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Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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Mann und eine niedere Frau – er in einem Smoking mit knallig bunt karierten Revers, sie in einem trägerlosen silbernen Abendkleid, beide erstaunlich fettleibig – drehten sich um und sahen (mit offenkundigem Missvergnügen) zur Quelle dieser Geräusche hinüber, die hinter einem prächtigen Gobelin hervorzudringen schienen, auf dem Ritter abgebildet waren, die mit ihren Fräulein tafelten. Als das dicke Paar sich danach umdrehte, sah Mia, wie ihre Backen sich wie loses Gewebe nach oben runzelten, und konnte für einen Augenblick unter ihren feisten Unterkiefern etwas Dunkelrotes erkennen, das mit Haarbüscheln besetzt war.
    Susannah, war das Haut?, fragte Mia. Großer Gott, war das ihre Haut?
    Susannah gab keine Antwort, nicht einmal Ich hab’s dir doch gesagt oder Hab ich dich nicht gewarnt? Darüber waren die Ereignisse jetzt hinweggegangen. Für Wut (oder irgendeine der milderen Emotionen) war es zu spät, und Susannah empfand echtes Mitleid mit der Frau, die sie hierher gebracht hatte. Ja, Mia hatte gelogen und betrogen; ja, sie hatte ihr Bestes getan, um Eddie und Roland den Tod zu bringen. Aber hatte sie jemals eine andere Wahl gehabt? Susannah erkannte mit aufkommender Verbitterung, dass sie jetzt die perfekte Definition einer Ka-Mai kannte: jemand mit Hoffnungen, aber ohne Alternativen.
    Als gäbe man einem Blinden ein Motorrad, dachte sie.
    Richard Sayre – schlank, Anfang sechzig, mit vollen Lippen und hoher Stirn gut aussehend – begann Beifall zu klatschen. Die Ringe an seinen Fingern glitzerten. Sein gelbes Sakko leuchtete im Halbdunkel. »Heil, Mia!«, rief er.
    »Heil, Mia!«, wiederholten die anderen.
    »Heil, Mutter!«
    »Heil, Mutter!«, riefen die Vampire und die niederen Männer und Frauen und begannen ebenfalls zu klatschen. Ihr Beifall war durchaus eifrig, aber die seltsame Akustik dieses Raums dämpfte ihn und verwandelte ihn in ein Rascheln von Fledermausflügeln. Ein hungriger Laut und zugleich einer, von dem Susannah fast schlecht wurde. Gleichzeitig überfielen neue Wehen sie und ließen ihr die Knie weich werden. Sie schwankte vorwärts, begrüßte diese Schmerzen aber fast, weil sie mithalfen, ihre Beklommenheit zu tarnen. Sayre trat vor, bekam sie an den Oberarmen zu fassen und stützte sie, bevor sie fallen konnte. Sie hatte geglaubt, seine Berührung müsse kalt sein, aber seine Finger waren heiß wie die eines Cholerakranken.
    Weiter hinten im Saal sah sie eine hoch gewachsene Gestalt aus den Schatten treten: ein Wesen, das weder niederer Mann noch Vampir war. Es trug Jeans und ein ungemustertes weißes Hemd, aber aus dem Hemdkragen ragte ein Vogelkopf, der mit dunkelgelb glänzenden Federn besetzt war. Die Augen waren schwarz. Das Wesen klatschte ebenfalls höflich Beifall, und sie sah – mit stetig wachsendem Entsetzen –, dass seine Hände statt Fingern Vogelkrallen aufwiesen.
    Unter einem der Tische kam ein halbes Dutzend Käfer hervorgehuscht und betrachtete sie mit auf Stielen sitzenden Augen. Mit grässlich intelligenten Augen. Ihre Kiefer klickten mit einem Geräusch aufeinander, das an ein Lachen erinnerte.
    Heil, Mia!, hörte sie in ihrem Kopf. Ein Insektensummen. Heil, Mutter! Und dann waren sie fort, wieder im Schatten verschwunden.
    Mia drehte sich nach der Tür um und sah die beiden niederen Männer, die sie blockierten. Und ja, es waren Masken; aus dieser Nähe war unmöglich zu übersehen, dass das glatte schwarze Haar der Türsteher nur aufgemalt war. Mia wandte sich verzagt wieder Sayre zu.
    Nun war’s zu spät.
    Es war zu spät, um irgendwas anderes zu tun, als diese Sache zu Ende zu bringen.
     
     
    17
     
    Sayres Griff hatte sich gelockert, als Mia sich umgedreht hatte. Jetzt packte er wieder zu, indem er ihre linke Hand ergriff. Im selben Augenblick wurde ihre Rechte ergriffen. Sie wandte sich dorthin und sah die Dicke in dem silbernen Abendkleid. Ihr gewaltiger Busen quoll übers Oberteil ihres Kleides hinaus, das sich tapfer bemühte, diese Massen zurückzuhalten. Das Fleisch der Oberarme schwabbelte lose und roch betäubend stark nach Talkumpuder. In der Stirnmitte hatte sie eine rote Wunde, die von Blut schwamm, aber nie überlief.
    So atmen sie, sagte Mia sich. Genau so atmen sie, wenn sie ihre Masken…
    In ihrer wachsenden Verzweiflung hatte sie Susannah Dean weitgehend und Detta Walker völlig vergessen. Als Detta nun nach vorn kam – Teufel, als sie nach vorn sprang –, konnte Mia sie nicht mehr aufhalten. Sie beobachtete, wie ihre Arme

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