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Der dunkle Thron

Der dunkle Thron

Titel: Der dunkle Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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einen Moment nach. »Ich kann dich verstehen, mein Sohn. Sie ist wahrhaftig ein schönes Kind.«
    »Sie ist weit mehr als das«, erwiderte Francis stolz.
    Sein Vater nickte. Er wusste, das war zweifellos die Wahrheit. Trotzdem erschütterte es ihn, dass Francis sein Herz ausgerechnet an eine Howard – an Sumpfhexes Großnichte – verloren hatte. Es erschütterte ihn nicht unablässig oder in einer Art und Weise, die ihm den Schlaf geraubt hätte. Er hatte sich in gewisser Weise damit abgefunden. Aber wenn er sich die Tatsache bewusst machte, dann war er jedes Mal aufs Neue schockiert.
    Francis nahm ihn beim Ärmel und führte ihn zu der Bank zurück, wo der arme Homer aufgeschlagen und vergessen lag. Die sachte Maibrise blätterte eine Seite um.
    »Erzähl!«, verlangte Francis.
    »Heute Abend«, versprach Nick. Er wusste noch nicht, wie er Worte für die Wunder der Baukunst und Malerei finden sollte, die er hatte sehen dürfen, für das Wunder der göttlichen Schöpfung, das die Alpen waren, für die fremdartige Frühlingslandschaft südlich des gewaltigen Gebirges oder die Farbe des Tiber bei Sonnenuntergang. »Deine Stiefmutter hat mehr Gemälde und Bücher gekauft, als die bedauernswerte Dienerschaft schleppen konnte. Schau sie dir an, sie sagen mehr, als ich dir berichten könnte.«
    Francis ließ nicht locker. »Aber was hat dir am besten gefallen? Was hat dich am tiefsten beeindruckt?«
    Nick musste nicht lange überlegen. »Am tiefsten beeindruckt hat mich die Begegnung mit einem Mann, der Baumeister, Bildhauer und Maler ist. Er hat eine gewaltige Kuppel für die Petersbasilika in Rom gebaut, unbeschreibliche Wandgemälde und Skulpturen erschaffen … Ich hätte nie für möglich gehalten, dass es in einem einzigen Menschen solche Schaffenskraft geben kann. Und am besten gefallen an unserer Reise hat mir, dass man außerhalb Englands so ziemlich überall in eine Kirche gehen und die heilige Messe hören kann, ohne dafür eingesperrt zu werden.«
    Francis schlug hastig den Blick nieder und nickte stumm. Er war Reformer – wie heutzutage praktisch jeder in der südöstlichen Hälfte Englands –, und er fand die Anhänglichkeit seines Vaters an die alte Religion ein bisschen peinlich, wusste Nick. Aber sie stritten niemals darüber. Waringham war ein wundersamer Ort, der in England seinesgleichen suchte: ein Ort, wo Papsttreue und Reformer die Glaubensauffassung der anderen tolerierten.
    »Und wie steht es hier?«, fragte Nick.
    »Wie du siehst, liegt Waringham nicht in Schutt und Asche, obwohl du es mir zwei Monate lang anvertrauen musstest«, gab Francis grinsend zurück. »Was allerdings in erster Linie Madog zu verdanken ist. Allen geht es prächtig, soweit ich es sagen kann, Menschen und Gäulen gleichermaßen. Ich habe die beiden Dreijährigen auf dem Markt in Smithfield verkauft, wie du wolltest. Fausto hat neunzig Pfund gebracht, Fernando sogar hundertzehn.«
    Nick pfiff beeindruckt durch die Zähne. »Gut gemacht.«
    »Ich hab dir doch gesagt, der Wallach bringt mehr. Die meisten Leute haben einfach Angst vor unkastrierten Gäulen mit andalusischem Blut, sie sind ihnen zu temperamentvoll. Nur keiner will es zugeben.«
    »Wie es aussieht, hattest du recht«, räumte Nick ein. »Was hört man in London?«
    »Der König ist immer noch nicht genesen«, berichtete Francis, seine Miene plötzlich untypisch bekümmert.
    »Warst du dort?«
    Francis nickte. »Ich habe Mutter und Eleanor besucht, aber König Edward habe ich nicht gesehen. Der Leibarzt hat wieder strenge Bettruhe verordnet, erzählt mein Stiefvater.«
    Obwohl Polly ja letztendlich doch nicht verwitwet war, hatte sie ihren Lord Willoughby kurz nach der Krönung des jungen König Edward geheiratet. Nick hatte ihr eine Scheidung vorgeschlagen und ihr erklärt, warum diese Lösung mit einem Mal möglich geworden war. Polly hatte bereitwillig zugestimmt. Nick hatte wesentlich länger gebraucht, um von der Krone die nötige Erlaubnis für eine Heirat mit Janis zu erwirken, aber Katherine Parr, Henrys letzte Königin, hatte dafür gesorgt, dass er sie schließlich erhielt. So kam es, dass Eleanor und Francis jetzt Vater und Mutter, Stiefvater und Stiefmutter hatten – eine Konstellation mit Seltenheitswert –, aber inzwischen hatten alle Beteiligten und sogar die unbeteiligten Schandmäuler bei Hofe sich daran gewöhnt.
    Nick antwortete nicht sofort. Im Grunde wussten sie seit einem Jahr, dass der König nicht mehr lange zu leben hatte. Ein

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