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Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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vorn gekommen, hatte um Hilfe gebeten. Sie hatte weitersprechen, hatte der Frau erzählen wollen, sie müsse ins Krankenhaus, sie brauche einen Arzt, sie bekomme ein Baby, mit dem etwas irgendwie nicht in Ordnung sei. Bevor sie auch nur ein Wort davon herausbrachte, überfluteten sie weitere Wehenschmerzen, und diese waren so ungeheuer, viel stärker als jeder Schmerz, den sie in ihrem Leben je gespürt hatte, sogar schlimmer als die Schmerzen nach dem Verlust ihrer beiden Unterschenkel. Diese Schmerzen jedoch… diese…
    »O Gott«, sagte sie, aber bevor sie mehr sagen konnte, übernahm Mia wieder die Kontrolle, erklärte Susannah, sie müsse dafür sorgen, dass die Schmerzen aufhörten, und warnte die Frau, wenn sie die Bullen rufe, riskiere sie, ein Paar von etwas zu verlieren, das für sie weit wertvoller sei als ein Paar Schuhe.
    Mia, hör mir zu, forderte Susannah sie auf. Ich kann dafür sorgen, dass sie wieder aufhören – ich glaube wirklich, dass ich’s kann –, aber du musst mithelfen. Du musst dich irgendwo hinsetzen. Wenn du dich jetzt nicht eine Weile ausruhst, kann nicht mal Gott persönlich verhindern, dass die Geburt ihren Lauf nimmt. Hast du verstanden? Hörst du mir zu?
    Das tat Mia. Sie blieb einen Augenblick lang unbeweglich stehen und sah der Frau nach, der sie die Schuhe geraubt hatte. Dann stellte sie fast schüchtern eine Frage: Wohin soll ich gehen?
    Susannah spürte, dass ihre Kidnapperin erstmals der riesigen Stadt gewahr wurde, in der sie sich jetzt befand, dass sie endlich die brandenden Fußgängermassen, die Fluten von Metallkutschen (von denen anscheinend jede Dritte in einem grellen Gelb lackiert war, das fast zu schreien schien) und die Türme sah, die so hoch waren, dass ihre Spitzen an einem wolkigen Tag nicht zu sehen gewesen wären.
    Zwei Frauen betrachteten eine fremde Stadt durch ein einziges Augenpaar. Susannah wusste, dass dies ihre Stadt war, auch wenn sie das in vielfacher Beziehung nicht mehr war. Sie hatte New York im Jahr 1964 verlassen. Wie viele Jahre in der Zukunft lag diese Stadt? Zwanzig? Dreißig? Unwichtig, tut nichts zur Sache. Darüber konnte sie sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen.
    Zuletzt fiel ihr gemeinsamer Blick auf die kleine Anlage jenseits der Straße. Die Wehen hatten vorläufig wieder aufgehört, und als die Ampel drüben auf GEHEN umsprang, überquerte Trudy Damascus’ schwarze Frau (die nicht besonders schwanger aussah) die Fahrbahn mit langsamen, aber gleichmäßigen Schritten.
    Auf der gegenüberliegenden Seite gab es eine Parkbank neben einem Springbrunnen und einer Bronzeskulptur. Der Anblick der Schildkröte tröstete Susannah ein wenig; ihr kam es so vor, als hätte Roland ihr dieses Zeichen geschickt – etwas, was der Revolvermann selbst als Sigul bezeichnet hätte.
    Auch er wird mich suchen, erklärte sie Mia. Und du solltest dich vor ihm in Acht nehmen, Weib. Vor ihm solltest du dich sehr wohl in Acht nehmen.
    Ich tue, was ich tun muss, antwortete Mia. Du willst dir die Zeitung der Frau ansehen. Wozu?
    Ich möchte wissen, welches Datum wir haben. Die Zeitung wird es mir verraten.
    Braune Hände zogen die zusammengerollte Zeitung aus der Leinentasche von Borders, entrollten sie und hielten sie vor blaue öligen, die diesen Tag so braun wie die Hände begonnen hatten. Susannah sah das Datum – 1. Juni 1999 – und staunte darüber. Nicht nur zwanzig Jahre oder dreißig, sondern sogar fünfunddreißig! Bis zu diesem Augenblick war ihr nicht bewusst gewesen, für wie gering sie die Chancen der Welt, derart lange zu überleben, eingeschätzt hatte. Altersgenossen, die sie in ihrem früheren Leben gekannt hatte – Kommilitonen, Bürgerrechtler, Trinkkumpane und Aficionados von Folksongs –, würden allmählich in die späten mittleren Jahre gekommen sein. Manche von ihnen waren bestimmt schon tot.
    Genug, sagte Mia und warf die Zeitung in den Abfallkorb, in dem die Times sich wie zuvor zusammenrollte. Susannah wischte möglichst viel Schmutz von den Sohlen ihrer nackten Füße (wegen des Schmutzes merkte sie nicht, dass sie ihre Farbe geändert hatten) und zog dann die geraubten Schuhe an. Sie waren etwas eng, und da sie keine Socken trug, würde sie wahrscheinlich Blasen bekommen, wenn sie weit gehen musste, aber…
    Was kümmert’s dich, stimmt’s?, sagte Susannah zu Mia. Sind ja nicht deine Füße. Aber sowie sie das sagte (dies war nämlich eine Art Unterredung; etwas, was Roland Palaver nannte), wusste sie, dass das vermutlich

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