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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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ihm eine bessere Stütze sein könnten als Cromwell«, gab Philipp zu bedenken.
    »Den Henry aber gerade erst zum Earl of Essex ernannt hat«, erinnerte Nick ihn. »Deutlicher hätte er sein Wohlwollen kaum zum Ausdruck bringen können.«
    »Waringham hat recht«, beschied Nathaniel Durham. Eine fette Katze sprang auf seinen Schoß, und er kraulte ihr abwesend den Hals. Schnurrend ließ sie sich nieder. In diesem Haus wimmelte es immer von Katzen. »Cromwells Schreckensherrschaft wird weitergehen«, fuhr Durham fort. »Erst heute haben sie Dr. Heddyng in Tyburn verbrannt. Nicht mit gewöhnlichem Holz übrigens, sondern mit geschnitzten Reliquiaren aus Klöstern von hier bis Warwickshire.« Er sprach wie immer gemäßigt, aber der Zorn funkelte in seinen dunklen Augen.
    Nick legte das Speisemesser beiseite und dachte flüchtig, dass Nathaniel Durhams Halle vermutlich der letzte Ort in England war, wo Reformer und Papsttreue offen miteinander reden und gemeinsam den grauenvollen Tod eines klugen Mannes betrauern konnten.
    Schon im vorletzten Herbst zu Michaelis hatte Durham Nick seine Besitztümer zurückgegeben, weil die Schulden getilgt waren, und Philipp hatte sein Amt als Steward von Waringham niedergelegt und war mit Laura, ihren Töchtern und ihrem kleinen Cecil in das Haus seines Onkels in der Ropery gezogen. Doch das Band zwischen den Waringham und den Durham war eng geblieben.
    »Also, erzählt uns ein wenig mehr über diese Schwester Janis, Mylord«, forderte Nathaniel ihn auf.
    »In welchem Kloster war sie?«, wollte John wissen.
    »Ich habe keine Ahnung«, gestand Nick. »Das Beste wird sein, ihr seht sie euch selbst einmal an.«
    »Aber Ihr würdet sie gern einstellen?«, hakte Nathaniel nach.
    Er nickte zögernd. »Ich glaube, sie könnte ein großer Gewinn für die Krippe sein. Vor allem für Meg Roper wäre sie eine Entlastung, und Lady Meg wirkt erschöpft in letzter Zeit.«
    »Ich werde mit Schwester Janis reden«, versprach John.
    »Und wenn sie uns gefällt, nehmen wir sie für Kost und Logis«, schlug Durham vor. »Wenn sie so verzweifelt ist, wie Ihr glaubt, Waringham, wird sie kaum Lohnforderungen stellen.«
    Nick wandte den Blick zur Decke. »Immer wenn ich anfange zu vergessen, dass Ihr ein Pfeffersack seid, erinnert Ihr mich daran.«
    »Zu Eurem eigenen Besten«, gab Durham streng zurück. »Ihr könnt noch viel von mir lernen, mein Sohn, und das solltet Ihr schleunigst tun, sonst gehören Eure wunderbaren Ländereien eines Tages wieder mir.«
    Nick trank lieber einen Schluck von Durhams vorzüglichem Wein aus der Champagne, statt sich auf Debatten einzulassen. Er dachte einen Moment nach und bat John dann: »Du bist der Feinfühligste von uns, also versuch, Schwester Janis ein wenig auszuhorchen. Finde heraus, wie hoch die Pension ist, die sie von der Krone bekommt. Ob sie überhaupt eine bekommt, und wenn nicht, warum nicht. Dann entscheiden wir, was wir ihr anbieten.« Er sah fragend in die Runde.
    Alle nickten.

Hatfield, Juni 1540
    Als Nick durch den Rundbogen in der hohen Eibenhecke in den Rosengarten kam, hörte er Mary entrüstet ausrufen: »Ich muss doch sehr bitten, Euer Gnaden! Was erlaubt Ihr Euch …«
    Sie stand mit dem Rücken zum Springbrunnen, den Oberkörper nach hinten gebogen, und ein Hüne mit einem verwegenen roten Hut auf dem Kopf hielt sie gepackt und versuchte, die Lippen auf ihren Mund zu pressen. Doch sie drehte den Kopf zur Seite und drückte das Kinn auf die Schulter, um ihm zu entgehen.
    Eine sehr junge Dame stand mit schreckgeweiteten Augen zur Linken und tat absolut gar nichts.
    »Oh, Mary, warum seid Ihr so spröde?«, fragte der feurige Verehrer in fließendem Latein. »Ein schönes Mädchen wie Ihr sollte …«
    Nick hatte ihn mit drei Schritten erreicht, packte ihn von hinten an den Oberarmen und beförderte ihn mit einem kräftigen Stoß in den Springbrunnen. »Ich glaube, Ihr braucht dringend eine Abkühlung, Sir.«
    »Nick … Gott sei Dank«, murmelte Mary. Ihr Körper, der eben noch steif wie ein Brett gewesen war, entspannte sich. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und streckte ihm beide Hände entgegen. Es war eine Geste der Begrüßung, aber ebenso der Griff einer Ertrinkenden nach dem rettenden Balken.
    Nick verneigte sich vor ihr. Diese Gewohnheit hatte er nie abgelegt, auch wenn Mary unverändert als königlicher Bastard galt und es nach wie vor verboten war, sie Prinzessin zu nennen oder mit »Hoheit« anzusprechen. Dann ergriff er ihre

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