Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
und das Amt des Obersten angetreten hatte, hatte er weit über dreißig Jahre lang keine Hautunreinheit an sich entdeckt. Jetzt hatte er Pickel auf den Wangen und Brauen, Akne in den Schläfensenken, hässliche Nester von Mitessern um die Nase und eine Halszyste, die Gangli, der Lagerarzt, bald würde entfernen müssen. (Prentiss fand, dass Gangli ein schrecklicher Name für einen Arzt war; er erinnerte ihn an Ganglion und Gangrän.) Die Taheen und die Can-Toi wurden weniger von dermatologischen Problemen befallen, dafür brach ihr Fleisch oft spontan auf; sie litten an Nasenbluten, und selbst kleine Wunden – ein Kratzer von einem Dorn oder einem scharfkantigen Stein – konnten zu Infektion und Tod führen, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt wurden. Anfangs hatten Antibiotika in solchen Fällen Wunder gewirkt, waren jedoch längst nicht mehr zuverlässig. Das galt auch für Wundermittel wie Roaccutan. Das lag natürlich an der Umwelt, in der selbst Felsen und Erde Todeskeime auszuschwitzen schienen. Wollte man diese Dinge in ihrer schlimmsten Ausprägung sehen, brauchte man sich nur die Rods anzusehen, die heutzutage kaum besser als Langsame Mutanten waren. Natürlich wanderten sie weit nach … War das noch Südost? Jedenfalls wanderten sie weit in die Richtung, in der nachts ein schwacher rötlicher Schein zu sehen war, und jeder sagte, dort sei alles noch viel schlimmer. Pimli wusste nicht sicher, ob das stimmte, aber er vermutete, dass dem so war. Schließlich wurde das Land jenseits von Fedic auch nicht Discordia genannt, weil dort Touristenziele lagen.
»Willst du mehr?«, fragte er Finli. »Ich hab noch ein paar auf der Stirn, die reif sind.«
»Nay, ich möchte jetzt lieber meinen Bericht erstatten, die Videobänder und die Telemetrie kontrollieren, einen kurzen Blick in den Studiersaal werfen und dann für heute Schluss machen. Danach möchte ich ein heißes Bad nehmen und möglichst drei Stunden bei einem guten Buch verbringen. Ich lese gerade Der Sammler.«
»Und der Roman gefällt dir«, sagte Prentiss fasziniert.
»Sogar sehr, sage dir meinen Dank. Er erinnert mich an unsere hiesige Situation. Ich möchte jedoch glauben, dass unsere Ziele etwas nobler sind und unsere Motivation etwas über sexuelle Anziehung hinausgeht.«
»Nobel? Ist das dein Ausdruck dafür?«
Finli zuckte die Achseln und ging nicht weiter darauf ein. Ausführliche Gespräche über das, was hier im Blauen Himmel vorging, wurden durch generelle Übereinkunft allgemein vermieden.
Prentiss führte Finli in seine Bibliothek, die ihm auch als Arbeitszimmer diente. Sie führte auf den Teil des Blauen Himmels hinaus, der als Promenade bezeichnet wurde. Finli duckte sich mit durch lange Praxis erworbener unbewusster Eleganz unter der Deckenleuchte hindurch. Prentiss hatte ihm einmal erklärt (nach einigen Gläsern Graf), er hätte in der Basketball-Liga einen verdammt guten Center abgegeben. »Das erste nur aus Taheen bestehende Team«, hatte er gesagt. »Man würde euch The Freaks nennen – aber wenn schon.«
»Diese Basketballspieler, bekommen sie das Beste von allem?«, hatte Finli sich erkundigt. Er hatte einen glatten Wieselkopf und große schwarze Augen. Nicht ausdrucksvoller als Puppenaugen, wie Pimli fand. Er trug eine Menge Goldketten – die waren in den letzten Jahren beim Personal des Blauen Himmels in Mode gekommen, und inzwischen hatte sich ein reger Handel mit ihnen entwickelt. Und er hatte sich den Schwanz kupieren lassen. Wahrscheinlich sei das ein Fehler gewesen, hatte er Prentiss eines Nachts einmal anvertraut, als sie beide betrunken gewesen waren. Unglaublich schmerzhaft und ein sicheres Mittel, nach seinem Tod in die Hölle der Finsternis verbannt zu werden, es sei denn …
Es sei denn, es gab kein Leben nach dem Tod. Das war eine Vorstellung, die Pimli geradezu inbrünstig mit Herz und Verstand leugnete, aber er wäre ein Lügner, wenn er nicht zugeben würde (zumindest sich selbst gegenüber), dass die Sache ihn manchmal in den stillen Nachtstunden verfolgte. Gegen solche Gedanken halfen Schlaftabletten. Und natürlich Gott. Sein Glaube daran, dass alle Dinge Gott dienten, sogar der Turm selbst.
Jedenfalls hatte Pimli bestätigt, dass Basketballspieler – zumindest amerikanische Basketballspieler – von allem das Beste bekämen, auch mehr Muschis als eine gottverdammte Klobrille. Über diesen Vergleich hatte Finli lachen müssen, bis ihm rötliche Tränen aus den Winkeln seiner merkwürdig
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