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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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außer Doktor Cox lachten. »Wir sprechen uns noch, Bürschchen«, knurrte der Schulmeister, und es klang unheilvoll.
    Aber Robin Dudley war unbeeindruckt. Er hörte gar nicht hin. Stattdessen vertraute er Nick an: »Ich würde Euren Andalusier so gern einmal sehen. Und Euer Gestüt.«
    Ein Pferdenarr hatte es immer leicht, Nicks Herz zu erobern. »Vielleicht wenn der Haushalt des Prinzen das nächste Mal nach Eltham übersiedelt?«, schlug er vor. »Nicht weit von dort nach Waringham.«
    »Die Frage ist nur, ob Master Dudley dem prinzlichen Haushalt dann noch angehört«, raunte Lord Sidney seinem Mandelpudding zu. »Wie ich kürzlich schon Seiner Majestät sagte: Was Prinz Edward ganz sicher nicht braucht, ist ein Gefährte, der einen schlechten Einfluss auf ihn ausübt und ihm nur beibringt, sich wie ein Fuchs im Hühnerstall zu benehmen.«
    »Wie galant, Mylord«, bemerkte Mary. »Meine Schwester und ich wären in dem Falle die Hühner, nehme ich an?«
    Das fanden vor allem Elizabeth und Eleanor komisch. Sie kicherten in ihre Seidentüchlein, doch Robin Dudley saß mit hochgezogenen Schultern an seinem Platz, erdolchte Sidney mit Blicken und hatte das Essen eingestellt.
    » Contenance , Dudley«, flüsterte Nick ihm zu. »Sie ist meistens das einzige, was einem bleibt, wenn man eine zu lose Zunge hat. Glaub mir, ich bin Experte.«
    Der Junge entspannte sich und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
    »Wie geht es den armen Waisenkindern in der Krippe, Vater?«, fragte Eleanor höflich, unverkennbar eifersüchtig auf Robin, weil der die Aufmerksamkeit ihres Vaters auf sich gezogen hatte.
    Nick wies mit dem Speisemesser auf das zarte Lammfleisch vor sich. »Solche Gaumenfreuden bekommen sie jedenfalls nicht. Aber sie können sich trotzdem glücklich schätzen, Eleanor, weil sie einen sicheren Platz gefunden haben, wo es im Winter ein Feuer gibt und meistens genug zu essen. Die vielen armen Kinder auf der Straße haben nicht einmal das.«
    »Warum gibt es denn so viele arme Kinder auf der Straße?«, fragte seine Tochter und brachte ihn mit ihrer kindlichen Arglosigkeit in Nöte. Weil der König ihnen und ihren Eltern die Lebensgrundlage gestohlen und mit den Klöstern die einzige Hilfe abgeschafft hat, auf die sie früher hätten bauen können , lautete die ehrliche Antwort, aber er glaubte nicht, dass er sich an dieser Tafel damit Freunde machen würde.
    »In einer großen Stadt gibt es immer viel Armut«, sagte er stattdessen. »Waisen, Arme und Kranke, die ihr Brot nicht selbst verdienen können und darum auf unsere Mildtätigkeit angewiesen sind.«
    Eleanor ließ nicht locker. »Aber es sind mehr geworden. Habt Ihr das nicht kürzlich gesagt, Lady Mary?«
    Mary nickte. Offenbar sah sie Nicks warnenden Blick aus dem Augenwinkel, doch sie hob trotzig das Kinn und war im Begriff, irgendetwas zu sagen, womit sie sich in Teufels Küche bringen würde, als Elizabeth ihr zuvorkam.
    »Da kommt dein treuer Freund Chapuys, Schwester.« Sie zeigte unfein mit dem Finger zum Fenster, besann sich sofort, zog den Finger hastig zurück und nickte stattdessen diskret in die gleiche Richtung.
    Alle wandten die Köpfe und sahen den kaiserlichen Gesandten draußen vom Pferd steigen.
    Nick schaute wieder zu Elizabeth und fragte sich, ob es Zufall oder Absicht gewesen war, dass sie ihre große Schwester vor einer Dummheit bewahrt hatte.
    »Oh, das war kein Zufall, glaub mir«, versicherte Polly ihm, als er ihr diese Frage einige Stunden später in der Abgeschiedenheit ihrer Kammer stellte. »Elizabeth ist das gescheiteste Kind, das ich je gesehen habe. Manchmal ist sie mir richtig unheimlich. Ihr entgeht nichts. Wenn du denkst, sie liest, hört sie doch jedes Wort, das gesprochen wird, und was sie hört, vergisst sie niemals. Sie ist erst sieben Jahre alt, Nick, aber ich schwöre dir, sie weiß mehr von der Welt als ich.«
    Nick streifte die Schaube ab und zog sich das Wams über den Kopf. »Na ja, das ist kein Kunststück«, entgegnete er grinsend, und als sie ihm daraufhin entrüstet mit der Faust drohte, schloss er sie in die Arme. »Du hast mir gefehlt.«
    Polly seufzte leise. »Wie gern ich das glauben würde …«
    »Aber es ist so«, beharrte er und löste die Schleife ihrer Haube. Seine Finger waren ungeschickt, weil sie es so eilig hatten, und er wusste, er würde es nicht mehr schaffen, seine Frau in Ruhe zu entblättern. Er streifte ihr Haube und Haarnetz ab, legte die Linke in ihren Nacken, zog sie an sich und küsste

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