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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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damit.«
    Seine Miene schien Sidney ein wenig zu erschrecken. Fast wich der Chamberlain einen Schritt zurück und erklärte hastig: »Es ist Lady Margaret Pole, Mylord. Die Countess of Salisbury. Sie ist letzte Woche hingerichtet worden.«
    »Was?«
    Sidney nickte nachdrücklich. »In aller Stille auf dem Tower Green. Der König wollte die Sache vermutlich aus der Welt geschafft haben, eh er nach Norden aufbrach, aber er wünschte kein großes Aufsehen.«
    Nick war fassungslos. Einen Moment starrte er Sidney noch ins Gesicht, dann wandte er sich wortlos ab, eilte den langen, hallenden Korridor entlang zum rückwärtigen Teil des Palastes und betrat die Kapelle.
    Wie früher zu den Zeiten, da Mary hier als Gefangene gehalten worden war, kniete sie auf der brokatgepolsterten Gebetsbank vor dem Altar, die Hände gefaltet, den Kopf tief gesenkt.
    Nick trat zu ihr und legte ihr behutsam die Hand auf die Schulter. »Hoheit.«
    Sie wandte den Kopf und sah zu ihm hoch. Ihre Augen waren gerötet, aber trocken, und ihr Gesicht erschien ihm ungewohnt blass und zart. Sie wirkte krank.
    »Es war ein schreckliches Blutbad, Nick«, sagte sie. »Schlimmer als bei Cromwell. Seit ich es weiß, komme ich jeden Tag hierher und frage Gott, warum er das zugelassen hat. Wenn ihre Zeit abgelaufen war, gut, aber warum so? «
    Nick hatte keine Antwort. Er beugte das Knie vor dem Altar, bekreuzigte sich und setzte sich dann auf die untere Stufe, Mary gleich gegenüber. »Woher weißt du davon? Von den Einzelheiten, meine ich.«
    »Ihr Beichtvater schickte mir einen Brief. Er wolle, dass irgendwer die Wahrheit erfährt, mit welcher Tapferkeit Lady Margaret in den Tod gegangen sei. Als der Constable sie abgeholt hat, hat sie gesagt: ›Es ist schon eigenartig. Ich sterbe, ohne zu wissen, welches Vergehen ich begangen habe.‹ Aber sie ist gefasst und würdevoll geblieben bis zum Schluss. Nur der Henker war unerfahren und … und furchtbar nervös. Es war … schlimmer als bei Cromwell«, wiederholte sie hilflos. »Denkst du … Hältst du es für möglich, dass Gott sie auf so grauenvolle Weise hat sterben lassen, damit den Menschen die Augen geöffnet werden und sie erkennen, dass Lady Margaret eine Märtyrerin war, die für den wahren Glauben gestorben ist? Wollte er dem Papst ein Zeichen geben, sie so schnell wie möglich heiligzusprechen?«
    Nick war skeptisch. »Vielleicht werden viele das denken, aber sind wir mal ehrlich: Lady Margaret ist nicht für den wahren Glauben gestorben. Sie hat sich nie besonders vehement gegen die Reform ausgesprochen. Das ganze Getöse um die Frage des rechten Glaubens war ihr immer zuwider. Sogar das Getöse, das ihr eigener Sohn, der Kardinal, aus dem Exil heraus veranstaltet hat«, sagte er. »Nein, Mary. Ihr einziges Vergehen war, dass ihr Blut mindestens so königlich war wie das deines Vaters.«
    »Oder meines, das meines Bruders oder meiner Schwester.«
    Er nickte. »Was ist mit ihrem Enkel? Wie heißt der Bengel gleich wieder?«
    »Henry. Er ist immer noch im Tower. Und er ist kein Bengel, sondern Anfang zwanzig.«
    »Sie werden ihn niemals herauslassen«, prophezeite er. »Er wird verurteilt oder spurlos verschwinden wie damals die kleinen Prinzen im Tower.«
    »Ja, ich weiß.« Ihre Stimme klang belegt. »Ich frage mich manchmal, wie mein Vater nachts noch ruhig schlafen kann. Und nun, da diese angebliche papistische Verschwörung gegen seinen Thron zerschlagen und die gefährliche, fast siebzig jährige Lady Margaret hingerichtet ist, zieht der König mit dem denkbar größten Pomp und tausend Mann und seiner turtelnden Königin nach York, um den Norden zu befrieden.« Es klang sarkastisch, was ihr nicht ähnlich sah.
    »Und den König von Schottland zu treffen«, fügte Nick hinzu.
    »Wirklich?«, fragte Mary. »Woher weißt du das?«
    »Mein Bruder hat es mir erzählt. Er wusste es von seinem Onkel Norfolk. Der wiederum setzt große Hoffnungen auf dieses Treffen. Es werde Zeit, das Band mit dem jungen König James zu festigen, meint er, der doch ein Neffe deines Vaters ist.«
    »Ich hoffe, das bedeutet nicht, dass ich James von Schottland heiraten soll. Obwohl … er ist wenigstens papsttreu.«
    Nick schüttelte den Kopf. »Keine Bange. Er ist verheiratet. Dein Verlöbnis mit Pfalzgraf Philipp Dingsda hat sich demnach erledigt?«
    »Es sieht so aus, Gott sei Dank. Nicht, dass irgendwer es je für nötig befindet, mich von solchen Entscheidungen in Kenntnis zu setzen …« Mary bekreuzigte

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