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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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feststellen, dass Philipp doch nicht der Traumschwiegersohn ist.«
    »Wieso glaubst du das?«
    »War es nicht Philipp, der im Auftrag des Herzogs von Jülich und Kleve die Ehe deines Vaters mit Anna von Kleve ausgehandelt hat?«
    »Doch. Der Herzog und Philipp sind Verbündete. Brüder im Unglauben, wenn du so willst.«
    »Hm. In London heißt es, der König suche bereits nach Wegen, sich von Anna scheiden zu lassen.«
    Mary bleib stehen und starrte ihn an.
    Nick hob vielsagend die Schultern. »Sie … gefällt ihm nicht.«
    »Warum nicht? Ich finde sie reizend. Und sie ist hübsch. Wenn auch vielleicht keine Dame von großer Würde oder Bildung.«
    »Vielleicht ist es das. Der König liebt Musik und schöne Verse und Esprit. So unterschiedlich seine Gemahlinnen bislang auch waren, haben sie diese Neigungen doch alle geteilt. Anna von Kleve, erzählt meine Schwester, interessiert sich hingegen nur für Nadelarbeit.«
    Mary verzog spöttisch den Mund. »Er hat sich nie beklagt, wenn meine Mutter ihm die Hemden genäht hat.«
    »Nein. Aber worauf ich hinauswill, ist dies: Wenn er Anna verstößt, wird deren Bruder, Herzog Wilhelm, vermutlich ziemlich verstimmt sein. Und dann wird dein Vater vielleicht keine Neigung mehr verspüren, Wilhelms Verbündetem deine Hand zu geben.«
    »Ich werde mich sträuben, solange es geht«, verkündete sie grimmig.
    Nick lächelte ihr zu. »O ja. Ich weiß, Hoheit.«
    Als sie zum Palast zurückkehrten, war von Philipp weit und breit nichts zu entdecken. Nick geleitete Mary ins Haus, denn es wurde bald Zeit zum Essen, und in der Eingangshalle begegneten sie Lord Sidney, dem Chamberlain des prinzlichen Haushalts.
    »Ah, Lady Mary, Lord Waringham«, grüßte er mit einer höflichen Verbeugung.
    Mary gab Lady Claire ihr Schultertuch, entließ sie mit einem etwas schroffen Wink und fragte Sidney: »Ihr habt nicht zufällig Graf Philipp gesehen? Nur damit ich weiß, welchen Teil des Palastes ich meiden sollte.«
    »Er ist nach London geritten, Madam«, teilte der Chamberlain ihr mit.
    »Umso besser.« Sie wandte sich zur Treppe. »Bleibt Ihr zum Essen, Mylord?«, fragte sie Nick über die Schulter.
    »Gern.«
    Nachdem Mary verschwunden war, deutete Sidney auf eine Doppeltür zur Linken. »Ihr werdet Eure Gemahlin in den prinzlichen Gemächern finden.«
    Er sagte es ohne jeden Anflug von Befremden oder Hohn. Niemand hier außer Mary wusste, wer genau Polly war, und Mary hütete das Geheimnis wie ihre kostbarste Bibel.
    Nachdem Nick aus der Haft entlassen und mit seiner Familie nach Waringham zurückgekehrt war, hatte Lord Shelton ihn dort wenige Wochen später aufgesucht und sich in aller Form entschuldigt, dass er Lord Waringham in eine so unstandesgemäße Ehe gezwungen habe. Nick hatte entgegnet, dass das schwerlich Sheltons Schuld gewesen sei. Dieser hatte sich dennoch verantwortlich für die Mesalliance gefühlt und Nick angeboten, ihn von der Gegenwart seiner Gemahlin und ihrer Kinder in Waringham zu erlösen.
    »Wie stellt Ihr Euch das vor?«, hatte Nick gefragt, hin- und hergerissen zwischen Argwohn und Hoffnung.
    »Die kleine Elizabeth jammert von früh bis spät nach Eurer Frau und Eurer Tochter, Mylord«, hatte Shelton ihm erklärt. »Ein Wort von mir in das Ohr des Königs, und er wird Lady Waringham als Gouvernante zurück zu Elizabeth befehlen.«
    »Ich werde darüber nachdenken«, hatte Nick in Aussicht gestellt, aber in Wahrheit war seine Entscheidung schon gefallen, während er das sagte.
    Das Leben in Waringham war für sie alle unerträglich gewesen. Die Bauern schnitten Polly. Nick hatte versucht, ihnen zu erklären, dass das Malheur überhaupt nicht ihre Schuld gewesen sei, aber für die kleinen Leute von Waringham änderte das nichts. Polly sei eine Gans, die sich mit Pfauenfedern schmücken wolle, hatte Nick den jungen Adam im Wirtshaus zu seinem Bruder sagen hören, und das war eine treffende Umschreibung dessen, was die Leute empfanden. Sie waren beleidigt, dass eine der Ihren sich über sie erhoben hatte, und das würden sie Polly niemals verzeihen. Sumpfhexe tat ihr Bestes, um die Lage zu verschlimmern. Wenn Nick ihr beim Kirchgang oder im Burghof begegnete, verhöhnte sie ihn vor möglichst großem Publikum, und sie war abscheulich zu seinen Kindern, wann immer sie Gelegenheit dazu fand.
    Polly war verzweifelt, wurde blass und apathisch. Dann war zu allem Überfluss auch noch ihre Mutter gestorben – die einzige in Waringham, die unerschütterlich zu ihr gehalten

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