Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Dunkle Turm 6 - Susannah

Titel: Der Dunkle Turm 6 - Susannah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
Vom Netzwerk:
verraten worden, aber sie wusste nicht, weshalb genau.
    Drüben auf der anderen Seite war die Tasche rosa, dachte sie. Die Farbe hat sich beim Übertritt verändert, wenn auch nur leicht.
    Die Frau auf dem Schwarz-Weiß-Monitor über dem Kontrollpult verzog schmerzlich das Gesicht. Susannah spürte ein Echo der Schmerzen, die Mia erlitt, jedoch nur schwach und wie aus weiter Ferne.
    Das muss ich stoppen. Und zwar schnell.
    Trotzdem blieb die Frage: Wie?
    Wie du es auf der anderen Seite gemacht hast. Als sie ihre Fracht so verdammt schnell wie nur möglich zu dieser Höhle raufbefördert hat.
    Aber das schien jetzt lange zurückzuliegen, zu einem anderen Leben zu gehören. Und warum auch nicht? Es war ein anderes Leben in einer anderen Welt gewesen, und wenn sie jemals dorthin zurückzukehren hoffte, musste sie jetzt helfen. Was also hatte sie getan?
    Du hast dieses Zeug benutzt, das hast du getan. Es existiert sowieso nur in deinem Kopf – was Professor Overmeyer in Psychologie I »eine Visualisierungstechnik« genannt hat. Mach die Augen zu.
    Susannah tat es. Jetzt waren beide Augenpaare geschlossen: das physische, das Mia in New York kontrollierte, und das psychische in Susannahs Kopf.
    Visualisiere es.
    Sie tat es. Versuchte es jedenfalls.
    Augen auf.
    Sie öffnete die Augen. Auf der Konsole vor ihr, die zuvor mit Warnleuchten und Regelwiderständen besetzt gewesen war, befanden sich jetzt zwei große Drehschalter und ein einzelner Kippschalter. Die Drehschalter schienen aus Bakelit zu bestehen – wie die Schalter am Küchenherd ihrer Mutter in Susannahs Elternhaus. Aber das war eigentlich keine Überraschung; alles, was man sich ausdachte, so abwegig es auch erscheinen mochte, war nur eine umgestaltete Version dessen, was man bereits kannte.
    Der Drehschalter links vor ihr war mit EMOTIONALE TEMP. beschriftet. Die Markierung reichte von 0 bis 100 (0 in Blau; 100 in leuchtendem Rot). Gegenwärtig stand der Schalter auf 71. Der rechte Drehschalter trug die Aufschrift WEHENSTÄRKE. Die ihn umgebenden Ziffern reichten von 0 bis 10, und der Schalter war im Augenblick auf 9 eingestellt. Auf dem Schild unter dem mittleren Kippschalter stand einfach KLEINER KERL, und es gab nur zwei Schalterstellungen: WACHEN und SCHLAFEN. Dieser Schalter stand auf WACHEN.
    Susannah sah auf und stellte fest, dass einer der Bildschirme jetzt ein Ungeborenes im Mutterleib zeigte. Es war ein Junge. Ein schöner Junge. Sein winziger Penis schwamm wie ein Strang Seetang unter der locker gekringelten Nabelschnur. Die Augen standen offen, und obwohl das übrige Bild schwarz-weiß war, leuchteten diese Augen durchdringend blau. Der Blick des kleinen Kerls schien geradewegs durch sie hindurchzugehen.
    Das sind Rolands Augen, dachte sie und fühlte sich vor Erstaunen wie belämmert. Wie kann das sein?
    Das konnte natürlich nicht sein. Das alles war nur ein Produkt ihrer Phantasie, einer Visualisierungstechnik. Aber weshalb stellte sie sich dann Rolands blaue Augen vor? Warum nicht Eddies haselnussbraune Augen? Weshalb nicht die haselnussbraunen Augen ihres Ehemanns?
    Dafür ist jetzt keine Zeit. Tu, was du tun musst.
    Sie griff nach dem Schalter EMOTIONALE TEMP. und nahm dabei die Unterlippe zwischen die Zähne (auf dem Bildschirm, der die Parkbank zeigte, begann auch Mia, sich auf die Unterlippe zu beißen). Sie zögerte, dann drehte sie ihn auf 22 zurück, als wäre er nichts anderes als ein Thermostat. Und war er nicht auch einer?
    Sofort machte sich Ruhe in ihr breit. Sie lehnte sich auf dem Stuhl zurück und ließ die Unterlippe den Zähnen entschlüpfen. Auf dem Parkmonitor tat die schwarze Frau das Gleiche. Okay, so weit, so gut.
    Sie zögerte einen Augenblick lang, als sie mit der Hand halbwegs den Drehschalter WEHENSTÄRKE berührte, und griff dann nach KLEINER KERL. Sie legte den Kippschalter von WACHEN auf SCHLAFEN um. Sofort schlossen sich die Augen des Babys. Susannah empfand eine gewisse Erleichterung. Diese blauen Augen waren verwirrend gewesen.
    Also gut, zurück zu WEHENSTÄRKE. Susannah glaubte, dass es sich hier um den wirklich wichtigen Schalter handelte, einen, den Eddie als Trumpfkarte bezeichnet hätte. Sie griff nach dem altmodischen Drehschalter, übte versuchsweise etwas Kraft aus und war eigentlich nicht sonderlich überrascht, dass das klobige Ding auf seiner Achse trägen Widerstand leistete. Es wollte sich nicht drehen lassen.
    Aber das wirst du, dachte Susannah. Weil wir darauf angewiesen sind. Du musst es für

Weitere Kostenlose Bücher