Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
Unterbrechung geduldig hin. »Sagt Gott-Bombe!«
»Die seit kurzem bestehende Freundschaft meines Vaters mit Reverend Harrigan, der unten vor dem Eingang Hof hält, ist kein Höhepunkt meines Lebens«, sagte Marian seufzend, »aber lassen wir das jetzt. Also, hast du die Plakette gelesen, Roland?«
Er nickte. Nancy Deepneau hatte dafür ein anderes Wort – Schild oder Sigul – gebraucht, aber er verstand, dass beide das Gleiche bezeichneten. »Das Geschriebene hat sich in Große Buchstaben verwandelt. Ich konnte sie sehr wohl lesen.«
»Und was steht darauf?«
»GESTIFTET VON DER TET CORPORATION ZUR ERINNERUNG AN EDWARD CANTOR DEAN UND JOHN ›JAKE‹ CHAMBERS.« Er machte eine Pause. »Darunter steht: ›Cam-a-cam-mal, Pria-toi, Gan delah‹, was man mit WEISS ÜBER ROT, SO WILL GOTT ES EWIGLICH übersetzen könnte.«
»Und für uns bedeutet es: GUT ÜBER BÖSE, DAS IST DER WILLE GOTTES«, sagte Marian.
»Lobet den Herrn!«, sagte Moses Carver und stieß mit seinem Krückstock auf den Teppichboden. »Auf dass die Prim sich erhebe!«
Dann wurde pflichtschuldigst angeklopft, und die Vorzimmerfrau kam mit einem Silbertablett herein. Roland stellte fasziniert fest, dass vor ihren Lippen ein kleiner schwarzer Knopf hing, dessen schmaler schwarzer Bügel in ihrem Haar verschwand. Bestimmt irgendeine Art Fernsprechgerät. Nancy Deepneau und Marian Carver halfen ihr dabei, dampfenden Tee und Kaffee, Schalen mit Zucker und Honig und ein Sahnetöpfchen aufzudecken. Auf dem Tablett stand auch ein Teller mit Sandwiches, bei dessen Anblick Roland der Magen knurrte. Er musste unwillkürlich an seine Freunde unter der Erde denken – für sie gab es keine Popkins mehr –, aber auch an Irene Tassenbaum, die in dem kleinen Park auf der gegenüberliegenden Straßenseite saß und geduldig auf ihn wartete. Beide Gedanken hätten ihm eigentlich den Appetit verderben müssen, aber sein Magen machte sich erneut unverschämt bemerkbar. Manche Teile des Menschen besaßen kein Gewissen – das war eine Tatsache, die ihm irgendwie schon seit seiner Kindheit bewusst war. Er nahm sich einen Popkin, kippte einen gehäuften Löffel Zucker in seinen Tee und tat obendrein Honig dazu. Er würde sich hier so kurz wie möglich aufhalten und möglichst bald zu Irene zurückkehren, aber bis dahin …
»Wohl bekomm’s, Sir«, sagte Moses Carver und blies über seine Kaffeetasse hinweg. »Freu dich, Gurgel, ein Platzregen kommt! Heißa!«
»Dad und ich haben ein Haus auf Montauk Point«, sagte Marian, während sie Sahne in ihren Kaffee tat, »und wir waren am vergangenen Wochenende draußen. Am Samstagnachmittag gegen Viertel nach fünf hat mich einer der hiesigen Wachleute angerufen. Eigentlich entlohnt sie zwar die Hammarskjöld-Plaza-Verwaltungsgesellschaft, aber die Tet Corporation legt noch einen Bonus drauf, damit wir … bestimmte interessante Dinge erfahren, sagen wir mal … sobald sie sich ereignen. Als nun der 19. Juni näher rückte, haben wir die Plakette in der Eingangshalle gespannt beobachtet, Roland. Wärst du überrascht zu hören, dass der Text bis gegen Viertel nach fünf an diesem Tag GESPENDET VON DER TET CORPORATION ZU EHREN DER BALKEN-FAMILIE UND ZUR ERINNERUNG AN GILEAD gelautet hat?«
Roland überlegte, trank einen kleinen Schluck von seinem Tee (der heiß und stark und gut war) und schüttelte dann den Kopf. »Nein.«
Marian beugte sich mit glitzernden Augen nach vorn. »Und weshalb?«
»Weil bis zu diesem Zeitpunkt am Samstagnachmittag alles in der Schwebe war. Obwohl den Brechern das Handwerk gelegt worden war, blieb alles in der Schwebe, bis Stephen King gerettet war.« Er sah die drei nacheinander an. »Ihr wisst doch von den Brechern?«
Marian nickte. »Nicht im Detail, aber wir wissen, dass der Balken, an dessen Zerstörung sie gearbeitet haben, jetzt vor ihnen sicher ist und auch nicht so schwer beschädigt, dass er sich nicht regenerieren könnte.« Sie zögerte, dann fügte sie hinzu: »Und wir wissen von deinem Verlust. Von beiden Verlusten. Unser herzliches Beileid, Roland.«
»Diese Jungs sind in Jesu Armen geborgen«, sagte Marians Vater. »Und selbst falls sie ’s nicht sind, sind sie auf der Lichtung zusammen.«
Roland, der das ebenfalls glauben wollte, nickte dankend. Dann wandte er sich wieder Marian zu. »Die Sache mit dem Schriftsteller war sehr knapp. Er ist verletzt, schwer verletzt. Jake ist gestorben, um ihn zu retten. Er hat sich zwischen King und das Van-Mobil geworfen, das ihm den
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