Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 2 - Drei

Titel: Der Dunkle Turm 2 - Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
waren. Der Revolvermann ging langsam und ausgeprägt hinkend zu der Stelle, wo sie lagen. Er hob einen auf und schüttelte ihn an einer Ecke. Der eine war leer. Der andere enthielt noch ein wenig Wasser. Die meisten wären nicht imstande gewesen, einen Unterschied zwischen den beiden zu erkennen, aber der Revolvermann konnte sie ebenso unterscheiden wie eine Mutter ihre eineiigen Zwillinge. Er reiste schon lange, lange Zeit mit diesen Wasserschläuchen. Wasser gurgelte im Inneren. Das war gut – ein Geschenk. Entweder hätte die Kreatur, die ihn angegriffen hatte, oder jedwede andere diesen oder den anderen mit einem beiläufigen Biß oder einem Hieb mit den Scheren aufreißen können, aber das war nicht geschehen; und auch die Flut hatte sie verschont. Von dem Wesen selbst war keine Spur zu sehen, wenngleich er es weit oberhalb der Flutlinie erledigt hatte. Vielleicht hatten es andere Fleischfresser geholt, vielleicht hatte seine eigene Art ihm ein Begräbnis im Meer verschafft, so wie die Elaphaunten, gigantische Geschöpfe, von denen er in Kindergeschichten gehört hatte, angeblich ihre Toten begruben.
    Er hob den Wasserschlauch mit dem linken Ellbogen, trank herzhaft und spürte, wie seine Kraft teilweise zurückkehrte. Der rechte Stiefel war natürlich ruiniert… doch dann verspürte er einen Funken der Hoffnung. Der Fuß selbst war unversehrt – zerkratzt, aber noch ganz –, und es könnte möglich sein, den anderen Stiefel passend zurechtzuschneiden und etwas daraus zu machen, was wenigstens vorübergehend hielt.
    Schwäche stahl sich über ihn. Er kämpfte dagegen an, aber seine Knie knickten ein, und er setzte sich und biß sich dabei dummerweise auf die Zunge.
    Du wirst nicht bewußtlos werden, sagte er grimmig zu sich. Nicht hier, wo heute nacht ein weiteres dieser Tiere zurückkommen und die Sache zu Ende bringen kann.
    Daher stand er auf und band sich den leeren Schlauch um die Taille, aber er kam nur zwanzig Meter in Richtung der Stelle zurück, wo er die Revolver und die Tasche gelassen hatte, als er wieder hinfiel und halb bewußtlos wurde. Dort lag er eine Weile, eine Wange in den Sand gedrückt, und die Kante einer Muschel schnitt ihm so tief in den Kiefer, daß Blut kam. Es gelang ihm, aus dem Wasserschlauch zu trinken, dann kroch er zu der Stelle zurück, wo er erwacht war. Zwanzig Meter hügelaufwärts stand ein Josuabaum; er war verkümmert, würde aber wenigstens etwas Schatten spenden.
    Für Roland sahen die zwanzig Meter wie zwanzig Meilen aus.
    Dennoch schaffte er mühsam die Reste seiner Habseligkeiten zu jener winzigen Schattenpfütze. Dort lag er mit dem Kopf im Gras und dämmerte bereits Schlaf oder Bewußtlosigkeit oder Tod entgegen. Er sah zum Himmel und versuchte, die Zeit zu schätzen. Nicht Mittag, aber die Größe der Schattenpfütze, in der er lag, verriet ihm, daß der Mittag nahe war. Er hielt noch einen Augenblick durch, drehte den rechten Arm um und führte ihn dicht vor die Augen, um die vielsagenden roten Linien der Infektion anzusehen, eines Giftes, das sich konstant in seinen Leib hinein vorarbeitete.
    Seine Handfläche war dunkelrot. Kein gutes Zeichen.
    Ich werde linkshändig abtreten, dachte er, wenigstens etwas.
    Dann holte ihn die Dunkelheit, und er schlief die nächsten sechzehn Stunden, während das Dröhnen des Westlichen Meeres ihm unablässig in die träumenden Ohren toste.
     
     

    3
     
    Als der Revolvermann wieder erwachte, war das Meer dunkel, aber im Osten herrschte schwaches Licht am Himmel. Der Morgen war unterwegs. Er richtete sich auf, und eine Woge der Übelkeit übermannte ihn fast.
    Er neigte den Kopf und wartete.
    Als die Übelkeit vergangen war, betrachtete er seine Hand. Sie hatte tatsächlich eine Infektion – eine deutliche rote Schwellung, die sich über die Handfläche und das Gelenk ausbreitete. Dort hörte sie auf, aber er konnte bereits die Ansätze anderer roter Linien erkennen, die schließlich zu seinem Herzen führen und ihn umbringen würden. Er war heiß und fiebrig.
    Ich brauche Medizin, dachte er. Aber hier gibt es keine Medizin.
    War er nur um zu sterben so weit gekommen? Er würde nicht sterben. Und sollte er trotz seiner Entschlossenheit sterben, so würde er auf dem Weg zum Turm sterben.
    Wie bemerkenswert du bist, Revolvermann, kicherte der Mann in Schwarz in seinem Kopf. Wie unbezähmbar! Wie romantisch mit deiner dummen Besessenheit!
    »Scheiß auf dich«, krächzte er und trank. Es war auch nicht mehr viel Wasser

Weitere Kostenlose Bücher