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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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müssen«, gab Nick zurück.
    Philipp und Laura lachten und zogen ihn zum Tisch hinüber. Laura schenkte ihrem Bruder einen Krug Bier ein. »Hier. Du musst durstig sein. Wir sind gestern erst aus Sevenelms zurückgekommen. Fürchterlich staubig auf der Straße.«
    Er trank dankbar, stellte den Becher ab und sah sich eingehend um. Die drei bleiverglasten Fenster standen weit offen, und der Raum war heller als gewöhnlich. Das einströmende Licht fiel auf die beiden Borde voller Bücher, den vornehmen, reich geschnitzten Schrank daneben und auf sein Bett.
    Zuhause , dachte Nick, und ein wohliger Schauer durchrieselte ihn. Für einen Moment fielen alle Sorgen und die vielen bohrenden Fragen von ihm ab, und er erging sich in dem himmlischen Gefühl, heimgekehrt zu sein. Er hatte nicht damit gerechnet, wie übermächtig es sein würde, und hastig setzte er den Becher wieder an, um den dicken Brocken herunterzuspülen, den er plötzlich in der Kehle hatte.
    Dann räusperte er sich. »Neue Bettvorhänge?« Es war das erste, was zu sagen ihm einfiel.
    »Ich habe sie gemacht«, verkündete Laura stolz. »Die alten Dinger sahen aus, als wären sie hundert Jahre alt. Mehr Mottenlöcher als Lancaster-Rosen. Also habe ich sie erneuert. Es war … mein Pakt mit Gott: Wenn ich durchhielt und all die kleinen schwarzen Einhörner in dieses schwere grüne Tuch stickte, müsse er dich leben lassen und nach Hause führen, hab ich ihm vorgeschlagen.« Mit dem so unverwechselbaren Koboldlächeln hob sie die Schultern. »Es hat geklappt.«
    »Ich dachte, ihr Reformer glaubt nicht daran, dass Gott unsere Taten belohnt oder bestraft.«
    »Nein«, musste sie zugeben. »Aber ich dachte, es sei trotzdem einen Versuch wert. Giselle hat mir übrigens geholfen. Die Einhörner, die wie missgestaltete Ziegen aussehen, sind von ihr.«
    Er war gerührt, und um das zu verbergen, behauptete er: »Von hier aus sehen sie alle wie Ziegen aus.«
    Seine Schwester trat ihn unsanft in die Wade. »Undankbarer Schuft. Wir haben Monate daran gesessen.«
    Lachend ergriff er ihre Hand und führte sie reumütig an die Lippen. »Es ist großartig geworden.«
    Unversöhnt knuffte seine Schwester ihn auf den linken Unterarm, und Nick fuhr zusammen, ehe er sich hindern konnte.
    »Was ist?«, fragte Laura argwöhnisch.
    »Gar nichts.« Er winkte ab. »Der Arm war gebrochen. Ist aber schon ein paar Wochen her und tadellos verheilt. Nur noch ein bisschen empfindlich.«
    In die kurze Stille hinein fragte Philipp: »Und wie hast du dir den Arm gebrochen?«
    Nick schnitt eine Grimasse. »Die Formulierung ist nicht ganz zutreffend. Oder sagen wir: Cromwells Lumpenpack war mir dabei behilflich, meinen Arm zu brechen … Es besteht kein Anlass, so kreidebleich zu werden, Laura, denn das war schon alles, was sie getan haben. Der Blutzoll, den ich zahlen musste, war gering. Mein Stolz ist es, der den größeren Schaden davongetragen hat. Von meiner Ehre ganz zu schweigen …«
    »Tu ein gutes Werk an deiner Schwester und erzähl der Reihe nach«, bat Philipp. »Chapuys war nicht sehr mitteilsam. Er kam her, um uns wissen zu lassen, dass du aller Voraussicht nach mit dem Leben davonkommst, aber er sagte, er müsse es dir überlassen, uns zu berichten, was geschehen ist. Darum wissen wir nichts.«
    Also erzählte Nick. Es wurde ein langer Monolog, denn es gab nicht viel, das er vor diesen beiden geheim halten wollte, und ihm lag daran, ihnen endlich begreiflich zu machen, warum und wofür er sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte.
    »Und so sieht es jetzt aus«, schloss er mit einem ratlosen Achselzucken. »Ich bin nach wie vor in Ungnade. Ich habe in einer Zwangslage eine Dienstmagd bäuerlicher Herkunft geheiratet, und sie hat mir einen Sohn geboren. Einen Erben, den ich nicht will. Das … macht mir schwer zu schaffen. Ich habe zwei Eide geschworen, die ich für Unrecht halte. Sir Thomas hätte gesagt: Ich habe Gott zweimal angelogen. Auch das macht mir zu schaffen. Aber ich lebe noch. Und Prinzessin Mary lebt ebenfalls noch. Sie musste eine verdammt fette Kröte schlucken – und für sie war es vermutlich schlimmer als für mich –, aber ihr Martyrium ist vorüber. Ihre Stiefmutter, die neue Königin, wird alles daransetzen, den Familienfrieden wiederherzustellen, das weiß ich genau. Irgendwann wird Mary einen Prinzen auf dem Kontinent heiraten und ein neues Leben anfangen können. Wir haben also … ein paar Dinge aus dem Trümmerhaufen gerettet, mit denen wir

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