Der Dunkle Turm 2 - Drei
ging hinaus, ohne sich noch einmal umzudrehen. Morts Börse lag unter dem Ladentisch. Roland hatte seinen eigenen Honigtopf aufgestellt.
7
Die Beamten Carl Delevan und George O’Mearah hatten ihren Kaffee getrunken und wollten gerade weiterfahren, als der Mann im blauen Anzug aus Clements’– das beide Männer für ein Pulverhorn hielten (für einen gesetzlich genehmigten Waffenladen, der manchmal Waffen an unabhängige Kunden mit beglaubigten Papieren verkauft und manchmal Geschäfte mit der Mafia macht) – herauskam und sich dem Streifenwagen näherte.
Er beugte sich herunter und sah durch das Beifahrerfenster zu O’Mearah herein. O’Mearah erwartete, daß der Bursche sich wie ein Süßer anhören würde – wahrscheinlich so süß wie sein Witz über die mit Lavendel parfümierten Handschellen, aber trotzdem eine Schwuchtel. Abgesehen von Waffen betrieb Clements’ einen lebhaften Handel mit Handschellen. Das war in Manhattan erlaubt, und die meisten Leute, die sie kauften, waren keine Amateur-Houdinis. Der Polizei gefiel es nicht, aber wann hatte die Meinung der Polizei zu einem bestimmten Thema jemals etwas geändert? Die Käufer waren Homosexuelle mit einer Neigung zu S & M. Aber der Mann hörte sich überhaupt nicht wie eine Tunte an. Seine Stimme war nüchtern und ausdruckslos, höflich, aber irgendwie tot.
»Der Verkäufer da drinnen hat meine Brieftasche gestohlen«, sagte er.
»Wer?« O’Mearah richtete sich rasch auf. Es juckte sie schon seit eineinhalb Jahren, Justin Clements hochgehen zu lassen. Wenn ihnen das gelang, konnten sie beide möglicherweise diese Blaumänner endlich gegen Detective-Marken eintauschen. Wahrscheinlich nur ein Wunschtraum – es war zu schön, um wahr zu sein –, aber dennoch…
»Der Händler. Der…« Eine kurze Pause. »Der Verkäufer.«
O’Mearah und Carl Delevan sahen einander an.
»Schwarzes Haar?« fragte Delevan. »Untersetzt?«
Wieder eine kurze Pause. »Ja. Seine Augen waren braun. Kleine Narbe unter einem.«
Dieser Bursche hatte etwas an sich… O’Mearah konnte es momentan nicht greifen, aber später fiel es ihm wieder ein, als er nicht mehr über so vieles nachdenken mußte, zuerst natürlich darüber, daß die goldene Detective-Marke nicht so wichtig war als sich herausstellte, daß es ein hochkarätiges Wunder sein würde, wenn sie nur die Jobs behalten konnten, die sie hatten.
Doch Jahre später erfolgte ein kurzer Augenblick der Rückbesinnung, als O’Mearah mit seinen beiden Söhnen ins Museum of Science in Boston ging. Dort hatten sie eine Maschine – einen Computer –, die Tic-Tac-Toe spielte, und wenn man sein Kreuz nicht gleich beim ersten Zug ins mittlere Kästchen machte, verpaßte sie einem jedesmal eine Abreibung. Sie machte immer eine Pause, während sie in ihren Speichern alle Möglichkeiten durchspielte. Er und seine Jungs waren fasziniert gewesen. Aber sie hatte auch etwas Unheimliches… und da fiel ihm der Mann im blauen Anzug wieder ein. Er fiel ihm ein, weil der dieselbe verdammte Angewohnheit gehabt hatte. Mit ihm zu sprechen war gewesen, als hätte man mit einem Roboter gesprochen. Delevan dachte nichts dergleichen, aber als er neun Jahre später mit seinem eigenen Sohn ins Kino ging (der gerade achtzehn war und sich aufs College vorbereitete), sprang Delevan unvermittelt von seinem Sitz auf, als der Hauptfilm gerade dreißig Minuten lief, und schrie: »Das ist er! Das ist ER! Das ist der Bursche in dem verdammten blauen Anzug! Der Bursche, der bei Cle…«
Jemand würde Ruhe da unten! brüllen, hätte sich die Mühe aber sparen können; Delevan, der siebzig Pfund Übergewicht hatte und Kettenraucher war, wurde von einem tödlichen Herzschlag ereilt, noch ehe der Mann das zweite Wort ausgesprochen hatte. Der Mann, der an diesem Tag zu ihrem blauweißen Streifenwagen gekommen war und ihnen von seiner gestohlenen Brieftasche erzählt hatte, sah nicht genauso aus wie der Star des Films, aber er hatte die Worte ebenso tonlos ausgesprochen; und die irgendwie rastlose und doch anmutige Art, sich zu bewegen, war auch dieselbe gewesen.
Der Film war natürlich Terminator gewesen.
8
Die Polizisten wechselten einen Blick. Der Mann, von dem der Bursche im blauen Anzug sprach, war nicht Clements, aber fast ebenso gut: ›Fat Johnny‹ Holden, Clements’ Schwager. Aber etwas so unglaublich Bescheuertes zu tun, wie einfach einem Kunden die Brieftasche zu stehlen, das…
… das würde genau zu dem
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