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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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alten Hemden, überwiegend von Spucke und Schnürsenkeln zusammengehalten –, aber keiner der Fußgänger, die auf der Second vorübereilten, schien es zu bemerken. Niemand bemerkte den Billy-Bumbler auf Jakes Armen oder die Artillerie, die sie bei sich trugen.
    Weil wir Geister sind, dachte Eddie. Wir sind Geister, und wir finden keine Ruhe.
    Am Zaun klebten Werbeplakate – eines für die Sex Pistols (eine Revival-Tour, wie das Poster behauptete, was Eddie ziemlich komisch fand – die Pistols waren eine Gruppe, die nie wieder zusammen spielen würde), eines für einen Komiker, Adam Sandler, von dem Eddie noch nie gehört hatte, eines für einen Film mit dem Titel Hexenclub, irgendeine Highschool-Komödie mit okkultem Hintergrund. Über diesem Plakat stand in der staubig-rosa Farbe von Sommerrosen Folgendes geschrieben:
     
    Sieh den mächtigen B ÄREN dort aufgestellt!
    In seinen Augen die ganze W ELT .
    Ein Rätsel das Gestern, die Z EIT wird dünn;
    Und der T URM , der wartet mittendrin.
     
    »Da«, sagte Jake und zeigte darauf. »Die Rose. Seht ihr, wie sie auf uns wartet, dort, mitten auf dem Grundstück.«
    »Ja, sie ist sehr schön«, sagte Susannah. Dann zeigte sie auf das Schild, das neben der Rose stand. Ihre Stimme klang so besorgt, wie ihre Augen aussahen. »Aber was ist damit?«
    Dem Schild zufolge planten zwei Firmen – die Baufirma Mills und das Maklerbüro Sombra –, gemeinsam die Eigentumswohnanlage Turtle Bay zu errichten, deren Häuser genau an dieser Stelle gebaut werden sollten. Wann? Demnächst, mehr hatte das Schild dazu nicht zu sagen.
    »Ich würde mir darüber keine Gedanken machen«, sagte Jake. »Das Schild stand schon früher hier. Wahrscheinlich ist es so alt wie der…«
    In diesem Augenblick zerriss der Lärm eines anspringenden Motors die Stille. Auf der anderen Seite des Zauns, auf der zur Forty-sixth Street gelegenen Seite des Grundstücks, stiegen schmutzigbraune Abgase auf wie Rauchzeichen, die schlechte Nachrichten verkündeten. Plötzlich barsten die Bretter auf dieser Seite, und eine riesige rote Planierraupe brach durch. Sogar die Schaufel war rot, obwohl die Worte, die darauf standen – HEIL DEM SCHARLACHROTEN KÖNIG –, in einem Gelb so grell wie Panik geschrieben waren. Auf dem Fahrersitz saß, mit höhnisch verzerrtem, halb verfaultem Gesicht über dem Steuerpult, der Mann, der Jake auf der Brücke über den Send gekidnappt hatte – ihr alter Freund Gasher, der »Schlitzer«. Auf dem nach hinten geschobenen Helm standen in Schwarz die Worte L A M ERK F OUNDRY . Darüber war ein einziges offenes Auge gemalt worden.
    Gasher ließ die Schaufel sinken. Sie fraß sich diagonal über den Platz, zertrümmerte Backsteine, pulverisierte Bier- und Limonadeflaschen zu funkelndem Staub und schlug Funken auf den Steinen. Unmittelbar in der Bahn der Schaufel nickte die Rose mit ihrem anmutigen Kopf.
    »Mal sehn, ob ihr jetzt noch welche von euern dummen Fragen stellt!«, schrie diese unliebsame Erscheinung. »Fragt so viel ihr wollt, meine lieben Freundchen, warum auch nicht? Euer alter Freund Gasher ist ganz verrückt auf Rätsel! Aber nur dass ihr’s kapiert, was ihr auch fragt, ich werd das fiese Ding überfahren, platt walzen, aye, das werd ich! Und dann noch mal drüber! Stumpf und Stiel, meine lieben Freundchen! Aye, Stumpf und Stiel!«
    Susannah kreischte auf, als die scharlachrote Schaufel der Planierraupe sich der Rose näherte, und Eddie griff nach dem Zaun. Er würde sich hinüberschwingen, sich auf die Rose werfen, sie beschützen…
    … aber es war zu spät. Und er wusste es.
    Er sah zu dem kichernden Ding auf der Planierraupe und stellte fest, dass Gasher nicht mehr da war. Nun war der Mann am Steuer jener Lokführer Bob aus Charlie Tschuff-Tschuff.
    »Aufhören!«, schrie Eddie. »Um Himmels willen, aufhören!«
    »Ich kann nicht, Eddie. Die Welt hat sich weiterbewegt, und ich kann nicht anhalten. Ich muss mich mit ihr bewegen.«
    Und als der Schatten der Planierraupe über die Rose fiel, als die Schaufel einen der Pfosten zerbrach, die das Schild hielten (Eddie sah, dass aus dem D EMNÄCHST ein J ETZT geworden war), stellte er fest, dass der Mann am Steuer auch nicht mehr Lokführer Bob war.
    Es war Roland.
     
     

    10
     
    Eddie richtete sich auf der Standspur des Highway auf und atmete keuchend sichtbare Wölkchen aus, während sein Schweiß auf der heißen Haut bereits abkühlte. Er war sich sicher, dass er geschrien hatte, er musste geschrien haben, aber

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