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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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beieinander, eine Frau, die sich dem Ende ihrer Tage näherte, dünne, missbilligende Lippen in einem dünnen, missbilligenden Gesicht, winzige Apfelbrüste unter ihren hochgeschlossenen Kleidern mit den Würgekragen (Der Hals, sagte sie häufig zu Susan, ist das Erste, dem man das Alter ansieht), ihr Haar verlor seinen früheren kastanienfarbenen Glanz und ließ erste graue Strähnen erkennen; die andere jung, intelligent, behände und noch vor der Blüte ihrer körperlichen Schönheit. Sie rieben sich aneinander, jedes Wort schien Funken zu schlagen, aber das war wenig überraschend. Der Mann, der sie beide so sehr geliebt hatte, dass er sie dazu brachte, sich gegenseitig zu lieben, war nicht mehr.
    »Reitest du etwa mit diesem Pferd aus?«, hatte Tante Cord gefragt, die Schüssel abgestellt und in einem frühmorgendlichen Lichtstrahl dagesessen. Es war ein schlechter Platz, an dem sie sich nie und nimmer hätte erwischen lassen, wenn Mr. Jonas zugegen gewesen wäre. In dem kräftigen Licht sah ihr Gesicht wie eine geschnitzte Maske aus. Ein Fieberbläschen wuchs ihr im Mundwinkel; die bekam sie immer, wenn sie nicht gut schlief.
    »Aye«, sagte Susan.
    »Dann solltest du mehr als das essen. ’s wird nicht bis neun Uhr vorhalten, Mädchen.«
    »Mir wird es reichen«, hatte Susan geantwortet und die Orangenschnitze schneller gegessen. Sie konnte sehen, worauf das alles hinauslief, konnte den Ausdruck von Abneigung und Missbilligung in den Augen ihrer Tante sehen und wollte möglichst vom Tisch aufstehen, bevor der Ärger richtig losgehen konnte.
    »Warum soll ich dir nicht eine Schüssel hiervon geben?«, sagte Tante Cord und ließ den Löffel in die Haferflocken klatschen. Susan fand, dass es sich anhörte, als würde ein Pferdehuf in Schlamm stapfen – oder Scheiße –, und ihr Magen krampfte sich zusammen. »Es wird bis zum Mittagessen vorhalten, wenn du vorhast, so lange zu reiten. Ich nehme an, eine feine junge Dame wie dich kann man nicht mit Hausarbeiten behelligen…«
    »Die sind erledigt.« Und du weißt, dass sie erledigt sind, fügte sie nicht hinzu. Ich hab sie erledigt, während du vor dem Spiegel gesessen und an dem Bläschen an deinem Mund herumgedrückt hast.
    Tante Cord ließ einen Schlag Sahnebutter in den Brei fallen – Susan hatte keine Ahnung, wie die Frau so dünn bleiben konnte, wirklich nicht – und sah zu, wie die Butter langsam schmolz. Einen Augenblick lang sah es so aus, als könnten sie das Frühstück doch noch auf eine einigermaßen zivilisierte Weise hinter sich bringen.
    Dann hatte die Sache mit dem Hemd angefangen.
    »Bevor du gehst, Susan, möchte ich, dass du diesen Fetzen ausziehst, den du da trägst, und eine der neuen Reitblusen anziehst, die Thorin dir vorletzte Woche geschickt hat. Es ist das Mindeste, was du tun kannst, um zu zeigen…«
    Alles, was ihre Tante nach diesem Punkt gesagt haben könnte, wäre im Zorn untergegangen, auch wenn Susan sie nicht unterbrochen hätte. Sie strich mit einer Hand über den Hemdsärmel, weil sie den Stoff mochte – nach dem vielen Waschen war er beinahe samten. »Dieser Fetzen hat meinem Vater gehört!«
    »Aye, dem guten Pat.« Tante Cord schniefte. »Es ist zu groß für dich, abgetragen und sowieso nicht schicklich. Als du jung warst, hast du vielleicht das geknöpfte Hemd eines Mannes tragen können, aber jetzt, wo du den Busen einer Frau hast…«
    Die Reitblusen hingen auf Bügeln in der Ecke; sie waren vor vier Tagen gekommen, und Susan hatte sich nicht einmal dazu herabgelassen, sie mit auf ihr Zimmer zu nehmen. Es waren drei, eine rote, eine grüne, eine blaue, alle aus Seide und alle zweifellos ein kleines Vermögen wert. Sie verabscheute deren Protzigkeit und übertrieben bauschig-gefältelte Beschaffenheit: lange Ärmel, die malerisch im Wind flattern sollten, große, herunterhängende, alberne Kragen… und natürlich die tiefen Ausschnitte, die Thorin wahrscheinlich als Einziges sehen würde, wenn sie in einer vor ihm stand. Aber das würde sie nicht, wenn sie es irgendwie verhindern konnte.
    »Mein ›Busen einer Frau‹, wie du dich ausdrückst, interessiert mich nicht und kann auch unmöglich jemand anders interessieren, wenn ich beim Ausreiten bin«, sagte Susan.
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wenn einer der Viehtreiber der Baronie dich sieht – selbst Rennie, der ständig da draußen ist, wie du sehr wohl weißt –, könnte es nicht schaden, wenn er Hart erzählen würde, dass du eine der camisas getragen

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