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Der Dunkle Turm 3 - Tot

Titel: Der Dunkle Turm 3 - Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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sie ansahen.
     
     
    10
     
    Es blieben noch zwei Stunden Tageslicht, daher zogen sie weiter. Die Straße folgte dem Pfad des Balkens nach Südosten, und wenig später vereinigten sich zwei weitere überwucherte Straßen – schmalere – mit der, auf der sie sich befanden. An einer Seite verliefen die moosbewachsenen, verfallenen Überreste einer einstmals gigantischen Steinmauer. In der Nähe saßen ein Dutzend fette Billy-Bumbler und betrachteten die Pilger mit ihren seltsamen goldumrandeten Augen. Eddie fand, sie sahen aus wie Geschworene, denen der Sinn nach Hängen steht.
    Die Straße wurde breiter und besser erhalten. Zweimal kamen sie an den Ruinen längst verlassener Gebäude vorbei. Das zweite, sagte Roland, hätte eine Windmühle sein können. Susannah meinte, es sah aus, als würde es darin spuken. »Das würde mich nicht überraschen«, entgegnete der Revolvermann. Sein kalter, nüchterner Tonfall machte sie beide frösteln.
    Als die Dunkelheit sie zur Rast zwang, wuchsen die Bäume schon dünner, und die Brise, die sie den ganzen Tag umspielt hatte, wurde zu einem leichten, warmen Wind. Vor ihnen stieg das Land weiter an.
    »In ein oder zwei Tagen werden wir die Bergkuppe erreicht haben«, sagte Roland. »Dann werden wir sehen.«
    »Was sehen?« fragte Susannah, aber Roland zuckte nur die Achseln.
    An diesem Abend fing Eddie wieder an zu schnitzen, aber ohne richtige Inspiration. Die Zuversicht und das Glücksgefühl, welche ihn erfüllt hatten, als der Schlüssel langsam Form annahm, waren von ihm gewichen. Seine Finger fühlten sich ungeschickt und klobig an. Zum erstenmal seit Monaten dachte er sehnsüchtig daran, wie schön es wäre, etwas Heroin zu haben. Nicht viel; er war sicher, ein Tütchen zu einem Nickel und ein zusammengerollter Dollarschein würden dafür sorgen, daß er diese kleine Schnitzarbeit in Null Komma nichts hinter sich brachte.
    »Worüber lachst du, Eddie?« fragte Roland. Er saß auf der anderen Seite des Lagerfeuers; die niederen, windgepeitschten Flammen tanzten kapriziös zwischen ihnen.
    »Habe ich gelächelt?«
    »Ja.«
    »Ich habe nur daran gedacht, wie dumm manche Menschen sein können – man setzt sie in ein Zimmer mit sechs Türen, und sie laufen trotzdem gegen die Wände. Und dann haben sie auch noch die Dreistigkeit, sich darüber zu beschweren.«
    »Wenn man Angst vor dem hat, was sich hinter den Türen befinden könnte, ist es vielleicht sicherer, gegen die Wände zu laufen«, sagte Susannah.
    Eddie nickte. »Vielleicht.«
    Er arbeitete langsam und bemühte sich, die Formen in dem Holz zu sehen – ganz besonders die kleine S-Form. Er stellte fest, daß sie ziemlich vage geworden war.
    Bitte, lieber Gott, hilf mir, daß ich das nicht versaue, dachte er, hatte aber schreckliche Angst, er könnte schon damit angefangen haben. Schließlich gab er auf, reichte den Schlüssel (den er kaum verändert hatte) wieder dem Revolvermann und legte sich unter eines der Felle. Fünf Minuten später hatte der Traum von dem Jungen und dem alten Spielplatz in der Markey Avenue wieder angefangen.
     
     
    11
     
    Jake verließ das Gebäude gegen Viertel vor sieben und hatte somit noch über acht Stunden totzuschlagen. Er überlegte sich, ob er gleich mit dem Zug nach Brooklyn fahren sollte, entschied aber, daß das keine gute Idee war. Ein Junge, der nicht in der Schule war, erregte im Hinterland mehr Aufmerksamkeit als im Zentrum einer Großstadt, und wenn er wirklich nach der Stelle suchen mußte, wo er und der Junge sich treffen sollten, war er jetzt schon angeschmiert.
    Null Problemo, hatte der Junge im gelben T-Shirt mit dem grünen Stirnband gesagt. Du hast den Schlüssel und die Rose gefunden, oder nicht? Mich wirst du auf dieselbe Weise finden.
    Aber Jake konnte sich nicht mehr erinnern, wie er den Schlüssel und die Rose denn nun genau gefunden hatte. Er erinnerte sich nur noch an das Gefühl der Freude und Gewißheit, die sein Herz und sein Denken erfüllt hatten. Er konnte nur hoffen, daß dies wieder passieren würde. Bis dahin mußte er in Bewegung bleiben. Das war die beste Methode, in New York nicht aufzufallen.
    Er ging fast den ganzen Weg zur First Avenue, dann den Weg zurück, den er gekommen war, nur ging er jedesmal ein Stückchen stadteinwärts, während er dem Muster der grünen Fußgängerampeln folgte – vielleicht weil er tief im Innersten wußte, daß auch sie dem Balken dienten. Gegen zehn Uhr kam er zum Metropolitan Museum of Art an der Fifth Avenue.

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