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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Finger auf die Tischplatte und lehnte sich vor, als wolle er ihm ein Geheimnis anvertrauen. »Ich habe nicht viel Zeit, Waringham.«
    Nick zog eine Braue in die Höhe. »Wie bedauerlich. Aber nicht ich war derjenige, der dieses Treffen zum jetzigen Zeitpunkt herbeigeführt hat.«
    »Nein.« Für einen Moment schien Cromwell zu zögern. Fast hätte man meinen können, er sei unsicher, wie er fortfahren sollte. Dann zog er aus seinen Papierstapeln ein einzelnes Blatt hervor. »Mir wird berichtet, dass in dem von Euch betriebenen Waisenhaus an der Old Fish Street, genannt die Krippe, Mönche beschäftigt werden.«
    »Das war nie ein Geheimnis«, gab Nick scheinbar gleichmütig zurück, aber seine Hände wurden feucht. Wenn Cromwell es auf die Krippe abgesehen hatte, dann würde nichts sie retten.
    »Weiter wurde mir berichtet, dass sie im Unterricht nicht autorisierte religiöse Texte verwenden.«
    »Blödsinn«, versetzte Nick. »Sie verwenden den neuen Salisbury Primer , die Fibel, die Ihr genehmigt habt, und nichts sonst.«
    Cromwell ließ das Blatt fallen, als habe er plötzlich das Interesse daran verloren, und sah Nick direkt an. »Stimmt es, dass Ihr Pfalzgraf Philipp bei Rhein in einen Brunnen geworfen habt?«
    Der abrupte Themenwechsel verwirrte Nick, doch er antwortete: »Allerdings. Und wenn er Lady Mary gegenüber das nächste Mal zudringlich wird und ich komme zufällig hinzu, dann werde ich es wieder tun.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Was zum Henker wollt Ihr von mir, Mann?«
    Cromwell stöberte einen Moment in seinen Papieren und nahm dann ein weiteres Schriftstück in die Hand. »Ich erhielt einen Bericht, Mylord, wonach Ihr Euch in verräterischer Weise für die Countess of Salisbury ausgesprochen habt, die sich, wie Ihr zweifellos wisst, unter dem Verdacht des Hochverrats im Tower befindet.«
    Wieder verspürte Nick einen plötzlichen Stich im Bauch. Jetzt wurde es gefährlich, wusste er. »Es ist durchaus möglich, dass ich mich für sie ausgesprochen habe, Mylord. Aber nicht in verräterischer Weise.«
    »Nein? Habt Ihr nicht gesagt, und ich zitiere: ›Ich hoffe, Cromwell wird sich die Zähne an ihr ausbeißen‹?«
    »Und was genau soll daran verräterisch sein? Soweit mir bekannt, ist Henry Tudor König von England, nicht Thomas Cromwell.«
    Der ließ sich nicht beirren, sondern zitierte weiter: »›Das einzige Vergehen der Poles ist ihre nahe Verwandtschaft zum König und ihre konservative Glaubensauffassung.‹«
    Nick zuckte die Schultern. Nicht er hatte das gesagt, aber es war zweifellos die Wahrheit. »Und?«
    Cromwell ließ das Dokument sinken. »Steht Ihr in Kontakt mit dem Verräter Reginald Pole, den die Papisten einen Kardinal nennen?«
    »Nein.«
    »Steht Lady Mary in Kontakt mit Reginald Pole, dem einzigen Mann, den sie, nach Aussage seines Bruders, gern heiraten würde?«
    »Viele Leute reden wirres Zeug auf der Streckbank. Und die Antwort lautet Nein. Sie steht nicht in Kontakt mit Kardinal Pole.«
    »Aber sie unterstützt die Behauptungen, die er in seiner Schrift Pro Ecclesiasticae Unitatis Defensione aufstellt?«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Lady Mary ein Buch lesen, geschweige denn unterstützen würde, das ihr Vater missbilligt. Ich bin indessen nicht in der Lage, ihre Gedanken zu erraten, darum kann ich Eure Frage nicht beantworten.«
    »Ihr wisst so gut wie ich, dass sie eine unverbesserliche Papistin ist und die Reform der englischen Kirche ablehnt.«
    Jetzt war Nick derjenige, der sich ein wenig vorbeugte, und er stützte die Hände auf Cromwells überladenen Schreibtisch. »Das Schlimme an der Reform der englischen Kirche ist, dass man morgens beim Aufwachen nie weiß, was man beim Abendessen noch glauben darf und wie man zu beten hat. Eure Reform ist wie das zweiköpfige Pferd aus dem Märchen, das immer in entgegengesetzte Richtungen laufen will. Erzbischof Cranmer und Ihr wollt ein lutherisches England, Bischof Gardiner und der König wollen, dass alles beim Alten bleibt, nur ohne Papst. Und was Ihr mit eurem unwürdigen Gezänk über Gott und die Kirche erreicht, ist, dass die Menschen ihren Glauben verlieren und sich von Gott abwenden, sodass Ihr sie mit Strafandrohung in die Kirchen treiben müsst. Das war wirklich ganze Arbeit, Cromwell. Man muss Euch zu Eurem Werk gratulieren. Ihr habt nicht nur den Papst aus England verbannt, sondern Gott gleich mit.«
    Endlich kam das träge Schmunzeln, und Cromwell tat einen Seufzer des Wohlbehagens.

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