und Höflingen unmissverständlich klargemacht, dass jeder von ihnen, der ein Pferd in Waringham kaufte, sich seinen Unwillen zuziehen könnte. Nur die wenigsten wagten es trotzdem, und so war der Zuchtbetrieb fast vollständig zum Erliegen gekommen. Von den rund vierzig Boxen im Stutenhof waren nur zehn belegt. Neugierige Pferdeköpfe erschienen in den geöffneten oberen Türhälften, als Nick näherkam, und er ging in jede der Boxen, begutachtete die Stuten und vor allem die Fohlen. »Das ist wirklich ein Prachtbursche, Medea«, lobte er und klopfte der Stute den Hals. »Und er hätte etwas Besseres verdient, als in seinem eigenen Dreck zu liegen. Herrje, was ist hier los?« Missfällig ließ er den Blick über das verdreckte Stroh und die unsaubere Krippe schweifen. »Können wir uns neuerdings nicht mal mehr Stallknechte leisten?«
    »Doch, doch«, sagte eine Stimme von der Tür. »Aber Greg Wheelers Vater ist gestorben, und in zwei Stunden ist die Beerdigung. Darum ist Greg nicht hier, und alles geht heute ein wenig langsamer.«
    Nick wandte den Kopf. »Daniel! Gut, dich zu sehen.«
    Daniel erwiderte sein Lächeln. »Danke gleichfalls. Seit gestern Abend geht ein Gerücht, du seiest wieder da. Aber die Meinungen gehen auseinander, ob du zu Besuch oder nach Hause gekommen bist.«
    Nick schüttelte den Kopf. »Ich bleibe.«
    »Gott sei Dank. Ich könnte hier gut ein williges Paar Hände gebrauchen.«
    »Ja. Das sehe ich.« Die Anzeichen von Nachlässigkeit, die er entdeckte, hatten nichts mit der heutigen Abwesenheit eines Stallburschen zu tun. Sie gingen tiefer und schienen eher ein Dauerzustand zu sein. Aber Nick schluckte die Vorwürfe herunter, die ihm auf der Zunge lagen, hängte stattdessen Hut und Schaube an einen Haken in der Sattelkammer, holte sich Mistgabel und Schubkarre und machte sich an die Arbeit.
    Die Stallmeister von Waringham waren einmal feine Leute und Miteigner des Gestüts gewesen, aber wie so viele Dinge hier war auch das Vergangenheit. Einer nach dem anderen hatten sie Mädchen bäuerlicher Herkunft aus Waringham geheiratet und sich nicht um ihre Stammbäume geschert. Der Letzte war mit seiner Hälfte der Pferde fortgezogen, als der Niedergang des Gestüts begann, und hatte den Grund und Boden, der sein Eigentum war, Lord Waringham verkauft, um anderswo neu beginnen zu können. Nick vermutete, sein Vater hatte das Land mit Sumpfhexes Mitgift bezahlt. Daniel war damals etwa so alt gewesen wie Nick heute – der jüngere Bruder des Stallmeisters –, und er war geblieben und hatte das Amt geerbt. Weil niemand sonst da gewesen war und weil Lord Waringham keine anderslautende Weisung erteilte. Nick wusste, er war keine ideale Besetzung. Daniel war gewissenhaft und unermüdlich und hatte ein Leben lang Erfahrung im Umgang mit Pferden, aber er besaß weder Autorität noch Organisationstalent. Die Folgen sah man überall.
    Misten und Füttern im Dauerregen war kein Vergnügen, und nach einer Stunde waren Nicks Kleider schmutzig und schlammbespritzt. Das bekümmerte ihn indessen nicht. Einträchtig arbeitete er mit Daniel und den beiden verbliebenen Stallknechten, lernte die Jährlinge und die Zweijährigen kennen – die ja alle noch Fremde für ihn waren – und erging sich in dem himmlischen Gefühl, endlich wieder zu tun, was seiner Neigung entsprach.
    »Du bist in deinem Element«, bemerkte Daniel, als sie sich zwei Stunden später in der kleinen Halle des Stallmeisterhauses zu einem lange überfälligen Frühstück niederließen.
    »Ja«, stimmte Nick zu und seufzte zufrieden. »Ich habe gar nicht gewusst, wie sehr es mir gefehlt hat.« Er wartete, bis die Magd gegangen war, die ihnen Brot, Schinken und verdünntes Bier vorgesetzt hatte, ehe er fragte: »Immer noch nicht verheiratet, Daniel?«
    Der schüttelte den Kopf. »Für eine Familie reicht es nicht. Es wird von Jahr zu Jahr weniger, verstehst du. Manchmal würde ich am liebsten mein Zeug packen und zu meinem Bruder nach Yorkshire ziehen, aber ich bring es nicht übers Herz, deinen alten Herrn im Stich zu lassen. Und die Gäule. Und Waringham. Was wir hier bräuchten, wäre ein Steward, aber es gibt keinen. Der Reeve ist ein Schlitzohr und zweigt bei der Pachtabrechnung einen fetten Anteil für sich selbst ab. Vater Ranulf ist noch schlimmer. Ein Blutsauger, sag ich dir. Er ist einfach gnadenlos bei der Eintreibung des Zehnten, und jetzt hat er sich doch tatsächlich geweigert, den alten Wheeler unter die

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