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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Gehen zwischen Waringham und Fernbrook.«
    Nick hatte Mühe, das zu glauben, denn es mussten an die dreihundert Meilen zwischen den beiden Orten liegen. Als Nächstes wird sie mir auftischen, wir seien verwandt, mutmaßte er, damit ich mich verpflichtet fühle, sie aufzunehmen. Aber der Gedanke war gar nicht so unerträglich, erkannte er.
    Janis Finley nickte ohne besonderen Nachdruck und zuckte die Achseln. »Lange her. Aber der Großvater des Königs kam in Fernbrook zur Welt, ob Ihr’s glaubt oder nicht.« Sie lächelte eine Spur verlegen, weil es klang, als wolle sie aufschneiden.
    »Edmund Tudor?«, fragte Nick verwundert.
    »Ganz recht, Mylord. Wie Ihr sicher wisst, mussten seine Eltern sich verstecken, weil der Kronrat nichts von ihrer Heirat wissen durfte. Es war ein Waringham, der sie nach Fernbrook schickte, um dort fern von den Augen des Kronrats das Kind zu bekommen.«
    »Da sieht man mal wieder, wie klein die Welt ist …«, murmelte er und dachte gleichzeitig: Du meine Güte, was faselst du da eigentlich? Er nahm sich zusammen. »Alsdann, Schwester Janis. Was ist es, das ich für Euch tun kann?«
    »Ich hörte, Ihr unterhaltet hier nicht nur ein Waisenhaus, sondern auch eine Schule. Für Knaben und für Mädchen.«
    »Das ist richtig, Madam.«
    »Und ich nehme an, es ist ein Mann, der die Mädchen unterrichtet?«
    »Natürlich«, gab er zurück.
    »So natürlich ist es nun auch wieder nicht«, konterte sie angriffslustig.
    »Es stehen Tausende ehemaliger Mönche auf der Straße, die alle dankbar für eine Anstellung sind, so schlecht sie auch bezahlt sein mag«, erinnerte Nick sie.
    »So wie Tausende Nonnen. Glaubt mir, Mädchen lernen schneller und leichter, wenn sie von Frauen unterrichtet werden.«
    »Ihr sprecht aus Erfahrung?« mutmaßte er. »Und was ist es, das Ihr gelernt habt und das Euch Eurer Ansicht nach qualifiziert, die Mädchen in diesem Waisenhaus zu unterrichten?«
    »Vielleicht mehr, als sie für ein zukünftiges Leben als Dienstmagd brauchen«, antwortete sie auf Latein. »Aber ich bin gewillt, sie Lesen und Schreiben und Umgangsformen zu lehren, damit sie besser in der Welt zurechtkommen und vielleicht einen Handwerksgesellen heiraten können und nicht nur den Stallknecht ihrer Herrschaft. Und denjenigen, die begabt und willig sind, kann ich Latein und Griechisch beibringen und ihnen eine Welt eröffnen, von deren Existenz sie nicht einmal etwas ahnen, Mylord. Ich habe schon allerhand Erfahrung, denn ich habe die Novizinnen und jungen Damen in meinem Kloster unterrichtet.«
    Ihr Enthusiasmus erfüllte ihr Gesicht mit Lebhaftigkeit und hatte ein Strahlen in ihre Augen gezaubert, das ihn aus der Fassung zu bringen drohte. Doch so kindisch es auch sein mochte, ärgerte es ihn ein wenig, dass sie Griechisch konnte und somit mehr Bildung besaß als er, und darum erwiderte er kühl: »Ihr würdet die Mädchen hier sehr verschieden von Novizinnen und jungen Damen finden. Sie haben wenig Verwendung für Latein und Griechisch. Alles, was wir ihnen beibringen können, ist, einigermaßen im Leben zurechtzukommen, denn für die meisten hat der Weg hierher geradewegs durch die Hölle geführt.«
    Schwester Janis nickte knapp. »Auch damit kenne ich mich aus, Mylord.«
    »Und? Was hast du mit ihr gemacht?«, fragte John gespannt, nachdem Nick die Begegnung kurz zusammengefasst hatte.
    »Ich habe sie dort gelassen, um mit euch zu beraten«, antwortete Nick und verspeiste genussvoll ein Stück Aal. »Nathaniel, keine Tafel in London kann sich mit Eurer messen«, bekundete er.
    Der Hausherr zeigte den Anflug eines Lächelns – für seine Verhältnisse ein Gefühlsausbruch. »Danke. Leider sieht man mir das von Jahr zu Jahr mehr an.«
    Nick war nicht entgangen, dass Durhams feines Wams um die Mitte ein wenig spannte, doch er entgegnete tröstend: »Verglichen mit König Henry seid Ihr dürr wie ein Schilfrohr. Wie ich höre, ist er jetzt so fett und schwerfällig, dass er kaum noch laufen kann. Sie haben ihm einen Sessel mit Rollen gebaut und schieben ihn damit durch den Palast.«
    »Es ist vor allem das Bein, das ihn am Laufen hindert«, wusste John zu berichten. »Es ist jetzt vom Knöchel bis zum Knie offen und bereitet ihm große Schmerzen.«
    »Und stinkt zum Himmel, heißt es«, raunte Philipp in seinen Becher, was ihm einen strafenden Blick seines Onkels eintrug.
    »Wenn’s doch so ist«, beharrte Philipp und breitete die Hände aus. »Die junge Anna von Kleve war jedenfalls erleichtert,

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