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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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in Anne Boleyns Auftrag vergiften. Um der Gefahr zu entgehen, musste sie in Kauf nehmen, die bescheidene Kost der Wachen zu teilen, aber gesunder Eintopf war allemal bekömmlicher als vergiftetes Rebhuhn …
    »Es erregt also keinen Verdacht, wenn ich einen Moment vor der Anrichte stehenbleibe, um meine Portionen auszuwählen. Niemand wird bemerken, dass ich dabei ein wenig Mohnsaft ins Bier der Wachen träufle. Der Raum ist dämmrig.«
    Nick war beruhigt. »Ihr macht das schon, da bin ich sicher. Von unserer Seite sind die Vorbereitungen ebenfalls so gut wie abgeschlossen. Chapuys hat drei gute Pferde besorgt, denn es wäre zu riskant, Eure Carina hier aus dem Stall zu holen und obendrein noch zwei weitere zu stehlen.«
    »Ich könnte sie ohnehin nicht mit auf den Kontinent nehmen«, erwiderte Mary ergeben, aber es klang eine Spur bekümmert.
    »Chapuys lässt unsere Gäule im Wald zu der abgelegenen Stelle bringen, wo ich ihn immer getroffen habe«, fuhr Nick fort. »Nach dem Abendessen wird mein Cousin sich hinschleichen und nach Gravesend reiten. Kurz vor elf hole ich die anderen beiden Pferde und treffe Euch an der Gartenpforte.«
    »Und alles Weitere liegt in Gottes Hand.«
    Er atmete tief durch. »So ist es.«
    »Also dann, Mylord. Nur noch sechs Tage Gefangenschaft und Stallknechtdasein. Und dann auf zu neuen Ufern.«
    Nick nahm sich ein Beispiel an Marys Furchtlosigkeit, was ihre ungewisse Zukunft anging, und beschloss, sich nicht in ein frühes Grab zu grämen, sondern das Beste aus diesen letzten sechs Tagen zu machen. Das Wetter blieb sommerlich und heiß, und er erfreute sich an der Arbeit mit den Pferden, die jetzt großteils im Freien und ausnahmsweise einmal ohne den sonst allgegenwärtigen Schlamm vonstatten ging. Abends saß er mit Madog in dem kleinen Wirtshaus von Eltham oder mit Polly auf der Bank vor ihrer Kate und teilte einen Becher lauwarmes Bier mit ihr. Die wilden Blumen, die entlang der Hauswand wuchsen, erfüllten die warme Luft mit ihren Düften, und Nick legte eine Hand auf Pollys Bein und lächelte und tat sein Bestes, charmant zu ihr zu sein. Er wusste genau, was sie alles für ihn getan und riskiert hatte und was er ihr schuldig war, und darum schämte er sich dafür, wie schroff er in den letzten Monaten oft zu ihr gewesen war. Und wenn sie in ihrem schmalen Bett unter ihm lag und sich an ihn klammerte, als wolle sie ihn nie wieder hergeben, bemühte er sich, ihr vorzugaukeln, dass er sie vermissen würde.
    Doch das friedliche Idyll, das seine letzten Tage als Stallknecht im Haushalt der kleinen Prinzessin Elizabeth zu werden versprachen, war nicht von langer Dauer.
    »Tamkin, Carl, geht und öffnet das zweite Stallgebäude«, befahl Sir Jeremy und überreichte Nick den rostigen Schlüssel.
    »Besuch?«, fragte er so desinteressiert wie möglich.
    Der Stallmeister nickte. »Die Königin kommt mit kleinem Gefolge, um einige Tage bei ihrer Tochter zu verbringen. Also macht Boxen für rund dreißig Gäule fertig.«
    »Ja, Sir.« Nick nahm den Schlüssel mit einer kleinen Verbeugung, folgte Carl hinaus auf die Koppel vor dem Stall und überlegte fieberhaft, ob Anne Boleyns Ankunft irgendeinen Einfluss auf ihre Pläne hatte. Es würde ein wenig voller und unruhiger werden, wusste er aus Erfahrung. Polly würde nicht vor Einbruch der Nacht Feierabend haben, weil man sie gewiss anwies, mit dem Beziehen der Betten und all diesem Zeug zu helfen. Aber bis Sonnabend hatte die Lage sich vermutlich wieder beruhigt, da war er zuversichtlich. Kein Grund, nervös zu werden …
    »Was ist, Mann, träumst du?«, riss Carls Stimme ihn aus seinen Gedanken. »Sperr schon auf.«
    Nick stellte fest, dass sie vor dem verschlossenen Stalltor angekommen waren. Er nickte, öffnete und schob den schweren Flügel nach innen. »Dreißig zusätzliche Gäule«, brummte er. »Das hat uns gerade noch gefehlt.«
    »Das kannst du laut sagen.« Carl stieg lustlos die Leiter hinauf und begann, Strohballen vom offenen Boden herunterzuwerfen. »Ich hoffe, der alte Jeremy besorgt uns ein paar Pagen von drüben, die uns zur Hand gehen. Wir wollen uns ja nicht zu Tode schinden.«
    Nick stimmte ihm zu, obwohl ihm immer unbehaglich war, wenn Pagen aus dem Haushalt der Prinzessin in die Stallungen abkommandiert wurden.
    Doch zumindest diese Sorge erwies sich als unbegründet. Jeremy Andrews engagierte drei junge Burschen aus dem Dorf als zusätzliche Stallarbeiter, und als Königin Anne am nächsten Vormittag mit ihren Damen,

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