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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Traditionen seines Hauses am Leben und ging dennoch mit der Zeit. Der Gedanke, wie diese Schule seinen Vater begeistert hätte, gefiel ihm.
    Er war gerade dabei, ein Glas für Janis vom Wandbord zu holen, als es klopfte und Anthony Pargeter den Kopf durch die Tür steckte.
    »Nick?«
    »Komm rein.« Nick griff nach einem dritten Glas.
    Der Priester setzte sich zu Janis an den Tisch und schenkte ein. »Ich hatte Besuch aus London«, berichtete er.
    »Ah ja? Wen?«, fragte Nick neugierig.
    »Paul Goodall. Du weißt schon, der Drucker aus Holborn. Er hat uns neue Bücher gebracht.«
    »Ach, du Schreck«, murmelte Nick. »Wir schulden ihm noch Geld.«
    Anthony nickte. »Ein Pfund und sieben Schilling. Er lässt ausrichten, du sollst dir Zeit lassen. Und die Hälfte will er für die Krippe spenden.«
    »Ha. Guter Mann. Und? Was gibt es für Neuigkeiten aus London?«
    Anthony zuckte seufzend die mageren Schultern. »Du hattest natürlich recht. Dieser Krieg droht ein Desaster zu werden und England endgültig zu ruinieren. Der Kaiser hat die versprochenen Truppen immer noch nicht geschickt, und jetzt geht ein Gerücht, er wolle sich mit dem König von Frankreich versöhnen. Nächsten Monat will König Henry selbst nach Frankreich segeln.«
    »Dann wird sich unser Kriegsglück ja gewiss wenden«, erwiderte Nick und schüttelte den Kopf. »Was für ein Irrsinn. Ich hatte so gehofft, die Königin könnte ihn zur Vernunft bringen.«
    Nur vier Monate nach dem Hinscheiden des unbetrauerten Lord Latimer hatte König Henry dessen Witwe, Lady Katherine Parr, geheiratet. Der Hof hatte mitleidig über diese neue Gefährtin des Königs gelächelt, die weder dem Hochadel entstammte noch über viel höfischen Schliff verfügte. Nick hingegen war nicht verwundert gewesen, als sich herausstellte, dass Lady Katherine einen erstaunlichen und heilsamen Einfluss auf den König ausübte. Sie war keine verwöhnte, selbstsüchtige Göre wie Katherine Howard, sondern eine lebenskluge Frau, die nach zwei frühen Ehen reich an Erfahrung und vermutlich arm an Illusionen war. Sie wusste Henry zu nehmen, erduldete seine Tobsuchtsanfälle mit Gelassenheit, fand seine Brille für ihn, die er ständig verlegte, bandagierte unerschrocken sein ekliges offenes Bein – kurz, sie verstand es, ihm genau die Gemahlin zu sein, die er brauchte. Und wenn sie ihn milde gestimmt fand, führte sie mit leichter Hand ihre Reformen durch, so sacht und behutsam, dass man es fast nicht merkte. So hatte sie das Wunder vollbracht, dass Henry seine beiden Töchter an den Hof geholt hatte, und Mary hatte Nick voller Seligkeit anvertraut, jetzt endlich, nach zehn Jahren, habe sie das Gefühl, der Riss zwischen dem König und ihr sei geheilt.
    »Wir dürfen nicht zu viel von ihr erwarten, Nick«, gab Janis zu bedenken. »Vergiss nicht, die Königin muss vorsichtig sein. Sie hat mächtige Feinde bei Hofe.«
    »Du hast natürlich recht.«
    »Ich … habe noch mehr Neuigkeiten«, setzte Anthony wieder an.
    »Unerfreuliche«, mutmaßte Nick.
    Der Priester nickte. »Es geht um Lady Meg Roper.«
    Nick richtete sich auf. »Was ist mit ihr?«
    »Sie hat ein weiteres Kind bekommen, obschon sie natürlich eigentlich über das Alter hinaus ist. Das Kind kam tot zur Welt, und Lady Meg ist sehr geschwächt. Dein Cousin Doktor Harrison war bei ihr, aber es sieht nicht gut aus, heißt es.«
    Nick und Janis brachen gleich am nächsten Morgen nach Chelsea auf, doch sie kamen zu spät. Schon als sie aus dem Wherry stiegen, sahen sie den großen Trauerzug, der aus dem Haupttor des Anwesens Richtung Pfarrkirche zog. Nick blieb einen Moment mit gesenktem Kopf im langen Ufergras stehen, bekreuzigte sich und betete.
    Janis ließ ihn zufrieden, entlohnte den Wherryman und wartete dann auf ihn.
    Schließlich folgten sie dem Trauerzug, und als sie aufschlossen, waren sie nicht überrascht, ein Meer von Tränen vorzufinden. William Roper, der Witwer, weinte ebenso hemmungslos wie seine Kinder und die Zöglinge der Schule, die Lady Meg im Geiste ihres Vaters weitergeführt hatte.
    Vor der Kirche drückte Nick dem Witwer die Hand. »Es tut mir leid, Roper.«
    Der sah ihm ins Gesicht. »Ihr zählt auch zu denen, die denken, ich hätte sie umgebracht«, murmelte er und wischte sich zerstreut mit der Hand übers Gesicht.
    »Ich denke nichts dergleichen«, entgegnete Nick, doch es klang kühl.
    Janis ging dazwischen und legte dem hageren, mit einem Mal gramgebeugten Mann die Hand auf den Arm. »Sir Thomas

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