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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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seinem Kopf, aber jetzt hörte sich Henry ernst und bei Verstand an. Henry hörte sich wie sein Freund an, nicht wie sein Feind, so als wären die alten Konflikte endlich beigelegt und alle alten Kriegsbeile begraben. Tu es – bring den Teufel dazu, sich höchstselbst in Brand zu stecken. Vielleicht wird es ein bisschen wehtun, aber du hast schon schlimmere Schmerzen ertragen. Verdammt, ich selbst habe dir größere Schmerzen zugefügt, aber du hast überlebt. Prima überlebt. Und du weißt, wo du suchen musst.
    Natürlich. Bei ihrem Palaver am Lagerfeuer, dem Feuer, das Jake schließlich doch in Gang gebracht hatte. Roland hatte dem Jungen ein Rätsel aufgegeben, damit dieser sich entspannte, Jake hatte einen Funken in das Anmachholz geschlagen, und danach hatten sie alle um das Feuer gesessen und geredet. Geredet und gerätselt.
    Und Eddie wusste noch etwas. Blaine hatte hunderte Rätsel beantwortet, während sie auf dem Pfad des Balkens nach Südosten gefahren waren, und die anderen glaubten, dass er jedes einzelne ohne ein Zögern beantwortet hatte. Eddie hatte dasselbe gedacht… aber als er nun über den Wettstreit nachdachte, fiel ihm etwas Interessantes auf: Blaine hatte doch gezögert.
    Einmal.
    Und er war sauer gewesen. Genau wie Roland das manchmal war.
    Der Revolvermann, den Eddie häufig zur Verzweiflung trieb, hatte ihm gegenüber nur ein einziges Mal richtige Wut erkennen lassen, nämlich kurz nachdem Eddie den Schlüssel geschnitzt hatte, damals, als Eddie fast erstickt wäre. Roland hatte versucht, das Ausmaß dieser Wut zu verbergen – hatte versucht, sie als weiteren Anflug von Verzweiflung auszugeben –, aber Eddie hatte gespürt, was darunter lag. Er hatte lange Zeit mit Henry Dean zusammengelebt und immer noch ein feines Gespür für alle negativen Emotionen. Und er war verletzt gewesen – nicht unbedingt durch Rolands Wut selbst, sondern vielmehr durch die Verachtung, die unterschwellig darin mitschwang. Verachtung war stets eine der Lieblingswaffen von Henry gewesen.
    Wie kam das gestorbene Baby überhaupt auf die Straße?, hatte Eddie gefragt. Weil es auf ein Huhn festgetackert war, hiarr-hiarr-hiarr!
    Später, als Eddie versucht hatte, sein Rätsel zu verteidigen, als er sagte, dass es geschmacklos, aber trotzdem ziemlich gut sei, hatte Rolands Antwort seltsame Ähnlichkeit mit der von Blaine gehabt: Mich kümmert nicht das Geschmacklose daran. Dein Rätsel ist sinnlos und daher unlösbar. Ein gutes Rätsel ist nichts von beidem.
    Aber als Jake seine letzten Rätsel dem Mono stellte, wurde Eddie etwas Wunderbares klar: Das Wort gut war ein relativer Begriff. So war es immer, und so würde es immer sein. Auch wenn der Mann, der es gebrauchte, schätzungsweise tausend Jahre alt war und schießen konnte wie Buffalo Bill, war es ein relativer Begriff. Roland selbst hatte zugegeben, dass er nie gut bei Rätselwettkämpfen gewesen war. Sein Lehrmeister habe behauptet, dass Roland zu viel nachdenke; und sein Vater habe einen Mangel an Phantasie dafür verantwortlich gemacht. Aus welchem Grund auch immer, Roland von Gilead hatte nie einen Jahrmarkträtselwettstreit gewonnen. Er hatte seine sämtlichen Zeitgenossen überlebt, und das war ganz sicher eine Art von Sieg, aber er hatte nie eine Preisgans nach Hause getragen. Ich konnte die Waffe immer schneller ziehen als meine Klassenkameraden, aber um Ecken denken konnte ich nie besonders gut.
    Eddie erinnerte sich, wie er versucht hatte, Roland begreiflich zu machen, dass Scherzfragen Rätsel waren, die einem helfen sollten, dieses häufig übersehene Talent zu fördern, aber Roland hatte ihm keine Beachtung geschenkt. So, vermutete Eddie, wie ein Farbenblinder der Beschreibung eines Regenbogens keine Beachtung schenken würde.
    Eddie glaubte, dass Blaine ebenfalls Schwierigkeiten damit haben würde, um Ecken zu denken.
    Er hörte Blaine die anderen fragen, ob sie noch mehr Rätsel hätten – er fragte sogar Oy. Er konnte den Spott in Blaines Stimme hören, konnte ihn sogar sehr wohl hören. Klar doch. Weil er zurückkehrte. Zurück aus der legendären Zone. Er kam zurück, um festzustellen, ob er den Teufel überreden konnte, sich selbst in Brand zu stecken. Diesmal würde keine Schusswaffe helfen, aber das war vielleicht auch gut so. Das war vielleicht gut so, weil…
    Weil ich mit meinem Verstand schieße. Meinem Verstand. Gott hilf mir, diesen zu groß geratenen Taschenrechner mit meinem Verstand über den Haufen zu schießen. Hilf mir, ihn

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