Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
auch nicht. »Irgendetwas dort draußen ist giftig, mehr weiß ich nicht«, sagte er. »Ich habe Finli einmal danach gefragt, und er hat gesagt, im dortigen Sektor habe es früher einmal Fabriken gegeben. Irgendwas mit Positronics. Kennst du den Namen?«
»Ja. Aber wer ist Finli?«
»Finli o’ Tego. Unser Sicherheitschef, Prentiss’ rechte Hand, auch als das Wiesel bekannt. Ein Taheen. Wer dort unten irgendwas verwirklichen will, muss sich an Finli wenden, damit es funktioniert. Und er macht’s einem nicht leicht. Ihn tot vor mir liegen zu sehen wäre ein Gefühl wie an Weihnachten. In Wirklichkeit heiße ich übrigens Richard Earnshaw. Freut mich echt, dich kennen zu lernen.« Er streckte die Hand aus. Eddie schüttelte sie.
»Ich bin Eddie Dean. Hier draußen westlich des Pecos als Eddie von New York bekannt. Die Frau ist Susannah. Meine Ehefrau.«
Dinky nickte. »Aha. Und der Junge ist Jake. Ebenfalls aus New York.«
»Jake Chambers, genau. Hör zu, Rich …«
»Ach, das ist vergebene Liebesmüh«, sagte er lächelnd. »Ich bin jetzt wohl schon zu lange Dinky, um mich noch mal umzugewöhnen. Ich hätte es sowieso schlimmer treffen können. Im Supr Savr Supermarket, in dem ich einige Zeit gejobbt habe, hatte ich mal einen Kollegen, so Mitte zwanzig, der war als ›JJ the Fucking Blue Jay‹ bekannt. So wird der Ärmste noch heißen, wenn er achtzig ist und einen Pissbeutel mit sich herumträgt.«
»Wenn wir nicht tapfer sind, Glück haben und schön brav sind«, sagte Eddie, »wird niemand mehr achtzig. Weder auf dieser noch auf irgendeiner anderen Welt.«
Dinky wirkte erst erschrocken, dann bedrückt. »Da hast du nicht ganz Unrecht.«
»Um den Kerl da, den Roland von früher kennt, sieht es ziemlich schlecht bestellt aus«, sagte Eddie. »Hast du seine Augen gesehen?«
Dinky nickte und wirkte jetzt noch trübseliger als zuvor. »Die kleinen Blutungen im Weißen heißen Petechien, glaube ich. Oder so ähnlich.« Dann fügte er in entschuldigendem Ton etwas hinzu, was Eddie unter den herrschenden Umständen ziemlich grotesk fand: »Ich weiß nicht, ob ich das richtig ausspreche.«
»Mir ist s egal, wie du sie nennst – die sind jedenfalls nicht gut. Und dieser Anfall, den er da hingelegt hat …«
»Nicht sehr nett ausgedrückt«, sagte Dinky.
Auch das war Eddie scheißegal. »Hat er schon früher welche gehabt?«
Dinky brach den Blickkontakt ab und starrte stattdessen seine Füße an, mit denen er herumscharrte. Eddie fand, dass das Antwort genug war.
»Wie viele Male?« Eddie hoffte, dass seine Stimme nicht so entsetzt klang, wie er sich fühlte. Das Weiße von Sheemies Augen wies genügend punktförmige Blutungen auf, um so auszusehen, als hätte jemand Paprika hineingestreut. Von den größeren Gerinnseln in den Augenwinkeln ganz zu schweigen.
Noch immer ohne ihn anzusehen, hob Dinky vier Finger.
»Viermal?«
»Ja«, sagte Dinky. Er begutachtete weiter seine improvisierten Mokassins. »Seit der Zeit, als er Ted ins Connecticut des Jahres 1960 geschickt hat. Als ob dabei in seinem Inneren irgendetwas geplatzt wäre.« Er sah auf und lächelte gequält. »Als wir drei gestern ins Devar zurückgekehrt sind, ist er jedenfalls nicht ohnmächtig geworden.«
»Augenblick, ich möchte nur sichergehen, dass ich das richtig mitbekommen habe. Im Gefängnis dort unten gibt’s für euch Kerle alle möglichen lässlichen Sünden, aber nur eine Todsünde: Teleportation.«
Dinky dachte darüber nach. Für Taheen und Can-Toi waren die Vorschriften bestimmt nicht so liberal gehalten; sie konnten wegen aller möglichen Vergehen, darunter Straftatbestände wie Fahrlässigkeit, absichtliches Ärgern der Brecher und gelegentliche Grausamkeiten ihnen gegenüber ins Exil geschickt oder einer Leukotomie unterzogen werden. Einmal – so hatte er sich erzählen lassen – war ein Brecher sogar von einem niederen Mann vergewaltigt worden, der dem vorigen Oberaufseher daraufhin ernsthaft erklärt haben soll, das sei Bestandteil seines Werdens – der Scharlachrote König persönlich sei ihm im Traum erschienen und habe ihn angewiesen, das zu tun. Dafür war der Can-Toi zum Tod verurteilt worden. Die Brecher waren eingeladen worden, der Hinrichtung (durch einen einzigen Revolverschuss in den Kopf bewirkt) mitten auf der Hauptstraße von Pleasantville beizuwohnen.
Dinky erzählte Eddie davon und gestand dann ein, dass zumindest für die Insassen Teleportation die einzige Todsünde sei. Jedenfalls die einzige, die er
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