Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
meinetwegen keine Sorgen.«
»Ich mache mir keine«, sagte Roland, und Jake stellte fest, dass er gegen die Versuchung ankämpfen musste, im Kopf seines Dinhs nachzusehen, ob das auch wirklich stimmte. Er fand aber noch immer, dass Gedankenlesen eine schlechte Idee war – und das nicht nur, weil es unhöflich war. Misstrauen konnte leicht wie Säure wirken. Ihr Ka-Tet war schon so zerbrechlich genug, und vor ihnen lag noch viel Arbeit.
»Gut«, sagte Jake. »Das ist gut.«
»Gut!«, bestätigte Oy in so herzhaftem Das-wäre-also-erledigt-Ton, dass beide grinsen mussten.
»Wir wissen, dass er hier ist«, sagte Roland, »aber er weiß wahrscheinlich nicht, dass wir das wissen. Unter den gegenwärtigen Umständen gibt’s für uns keine bessere Lösung.«
Jake nickte. Bei diesem Gedanken war ihm etwas wohler.
Als sie zur Höhle zurückkehrten, kam Susannah im gewohnten raschen Kriechtempo zum Eingang. Sie schnüffelte in die Luft und verzog dann das Gesicht. Als sie die beiden sah, wurde die Grimasse zu einem Lächeln. »Ich sehe gut aussehende Männer! Wie lange seid ihr schon auf, Jungs?«
»Noch nicht lange«, sagte Roland.
»Und wie geht’s dir?«
»Gut«, antwortete Roland. »Ich bin mit Kopfschmerzen aufgewacht, aber jetzt sind sie fast verschwunden.«
»Wirklich?«, fragte Jake.
Roland nickte und drückte die Schulter des Jungen.
Susannah fragte die beiden, ob sie hungrig seien. Roland nickte. Jake ebenfalls.
»Na, dann kommt rein«, sagte sie. »Wir wollen mal sehen, was sich dagegen tun lässt.«
3
Susannah kramte Eipulver und Büchsen mit Cornedbeef der Marke Prudence aus den Vorräten hervor. Eddie entdeckte einen Dosenöffner und einen kleinen Gasgrill. Nachdem er eine Zeit lang vor sich hingemurmelt hatte, schaffte er es, ihn in Gang zu setzen, und war nur wenig erstaunt, als der Gasgrill auf einmal zu reden begann.
»Hallo! Ich bin zu drei Vierteln mit Gamry-Flüssiggas gefüllt, das Wal-Mart, Burnaby’s und andere gute Geschäfte führen. Wer auf Gamry besteht, verlangt Qualität! Ziemlich dunkel hier drinnen, was? Kann ich Ihnen mit Rezepten oder Kochzeiten behilflich sein?«
»Du kannst mir behilflich sein, indem du die Klappe hältst«, sagte Eddie, worauf der Grill stumm blieb. Eddie fragte sich, ob er das Gerät beleidigt hatte, und überlegte dann, ob er deshalb vielleicht Selbstmord verüben sollte, um die Welt von einem Problem zu befreien.
Roland öffnete vier Dosen Pfirsiche, roch daran und nickte. »In Ordnung, glaube ich«, sagte er. »Süß.«
Sie waren eben mit dieser Mahlzeit fertig, als die Luft vor dem Höhleneingang auf einmal zu schimmern begann. Im nächsten Augenblick erschienen Ted Brautigan, Dinky Earnshaw und Sheemie Ruiz. In ihrer Begleitung befand sich der Rod, den sie auf Rolands Wunsch mitgebracht hatten. Er trug eine ausgebleichte und zerfetzte Latzhose und wirkte unterwürfig und sehr verängstigt.
»Kommt rein und esst mit«, sagte Roland freundlich, als wäre ein aus der Luft aufgetauchtes Quartett von Teleportern etwas Alltägliches. »Es gibt reichlich.«
»Wir sollten das Frühstück vielleicht lieber auslassen«, sagte Dinky. »Wir haben nicht viel Z …«
Bevor er ausreden konnte, gaben Sheemies Knie nach, und er brach am Höhleneingang zusammen. Er verdrehte die Augen, sodass nur noch das Weiße sichtbar war, und zwischen seinen aufgesprungenen Lippen quoll dünner, schaumiger Speichel hervor. Er begann, zu zittern und zu zucken, und trat dabei so krampfartig mit den Beinen um sich, dass er mit den Gummimokassins Furchen in den Gesteinsschutt kratzte.
Kapitel X
D AS LETZTE P ALAVER (S HEEMIES T RAUM )
1
Was als Nächstes kam, konnte man nicht als Tumult bezeichnen, wie Susannah fand; um einen solchen Zustand herbeizuführen, brauchte man bestimmt mindestens ein Dutzend Leute, und sie waren nur zu siebt. Zu acht, wenn man den Rod mitzählte, was man eigentlich auch tun musste, war er doch für einen wesentlichen Teil des Aufruhrs verantwortlich. Sobald er Roland sah, fiel er auf die Knie, hob die Hände wie ein Footballschiedsrichter, der einen erfolgreichen Zusatzversuch signalisierte, über den Kopf und verbeugte sich in schneller Folge. Jede Abwärtsbewegung fiel so extrem aus, dass er mit der Stirn auf den Höhlenboden schlug. Gleichzeitig brabbelte er aus voller Lunge etwas in seiner seltsamen, vokalreichen Sprache. Während er diese Turnübungen vollführte, ließ er Roland keine Sekunde aus den Augen. Susannah hatte
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