Der Dunkle Turm 2 - Drei
hineinging. »Ich glaube, er hat fich gerade für die Handfellen mit Lavendelgefmack entfieden.«
Der erste Polizist verschluckte sich an dem lauwarmen Kaffee und spie ihn unter Lachsalven in den Plastikbecher zurück.
6
Ein Verkäufer kam fast auf der Stelle herüber und fragte, ob er ihm helfen könnte.
»Ich habe mich gefragt«, antwortete der Mann im konservativen blauen Anzug, »ob Sie ein Papier…« Er machte eine Pause, schien intensiv nachzudenken und sah dann wieder auf. »Ich meine, eine Karte haben, auf der Bilder von Revolvermunition zu sehen sind.«
»Sie meinen eine Kalibertabelle?« fragte der Verkäufer.
Der Kunde machte eine Pause, dann sagte er: »Ja. Mein Bruder hat einen Revolver. Ich habe damit geschossen, aber das ist schon ein paar Jahre her. Ich glaube, ich kenne die Patronen, wenn ich sie sehe.«
»Nun, das glauben Sie vielleicht«, antwortete der Verkäufer, »aber es wird schwer zu sagen sein. Was ist es, ein 22er? Ein 38er? Oder vielleicht…«
»Wenn Sie eine Karte haben, werde ich es wissen«, sagte Roland.
»Einen Augenblick.« Der Verkäufer sah den Mann im blauen Anzug einen Moment zweifelnd an, dann zuckte er die Achseln.
Scheiße, der Kunde hatte immer recht, auch wenn er nicht recht hatte… das heißt, wenn er die Knete zum Bezahlen hatte. Geld zählte. »Ich habe eine Schützenbibel. Vielleicht sollten Sie da mal reinschauen.«
»Ja.« Er lächelte. Schützenbibel war ein nobler Titel für ein Buch.
Der Mann kramte unter dem Ladentisch und brachte einen abgegriffenen Band zum Vorschein, das dickste Buch, das der Revolvermann je gesehen hatte – und dennoch ging dieser Mann damit um, als wäre es nicht wertvoller als eine Handvoll Steine.
Er schlug es auf dem Ladentisch auf und drehte es um. »Sehen Sie es sich an. Aber wenn es Jahre her ist, schießen Sie im Dunkeln.« Er sah überrascht drein, dann lächelte er. »Bitte das Wortspiel zu entschuldigen.«
Roland hörte ihn nicht. Er war über das Buch gebeugt und studierte Bilder, die beinahe so echt wirkten wie das, was sie darstellten, erstaunliche Bilder, die die Mortzyklopädie als Fottergrafien identifizierte.
Er blätterte langsam die Seiten um. Nein… nein… nein… Er hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, als er sie sah. Er sah mit so strahlender Aufregung zu dem Verkäufer auf, daß dem Verkäufer ein wenig unbehaglich zumute wurde.
»Da!« sagte er. »Da! Genau hier!«
Das Foto, auf das er deutete, war das einer 45er Winchester-Pistolenpatrone. Sie war nicht exakt wie seine eigenen Patronen, weil sie nicht handgegossen oder handgeladen war, aber er konnte, auch ohne die Zahlen zu lesen (die ihm sowieso nichts gesagt hätten), sehen, daß er seine Revolver damit laden und schießen konnte.
»Ja, schon gut, ich schätze, Sie haben sie gefunden, das ist noch lange kein Grund, einen Abgang in die Hose zu haben, Kumpel. Ich meine, es sind doch nur Patronen.«
»Haben Sie sie?«
»Klar. Wieviel Schachteln wollen Sie denn?«
»Wie viele sind denn in einer Schachtel?«
»Fünfzig.« Der Verkäufer sah den Revolvermann voll Argwohn an. Wenn der Bursche vorhatte, Patronen zu kaufen, mußte er wissen, daß er einen Waffenschein und einen Ausweis vorzeigen mußte. Kein Waffenschein, keine Munition, nicht bei Handfeuerwaffen; so lautete das Gesetz in Manhattan. Und wenn dieser Tölpel einen Waffenschein hatte, wie kam es dann, daß er nicht wußte, wieviel Patronen sich in einer Normschachtel Muni befanden?
»Fünfzig!« Jetzt sah ihn der Mann mit vor Überraschung offenem Mund an. Er war tatsächlich völlig aus dem Häuschen.
Der Verkäufer ging ein wenig näher an die Registrierkasse… und, kein Zufall, etwas näher zu seiner eigenen Waffe, einer 57er Mag, die er geladen in einem Federhalfter unter dem Ladentisch aufbewahrte.
»Fünfzig!« wiederholte der Revolvermann. Er hatte mit fünf gerechnet, zehn, bestenfalls einem Dutzend, aber das… das…
Wieviel Geld hast du? fragte er die Mortzyklopädie. Die Mortzyklopädie wußte es nicht genau, schätzte aber, daß noch mindestens sechzig Piepen in der Börse sein mußten.
»Und wieviel kostet eine Schachtel?« Er vermutete, daß es mehr als sechzig Dollar sein würden, aber er konnte den Mann vielleicht dazu bringen, ihm den Teil einer Schachtel zu verkaufen, oder…
»Siebzehn fünfzig«, sagte der Verkäufer. »Aber, Mister…«
Jack Mort war Buchhalter, und diesmal gab es keine Wartezeit; Übersetzung und Antwort erfolgten
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