Der Dunkle Turm 2 - Drei
brüllte den Mann an, obwohl sich sein Kopf dabei anfühlte, als würde er in tausend Stücke zerspringen: »Ich habe dir eine Frage gestellt, du fetter Scheißer! Wie lange ist dieser Wichser schon weg?«
»Vielleicht fünf Minuten«, sagte Fat Johnny mürrisch. »Hat seine Patronen und eure Pistolen genommen.« Er machte eine Pause. »Hat für die Munition bezahlt. Ich konnte es nicht glauben.«
Fünf Minuten, dachte Delevan. Der Bursche war mit dem Taxi gekommen. Sie hatten ihn aussteigen sehen, als sie im Streifenwagen saßen und Kaffee getrunken hatten. Es war Hauptverkehrszeit. Um diese Tageszeit waren Taxis schwer zu bekommen. Vielleicht.
»Los, komm«, sagte er zu George O’Mearah. »Wir haben vielleicht noch eine Chance, ihn zu schnappen. Wir brauchen eine Knarre von diesem Stinker hier…«
O’Mearah hielt ihm die Magnum hin. Delevan sah zuerst zwei dann kamen die Bilder zur Deckung.
»Gut.« Delevan kam zu sich, nicht besonders schnell, aber es klappte wie bei einem Preisboxer, der eine Gerade aufs Kinn bekommen hat. »Behalte du sie. Ich nehm die Flinte unter dem Armaturenbrett.« Er wollte zur Tür gehen, und dieses Mal schwankte er nicht nur, er mußte sich an der Wand festklammern, damit er nicht umfiel.
»Kommst du zurecht?« fragte O’Mearah.
»Nur, wenn wir ihn erwischen«, sagte Delevan.
Sie gingen. Fat Johnny war darüber nicht ganz so froh wie über den Abgang des Gespensts im blauen Anzug, aber fast. Fast.
2
Delevan und O’Mearah mußten nicht einmal erraten, in welche Richtung der Mistkerl gegangen war, als sie den Waffenladen verlassen hatten. Sie mußten lediglich den Polizeifunk abhören.
»Kode 19«, wiederholte die Stimme immer wieder. Einbruch im Gange. Schüsse wurden gehört. »Kode 19. Kode 19. Ort ist 395 West 49. Katz’ Drogerie, Täter groß, blond, blauer Anzug…«
Schüsse wurden gehört, dachte Delevan, dessen Kopf schlimmer denn je schmerzte. Ich frage mich, ob sie mit Georges Waffe oder meiner abgefeuert wurden? Oder mit beiden? Wenn dieser Scheißkerl jemanden umgebracht hat, sind wir im Arsch. Wenn wir ihn nicht erwischen.
»Abflug«, sagte er höflich zu O’Mearah, der sich das nicht zweimal sagen ließ. Er begriff die Situation so gut wie Delevan. Er schaltete Blinklicht und Sirene ein und fuhr kreischend in den Verkehrsstrom. Es wurde schon dicht, die Stoßzeit fing an, und daher fuhr O’Mearah den Streifenwagen mit zwei Reifen im Rinnstein und zwei auf dem Gehweg, und die Fußgänger stoben wild auseinander. Er riß die hintere Stoßstange eines Lieferwagens weg, der auf die 49. fuhr. Vorne konnte er Glas auf dem Gehweg funkeln sehen. Sie konnten beide das Plärren einer Alarmsirene hören. Fußgänger hatten in Einfahrten und hinter Müllstapeln Schutz gesucht, aber die Bewohner der oberen Wohnungen sahen begierig herunter, als wäre dies eine besonders gute Fernsehsendung oder ein Film, für den man nicht einmal Eintritt bezahlen mußte.
Vor diesem Block herrschte keinerlei Automobilverkehr; Taxis und Pendler hatten sich gleichermaßen verdünnisiert.
»Ich hoffe nur, daß er immer noch da ist«, sagte Delevan und nahm den Schlüssel, mit dem er die Stahlklammern über Kolben und Lauf der Schrotflinte unter dem Armaturenbrett aufmachen konnte. Er zog sie aus der Halterung. »Ich hoffe nur, daß der verfluchte Dreckskerl immer noch da ist.«
Keiner der beiden wußte, daß man es besser dabei bewenden ließ, wenn man es mit dem Revolvermann zu tun hatte.
3
Als Roland aus Katz’ Drogerie herauskam, hatte sich die große Flasche Keflex zu den Munitionsschachteln in Jack Morts Manteltaschen gesellt. In der rechten Hand hatte er Carl Delevans 38er Dienstpistole.
Er hörte die Sirene und sah das Auto die Straße herunterrasen.
Sie, dachte er. Er wollte die Pistole heben, aber dann fiel ihm ein: Sie waren Revolvermänner. Revolvermänner, die ihre Pflicht taten. Er drehte sich um und ging wieder in den Laden des Alchimisten.
»Stehenbleiben, Wichser!« schrie Delevan. Rolands Blick fiel gerade noch rechtzeitig auf den gewölbten Spiegel, so daß er einen der Revolvermänner sehen konnte – derjenige, dessen Ohr geblutet hatte –, der sich mit einer Flinte aus dem Fenster beugte. Als sein Partner ihre Kutsche quietschend zum Stillstand brachte, so daß die Gummireifen auf dem Pflaster rauchten, rammte er eine Patrone in die Kammer.
Roland warf sich auf den Boden.
4
Katz brauchte keinen Spiegel, um zu
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