Der Dunkle Turm 2 - Drei
zielte, wobei er sich darüber im klaren war, daß der erste Schuß danebengehen konnte, weil er nicht mit der Waffe vertraut war, aber er war dennoch nicht bereit, das Risiko einzugehen, einen der Kunden zu verletzen, die erstarrt hinter dem Möchtegern-Helden standen. Besser zweimal aus der Hüfte schießen und Kugeln abfeuern, die sich aufwärts bewegten und so die anderen Kunden nicht in Gefahr brachten, als möglicherweise eine der Frauen zu töten, deren einziges Verbrechen es gewesen war, daß sie sich den falschen Tag ausgesucht hatte, um ihr Parfüm zu kaufen.
Die Pistole war gut gepflegt. Sie war zielgenau. Er dachte an das schwammige, untrainierte Aussehen der Revolvermänner, denen er sie abgenommen hatte, und war der Meinung, sie sorgten besser für die Waffen, die sie bei sich trugen, als für die Waffen, die sie waren. Das schien eine seltsame Einstellung zu sein, aber dies war auch eine seltsame Welt, und Roland konnte sich kein Urteil anmaßen; er hatte gar keine Zeit für ein Urteil, was das anbelangte.
Der Schuß war gut gewesen, er hatte das Messer des Mannes am Ansatz der Klinge zertrümmert, so daß er jetzt nur noch den Griff in der Hand hielt.
Roland sah den Mann in der Lederjacke gelassen an, und etwas in seinem Blick schien den Möchtegern-Helden an eine dringende Verabredung anderswo erinnert zu haben, denn er wirbelte herum, ließ die Überreste seines Messers fallen und gesellte sich zum allgemeinen Exodus.
Roland drehte sich um und gab dem Alchimisten seine Befehle. Noch mehr Verzögerungen, und Blut würde fließen. Als sich der Alchimist abwandte, klopfte Roland ihm mit dem Lauf der Pistole auf das knochige Schulterblatt. Der Mann gab ein ersticktes »liiiiiii!« von sich und drehte sich sofort wieder um.
»Nicht Sie. Sie bleiben hier. Ihr Sistent soll es machen.«
»W-wer?«
»Er.« Der Revolvermann gestikulierte ungeduldig zu dem Gehilfen.
»Was soll ich tun, Mr. Katz?« Akne leuchtete grell auf dem weißen Gesicht des Teenagers.
»Das, was er sagt, Schmendrick! Die Bestellung ausführen! Keflex!«
Der Gehilfe ging zu einem Regal hinter dem Ladentisch und ergriff eine Flasche. »Herumdrehen, damit ich sehen kann, welche Worte darauf geschrieben sind«, sagte der Revolvermann.
Der Gehilfe gehorchte. Roland konnte es nicht lesen; zu viele Buchstaben waren nicht aus seinem Alphabet. Er konsultierte die Mortzyklopädie. Keflex, bestätigte sie, und Roland wurde klar, daß das Überprüfen dumme Zeitverschwendung gewesen war. Er wußte, daß er nicht alles in dieser Welt lesen konnte, aber diese beiden Männer wußten es nicht.
»Wie viele Tabletten sind in dieser Flasche?«
»Nun, eigentlich sind es Kapseln«, sagte der Assistent nervös.
»Wenn Sie sich für eine Zillindroge in Tablettenform interessieren…«
»Vergessen Sie das. Wie viele Portionen?«
»Oh. Äh…« Der eingeschüchterte Gehilfe sah die Flasche an und ließ sie beinahe fallen. »Zweihundert.«
Roland fühlte sich genauso wie vorhin, als er festgestellt hatte, welche Mengen Munition man in dieser Welt für lächerliche Summen kaufen konnte. Im Geheimfach von Enrico Balazars Bad waren neun Probepackungen Keflex gewesen, insgesamt sechsunddreißig Portionen, und er hatte sich wieder wohl gefühlt. Wenn er die Infektion mit zweihundert Portionen nicht zur Strecke brachte, konnte sie nicht besiegt werden.
»Geben Sie her«, sagte der Mann im blauen Anzug.
Der Gehilfe gab sie ihm.
Der Revolvermann schob den Ärmel des Jacketts zurück und legte Morts Rolex frei. »Ich habe kein Geld, aber dies dient vielleicht als angemessene Entschädigung. Hoffe ich jedenfalls.«
Er drehte sich herum, nickte dem Wachmann zu, der immer noch neben seinem umgekippten Stuhl auf dem Boden saß und den Revolvermann mit aufgerissenen Augen ansah, dann ging er hinaus.
So einfach.
Fünf Sekunden lang war kein Laut in der Drogerie zu hören, abgesehen vom Plärren des Alarms, der so laut war, daß er sogar das Geschwätz der Leute auf dem Gehweg übertönte.
»Gott im Himmel, Mr. Katz, was machen wir jetzt?« flüsterte der Assistent.
Katz nahm die Uhr und betrachtete sie.
Gold. Massiv Gold.
Er konnte es nicht glauben.
Er mußte es glauben.
Ein Irrer kam von der Straße herein, schoß seinem Wachmann die Pistole und einem anderen ein Messer aus der Hand, und das alles, um die unwahrscheinlichste Droge zu bekommen, die er sich vorstellen konnte.
Keflex.
Keflex für vielleicht sechzig Dollar.
Für das er mit einer
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