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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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obwohl kein Wort davon in der Schrift steht! Und wenn wir vor euch im Staub liegen, werft ihr uns einen Kanten Brot hin und erwartet, dass wir euch dankbar sind. Und dass ihr dafür ins Paradies kommt. Ihr macht mich krank !«
    Ja, du mich auch, dachte Nick unwillig, aber er nahm sich zusammen. »Nun, dir wird nicht entgangen sein, dass es keine Äbte in England mehr gibt – weder blutsaugende noch anständige –, und vielleicht sind auch nicht alle Lords so bigotte Heuchler, wie du denkst. Wenn du Reformer bist und in der Krippe papistische Tendenzen zu entdecken glaubst, dann steht es dir frei, dich darüber zu erregen. Aber das ist kein Grund, dein Leben wegzuwerfen.«
    Richard hatte die Fäuste unter die Achseln gesteckt, um sie warmzuhalten, und mit unverhohlener Ungeduld gelauscht. »Seid Ihr fertig?«, fragte er.
    Nick sah ihm in die Augen und versuchte zu begreifen, welcher Teufel diesen undankbaren Bengel ritt. Aber er fand keine Antwort, und darum nickte er mit einer einladenden Geste. »Geh oder bleib, Richard, die Wahl liegt allein bei dir. Nur wenn du gehst, dann komm nicht wieder. Morgen wird ein anderer Junge deinen Platz in der Krippe bekommen.«
    Richard machte auf dem Absatz kehrt und eilte davon. Erst jetzt bemerkte Nick, dass der Junge nicht einmal einen Mantel hatte.
    »Gott steh dir bei, du Narr.«

Eltham, Juni 1541
    Den Frühling verbrachte Nick in Waringham. Die Fohlzeit hatte ihn, Owen und die Stallarbeiter ziemlich in Atem gehalten, denn dieses Jahr hatten sie mehr Logisgäste im Gestüt als je zuvor – allein der Duke of Suffolk hatte fünf trächtige Stuten geschickt, die in Waringham fohlen und gedeckt werden sollten. Die fachgerechte Sorge um all die Stuten und ihren Nachwuchs erforderte viel Sorgfalt und Zeit, genau wie das Decken. Manche Besitzer überließen Nick die Auswahl des geeigneten Hengstes, andere äußerten genaue Wünsche, und jede Stute musste dem jeweiligen Hengst zwei- oder dreimal zugeführt werden, damit man einigermaßen sicher sein konnte, dass die Befruchtung klappte. Natürlich frönte Nick auch weiterhin seiner Leidenschaft und bildete junge Pferde zu zuverlässigen Reittieren aus. Seine Geduld mit dem scheinbar unbelehrbaren Andalusier trug endlich Früchte, und an einem regnerischen Nachmittag Anfang Juni ritt er – mit stolzgeschwellter Brust, wie er zugeben musste – auf Esteban in Eltham ein.
    Ein Page kam aus dem Palast geeilt, um ihm sein Pferd abzunehmen, aber Nick winkte ab. »Nein, lass nur, Junge. Er geht nicht gern an fremder Hand. Ich bring ihn selbst weg.«
    »Oh, bitte, bitte lasst es mich versuchen, Mylord«, bettelte der vielleicht achtjährige Knabe, und seine Augen leuchteten, als er Esteban betrachtete.
    »Na schön.« Nick hielt ihm einladend den Zügel hin. »Aber sag nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    Unerschrocken nahm der Page den jungen, feingliedrigen Rappen, redete leise auf ihn ein und führte ihn Richtung Stallungen davon, ohne zu zerren. Esteban riss nervös den Kopf zur Seite und tänzelte ein bisschen, aber er folgte. Lammfromm für seine Verhältnisse.
    Nick lief die wenigen Stufen hinauf, und in der Einhanghalle begegnete ihm Lord Sidney, der Chamberlain des prinzlichen Haushalts.
    »Mylord of Waringham.«
    »Sidney.« Nick bemühte sich um ein höfliches Lächeln. Er mochte Sidney nicht sonderlich. »Wer ist der Page, der mir den Gaul abgenommen hat?«
    »Der junge Guildford Dudley, Mylord«, informierte ihn der Chamberlain.
    Schon wieder ein Dudley, dachte Nick. Vermutlich der Bruder des draufgängerischen Robin. John Dudley, Jeromes älterer Bruder, verstand es offenbar, seine Söhne im Haushalt des kleinen Prinzen unterzubringen, um Bande für die Zukunft zu knüpfen. Dann ging Nick auf, dass er selbst im Grunde nichts anderes getan hatte, wenn auch vielleicht aus anderen Beweggründen.
    Er nahm den feuchten Mantel ab und überreichte ihn einem livrierten Diener. »Ist Lady Mary hier?«, fragte er Sidney.
    »Gewiss, Mylord. In der Kapelle, nehme ich an. Es war ein schwerer Schlag für sie, wie Ihr Euch denken könnt. Und wie üblich sucht sie Kraft und Trost im Gebet.«
    Nick hatte sich schon halb abgewandt, aber nun drehte er sich wieder ganz zu ihm um. »Was war ein schwerer Schlag für sie?«
    Sidney machte große Augen. »Ach, du meine Güte … Ihr habt es noch gar nicht gehört?«
    »Ich war fast ein Vierteljahr in Waringham und habe nichts gehört«, knurrte Nick. »Na los, Mann, raus

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