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Der Dunkle Turm 4 - Glas

Titel: Der Dunkle Turm 4 - Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Kopf, um sie anzusehen.
    »Um diese Jahreszeit hören wir es nicht oft so deutlich«, sagte sie. »Im Herbst verbrennen die Männer sie, sodass sie still ist.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Wer schon? Wer verstand überhaupt noch etwas? Götter, sie konnten nicht einmal die wenigen Ölpumpen von Citgo abschalten, die noch funktionierten, obwohl die Hälfte davon wie Schweine auf der Schlachtbank quietschte. Heutzutage war man gemeinhin schon dankbar, wenn man etwas fand, was überhaupt noch funktionierte.
    »Im Sommer, wenn die Zeit gekommen ist, bringen Viehtreiber und Cowboys ganze Wagenladungen Unterholz zum Eingang des Eyebolt«, sagte sie. »Abgestorbenes Unterholz würde es tun, aber frisches ist da noch besser, weil es hauptsächlich auf den Rauch ankommt, je dichter, desto besser. Der Eyebolt ist ein sackgassenartiger Canyon, sehr kurz und mit steilen Wänden. Fast wie ein Schornstein, der auf der Seite liegt, versteht Ihr?«
    »Ja.«
    »Die traditionelle Zeit für das Feuer ist der Erntemorgen – der Tag nach dem Jahrmarkt und dem Fest und dem Freudenfeuer.«
    »Der erste Wintertag.«
    »Aye, aber in diesen Breiten kommt der Winter nicht so früh. Wie auch immer, es ist keine unverrückbar festgeschriebene Tradition, das Gestrüpp wird manchmal auch schon früher angezündet, wenn der Wind launisch oder das Geräusch besonders stark ist. Es beunruhigt das Vieh, wisst Ihr – Kühe geben kaum Milch, wenn das Geräusch der Schwachstelle zu laut ist –, und man kann kaum schlafen.«
    »Das kann ich mir denken.« Will sah immer noch nach Norden, als eine heftigere Windbö ihm den Hut vom Kopf wehte. Er fiel ihm auf den Rücken, und die Wildlederkordel schnürte sich in Wills Hals. Das etwas längere Haar, das dadurch bloßgelegt wurde, war schwarz wie der Flügel einer Krähe. Sie verspürte ein plötzliches, gieriges Verlangen, mit den Händen hindurchzufahren und mit den Fingern dessen Beschaffenheit zu spüren – war es rau, glatt oder seidig? Und wie würde es riechen? Bei diesem Gedanken verspürte sie wieder eine Hitzewallung im Unterleib. Er drehte sich zu ihr um, als hätte er ihre Gedanken gelesen, worauf sie errötete und nur froh war, dass er ihre dunkler werdenden Wangen nicht sehen konnte.
    »Wie lange ist sie schon da?«
    »Seit vor meiner Geburt«, sagte sie, »aber nicht, bevor mein Da’ geboren wurde. Er hat mir einmal erzählt, dass der Boden von einem Erdbeben erschüttert wurde, bevor sie auftauchte. Manche sagen, das Erdbeben hat sie gebracht, andere halten das für abergläubischen Unsinn. Ich weiß nur, dass sie schon immer da war. Der Rauch beruhigt sie eine Weile, so wie er einen Schwarm Bienen oder Wespen beruhigen würde, aber das Geräusch kehrt immer wieder. Das am Eingang aufgeschichtete Gestrüpp hilft auch, dass sich kein Vieh hinein verirrt – manchmal wird es davon angezogen, die Götter wissen, warum. Aber wenn einmal eine Kuh oder ein Schaf hineingerät – nach dem Feuer und bevor der Stapel für das nächste Jahr hoch genug ist –, kommt es nicht wieder heraus. Was immer es ist, es ist hungrig.«
    Sie legte seinen Poncho beiseite, hob das rechte Bein über den Sattel, ohne den Knauf auch nur zu streifen, und glitt von Rusher herunter – alles mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung. Es war ein Kunststück, das eher für Hosen gedacht war als für ein Kleid, und an seinen noch größer gewordenen Augen konnte sie erkennen, dass er einen Gutteil von ihr gesehen hatte, wenn auch nichts, was sie nur bei geschlossener Badezimmertür waschen konnte, also wozu die Aufregung? Und dieses behände Absteigen war immer eines ihrer Lieblingskunststückchen gewesen, wenn sie in angeberischer Stimmung war.
    »Hübsch!«, rief er aus.
    »Hab ich von meinem Da’ gelernt«, sagte sie und antwortete damit auf die unschuldigere Interpretation seines Kompliments. Doch als sie ihm die Zügel reichte, deutete ihr Lächeln an, dass sie bereit war, das Kompliment in jeder möglichen Hinsicht zu akzeptieren.
    »Susan? Habt Ihr die Schwachstelle je gesehen?«
    »Aye, ein- oder zweimal. Von oben.«
    »Wie sieht sie aus?«
    »Hässlich«, antwortete sie sofort. Bis heute Nacht, als sie Rheas Lächeln aus der Nähe gesehen und ihre zwickenden, fummelnden Finger erduldet hatte, hätte sie sogar gesagt, dass die Schwachstelle das Hässlichste war, was sie je gesehen hatte. »Sie sieht ein bisschen wie ein langsam brennendes Torffeuer aus, und ein bisschen wie ein Sumpf mit fauligem grünem

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