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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Kinder gab, die ihren Platz in diesem Haus dringend brauchten, denn sie wusste es selbst.
    Liz knickste stumm und hastete davon. Ihre Freundin sah ihr unglücklich nach.
    Nick bot Lady Meg seinen Arm. »Gehen wir hinein? Es gibt ein paar Dinge zu besprechen.«
    Meg Roper rieb sich die Krumen von den Händen und legte die Rechte dann auf seinen Ellbogen. »Mach weiter mit den Erbsen, Elise«, ermunterte sie das verbliebene Kind. »Alles, was wir selber anbauen können, brauchen wir nicht zu kaufen.«
    Es hatte immer viel Armut und bettelnde Waisenkinder in London gegeben, aber seit der Aufhebung der Klöster war die Not im ganzen Land unerträglich geworden. Cromwell hatte sich nicht mit den kleineren Abteien begnügt, genau wie Nick vorausgesehen hatte. In einer zweiten großen Welle im vergangenen Jahr waren auch alle großen Abteien aufgelöst worden. Die rund siebentausend Mönche und zweitausend Nonnen, die in den knapp sechshundert englischen Klöstern gelebt hatten, waren aus ihrem Heim vertrieben worden, hatten ihren gewählten Lebensweg aufgeben und in die raue Wirklichkeit zurückkehren müssen, aber sie waren noch vergleichsweise glimpflich davongekommen, denn sie bekamen von der Krone eine kleine Jahrespension, sodass sie wenigstens nicht verhungern mussten. Schlimmer sah es für die ehemaligen Klosterbediensteten und Laienbrüder aus – oft die doppelte Zahl der eigentlichen Brüder und Schwestern –, die von einem Tag auf den anderen kein Dach über dem Kopf und keine Arbeit mehr hatten. Ganz zu schweigen von dem Heer an Kranken, Bedürftigen und Waisen, die in den Klöstern Almosen und Beistand gefunden hatten.
    Die Wertgegenstände und Liegenschaften der aufgelösten Abteien wurden nach und nach an zahlungskräftige Adlige und Kaufleute veräußert, von denen nicht wenige das Ackerland einfriedeten und in Schafweiden umwandelten, sodass ein wahrer Exodus vertriebener Bauern und Landarbeiter in die große Metropole an der Themse strömte.
    Cromwell und der König rührten keinen Finger, um die Not zu lindern, die sie verursacht hatten. Sie hatten eine neue Behörde geschaffen, die Augmentationskammer, die die Verwertung und den Verkauf der Klostervermögen verwaltete und die von Richard Rich geleitet wurde, jenem windigen Charakter, dessen Meineid Sir Thomas More aufs Schafott gebracht hatte. Folglich blühten Korruption und Vetternwirtschaft, die Krone strich ein märchenhaftes Vermögen ein, aber niemand von offizieller Seite scherte sich um die Verlierer.
    Viele der besser betuchten Londoner – ganz gleich ob Reformer oder Papisten – taten, was in ihrer Macht stand, um Abhilfe zu schaffen. Gilden und Zünfte betrieben Suppenküchen, die Bruderschaft der Juristen sammelte Geld, um ein Hospital zu gründen, und einflussreiche Adlige wie Lady Margaret Pole, die Countess of Salisbury, stifteten Armenhäuser. Nick hatte zusammen mit seinem Cousin John Harrison und Master Durham das ehemalige Franziskanerkloster an der Old Fish Street erworben und dort ein Waisenhaus mit einer Schule gegründet. Die Leute in Cordwainer – dem Stadtbezirk, in welchem die Old Fish Street lag – nannten es »die Krippe«, und Nick und seine Mitstreiter hatten den Namen übernommen, da es heutzutage gefährlich war, eine wie auch immer geartete Einrichtung nach einem Heiligen zu benennen. Zu leicht konnte man in den Verdacht der unerlaubten Götzenverehrung geraten und sich in einem von Cromwells Verliesen wiederfinden.
    Nick und Lady Meg betraten das Haus, wo einst die Fratres gewohnt hatten und heute die Schlafräume der Kinder lagen. Am Westende des hellen, trockenen Fachwerkhauses befand sich die Kammer, die früher den Prior dieses bescheidenen Außenpostens des großen Londoner Franziskanerklosters Greyfriars beherbergt hatte. Der lange, klobige Tisch in der Mitte war mit unordentlichen Dokumenten und Papierstapeln bedeckt, die sie teilweise noch von den Fratres geerbt hatten. Gewohnheitsgemäß schob Nick sie achtlos mit dem Unterarm beiseite und vollführte eine einladende Geste. »Nehmt Platz, Lady Meg.«
    »Eines Tages wird es sich rächen, dass Ihr diesen Dokumenten nie Beachtung schenkt, Mylord«, warnte sie und setzte sich.
    Nick tat es ihr gleich und streifte die Papierberge mit einem lustlosen Blick. »Ich versuche, meinen Schwager Philipp zu überreden, sich darum zu kümmern. Er versteht sich weitaus besser auf solches Zeug als ich.«
    »Mein Gemahl könnte auch helfen«, bot sie an. »Ein

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