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Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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was die blassn Wichsah dir und deinen Freunden angetan haben?«
    »Das war nicht ich«, sagte sie. »Das war die andere Frau.« Ihre Augen hatten einen stumpfen, mürrischen Ausdruck angenommen. Er haßte diesen Ausdruck, aber er gefiel ihm auch ganz gut. Es war der richtige Ausdruck, der sagte, daß die Zweige brannten und die größeren Scheite bald Feuer fangen würden.
    »Doch. Das warst du. Ob es dir gefällt oder nicht, es war Odetta Susannah Holmes, Tochter von Sarah Walker Holmes. Nicht du, wie du bist, sondern du, wie du warst. Erinnerst du dich noch an die Feuerwehrschläuche, Susannah? Erinnerst du dich an die Goldzähne, die du gesehen hast, als sie mit den Feuerwehrschläuchen gegen dich und deine Freunde in Oxford vorgegangen sind? Wie du sie funkeln gesehen hast, als sie lachten?«
    Diese Geschichten – und viele andere – hatten sie ihm in zahlreichen langen Nächten erzählt, während das Lagerfeuer niederbrannte. Der Revolvermann hatte nicht alles verstanden, aber er hatte trotzdem aufmerksam zugehört. Und nichts vergessen. Schließlich war Schmerz ein Werkzeug. Manchmal war er das beste Werkzeug.
    »Was stimmt mit dir nicht, Roland? Warum mußt du mich an diesen Dreck erinnern?«
    Jetzt funkelten die verdrossenen Augen ihn gefährlich an; sie erinnerten ihn an Alains Augen, wenn der gutmütige Alain doch einmal erzürnt war.
    »Jene Steine sind diese Männer«, sagte Roland leise. »Die Männer, die dich in eine Zelle eingesperrt haben, wo du dich selbst besudeln mußtest. Die Männer mit den Stöcken und Hunden. Die Männer, die dich eine Niggerfotze genannt haben.«
    Er deutete auf sie und bewegte den Finger von rechts nach links.
    »Da ist derjenige, der dich in die Brust gekniffen und gelacht hat. Das ist derjenige, der dir gesagt hat, du sollst dich lieber vergewissern, ob du etwas in den Arsch gesteckt hättest. Da ist derjenige, der dich eine Schimpansin in einem Kleid für fünfhundert Dollar genannt hat. Das ist derjenige, der mit seinem Schlagstock über die Speichen deines Rollstuhls gestrichen ist, bis du gedacht hast, daß das Geräusch dich verrückt macht. Da ist derjenige, der deinen Freund Leo Fummeltunte genannt hat. Und der am Ende, Susannah, das ist Jack Mort.
    Dort. Diese Steine. Diese Männer.«
    Sie atmete jetzt heftig, ihr Busen hob und senkte sich schnell und ruckartig unter dem Patronengurt mit seiner schweren Ladung an Patronen. Sie hatte den Blick von ihm abgewendet und sah zu den flechtenbewachsenen Steinen. Hinter ihnen splitterte in einiger Entfernung ein Baum und stürzte um. Noch mehr Krähen krächzten am Himmel. Die beiden waren tief in das Spiel vertieft, das kein Spiel mehr war, und bemerkten es nicht.
    »Ach ja?« schnaufte sie. »Ist das so?«
    »Es ist so. Und nun sag deine Lektion, Susannah Dean, und sei aufrichtig.«
    Diesmal kamen ihr die Worte wie winzige Eiskristalle über die Lippen. Ihre rechte Hand zitterte ein wenig auf der Handstütze des Rollstuhls wie ein Motor im Leerlauf.
    »›Ich ziele nicht mit der Hand; wer mit der Hand zielt, hat das Gesicht seines Vaters vergessen.
    Ich ziele mit dem Auge.‹«
    »Gut.«
    »›Ich schieße nicht mit der Hand; wer mit der Hand schießt, hat das Gesicht seines Vaters vergessen.
    Ich schieße mit dem Verstand.‹«
    »So ist es immer gewesen, Susannah Dean.«
    »›Ich töte nicht mit meiner Waffe; wer mit seiner Waffe tötet, hat das Gesicht seines Vaters vergessen.
    Ich töte mit dem Herzen.‹«
    »Dann TÖTE sie, bei deinem Vater!« brüllte Roland. »TÖTE SIE ALLE!«
    Ihre rechte Hand war ein Flirren zwischen der Lehne des Rollstuhls und dem Griff von Rolands Sechsschüsser. Diesen hatte sie binnen einer Sekunde herausgeholt, senkte die linke Hand und spannte den Hahn mit Bewegungen, die fast so geschwind und zierlich wie der Flügelschlag eines Kolibris waren. Sechs Schüsse hallten über das Tal, und fünf der sechs Steine auf dem Findling verschwanden von der Bildfläche.
    Einen Augenblick sagte keiner etwas – sie atmeten nicht einmal, schien es –, während die Echos ersterbend hin und her hallten. Selbst die Krähen waren verstummt, zumindest vorübergehend.
    Der Revolvermann unterbrach das Schweigen mit drei tonlosen und dennoch seltsam bewegten Worten: »Das war ausgezeichnet.«
    Susannah betrachtete die Waffe in ihrer Hand, als hätte sie sie vorher noch nie gesehen. Ein Rauchfähnchen stieg in der windstillen Luft vollkommen senkrecht vom Lauf empor. Dann steckte sie sie langsam wieder in

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