Der dunkle Thron
jetzt verheiratet sind. Der Chamberlain hat es mir ausrichten lassen. Wir dürfen in eine der Gesindekaten im hinteren Hof ziehen.«
Nick schüttelte den Kopf. »Zu nah am Palast. Jemand könnte mich sehen. Zieh du mit Eleanor dort ein, es ist sicher komfortabler als die Kammer, die du mit den anderen Ammen teilst. Aber ich bleibe auf dem Heuboden.«
Polly sah auf die Gänseblümchen zwischen ihren Schuhen hinab. »Wie du willst.«
»Es geht nicht anders, das musst du doch verstehen. Aber ich komme euch dort besuchen. Nach Einbruch der Dunkelheit.« Er rang sich ein Lächeln ab. »Ich hätte auch nichts dagegen, zur Abwechslung mal wieder in einem Bett mit dir zu liegen statt irgendwo im Gebüsch.«
Der leichte Tonfall war so unecht wie das Lächeln. Er sagte es aus Mitleid, argwöhnte sie. Oder um sie einzuseifen, damit sie weiterhin willig die gefährlichen Botengänge zwischen ihm und seiner Prinzessin erledigte.
Als die Birne vertilgt war, stand Polly aus dem Gras auf und hob Eleanor auf den Arm. »Und was wird, wenn wir je wieder nach Hause kommen? Werden deine Kinder und ich dann auch weiterhin in der Gesindekammer schlafen und du allein in deinem vornehmen Bett? Bis auf die Gelegenheiten, da du dich meiner zu bedienen wünschst, meine ich?«
Nick wischte seine Klinge im Gras ab und steckte sie wieder ein. Ohne aufzuschauen antwortete er: »Du glaubst nicht im Ernst, ich könnte je wieder nach Hause, oder?«
»Ich stecke in einer monumentalen Klemme«, vertraute er Madog gedämpft an, während sie Seite an Seite ihre Schubkarren zum Misthaufen fuhren. »Auf einmal wird sie richtig anspruchsvoll.«
Sein walisischer Cousin kippte seine Fuhre Mist ab und blieb untypisch stumm.
»Ich frage mich, was sie sich einbildet«, grollte Nick weiter. »Soll ich ihr französische Gedichte schreiben, nur weil diese vertrackte Maskerade dazu geführt hat, dass ich sie heiraten musste?«
Madog stellte die leere Schubkarre ab und richtete sich auf. »Vermutlich wäre sie schon zufrieden, wenn du anerkennst, dass es ebenso wenig ihre Schuld ist wie deine. Und dass sie hergekommen ist und Risiken eingeht, weil du es wolltest.«
»Ja, heißen Dank auch«, knurrte Nick. »Fall mir nur in den Rücken, das kann ich gerade so richtig gut gebrauchen.«
»Ich sage nur, was du selbst ganz genau weißt«, gab Madog unbeeindruckt zurück.
Nick fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Es war ungewöhnlich heiß für September, dabei hatte er am Morgen im Wald doch schon den ersten Hauch von Herbstluft gespürt. »Ja, natürlich weiß ich all diese Dinge«, räumte er ungeduldig ein. »Aber mir kommt es vor, als wanke der Boden unter meinen Füßen, Mann, ich kann immer noch nicht so richtig fassen, was mir passiert ist. Und da kommt sie an und setzt mir zu und traktiert mich mit unausgesprochenen Vorwürfen. Das ist wirklich das Letzte, was mir gefehlt hat.«
Madog verzog den Mund zu einem spöttischen kleinen Lächeln. »Siehst du? Genau das hat König Henry über die arme Catalina auch immer gesagt. Vielleicht hast du von nun an ein wenig mehr Verständnis für ihn.«
Nick öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu und starrte Madog an. Er war sprachlos.
Der junge Waliser zwinkerte ihm zu und wollte die Schubkarre wieder in Bewegung setzen, als Jeremy Andrews zu ihnen trat wie ein Racheengel. »Und wenn ihr euer Plauderstündchen beendet habt, denkt ihr, ihr könntet euch dann vielleicht wieder an die Arbeit machen?«, fragte er schneidend, zog Madog eins über und stapfte kopfschüttelnd davon.
Nick sah ihm entgeistert nach. »Wieso du und ich nicht?«
Madog rieb sich grinsend die gemaßregelte Schulter. »Vielleicht weil er dich auf einmal mit anderen Augen betrachtet? Du wirst möglicherweise noch feststellen, dass es durchaus seine Vorzüge hat, ein verheirateter Mann zu sein, Tamkin «, prophezeite er.
Es dämmerte, als die Vesper vorüber war. Nick hatte am Ende des Geheimgangs hinter der niedrigen Holztür gehockt und den Psalmen gelauscht, und obwohl er keine Mühe hatte, den lateinischen Worten zu folgen, hatte er sich doch gewünscht, er könne sie irgendwann einmal wieder in Tyndales verbotener, aber so wundervoller Übersetzung lesen.
»Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meere, so würde mich doch deine Hand daselbst führen und deine Rechte mich halten. Spräche ich: Finsternis möge mich decken!, so muss die Nacht auch Licht um mich sein. Denn auch Finsternis ist nicht finster
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