Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
etwas normaleren Rechercheuren, die hier in diesem Gebäude für uns arbeiten. Sie nennen sich ›Calvins‹, aber das hat nichts mit Glaubensdingen zu tun. Vielleicht ist es ja eine kleine Hommage an Mr. Tower, der vor neun Jahren in seinem neuen Antiquariat einem Herzschlag erlegen ist. Möglicherweise ist es aber auch nur ein Scherz.«
»Ein schlechter, wenn’s so wäre«, knurrte Moses Carver.
»Und dazu noch zwei weitere Geschenke … von uns. Von Nancy, von mir, von meinem Dad und einem, der nicht mehr unter uns weilt. Also, willst du dich nicht noch mal kurz hinsetzen?«
Und obwohl Roland es eilig hatte, kam er ihrer Aufforderung nach. Das erste Mal seit Jakes Tod machte sich ein anderes echtes Gefühl als Trauer in ihm bemerkbar.
Neugier.
11
»Zuerst die Nachrichten von unseren Leuten in New Mexico«, begann Marian, nachdem Roland sich wieder hingesetzt hatte. »Sie haben euch so gut wie möglich beobachtet, und obwohl sie die Ereignisse in Donnerschlag nur schemenhaft wahrgenommen haben, sind sie der Überzeugung, dass Eddie noch kurz vor seinem Tod Jake Chambers etwas – vielleicht etwas Wichtiges – mitgeteilt hat. Vermutlich, als er auf der Straße gelegen hat, bevor er … ich weiß nicht …«
»Bevor er ins Zwielicht eingetreten ist?«, schlug Roland vor.
»Ja«, stimmte Nancy Deepneau zu. »Das glauben wir. Beziehungsweise sie glauben das. Unsere Version der Brecher.«
Marian bedachte sie mit einem missmutigen Stirnrunzeln, was vermuten ließ, dass hier eine Dame saß, die sich nicht gern unterbrechen ließ. Dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder Roland zu. »Dinge auf dieser Seite zu sehen fällt unseren Leuten leichter, und einige von ihnen sind sich recht sicher – nicht hundertprozentig, aber doch ziemlich –, dass wiederum auch Jake diese Nachricht vor seinem Tod weitergegeben haben dürfte.« Sie machte eine Pause. »Diese Frau, mit der du reist, Mrs. Tannenbaum …«
»Tassenbaum«, verbesserte Roland sie. Das tat er, ohne sich dessen groß bewusst zu sein, weil sein Verstand anderweitig beschäftigt war. Er arbeitete auf Hochtouren.
»Nun gut, Tassenbaum«, sagte Marian. »Sie hat dir bestimmt schon einen Teil von dem erzählt, was Jake ihr vor seinem Tod anvertraut hat, aber es könnte noch mehr geben. Nicht etwas, was sie wissentlich zurückhält, sondern etwas, was sie nicht als wichtig erkannt hat. Du musst sie noch mal auffordern, alles zu wiederholen, was Jake zu ihr gesagt hat, bevor du dich von ihr verabschiedest.«
»Ja, das werde ich«, sagte Roland, und das würde er natürlich auch tun, aber er glaubte eigentlich nicht, dass Jake irgendwie Eddies Nachricht an Mrs. Tassenbaum weitergegeben hatte. Nein, nicht ihr hatte er das anvertraut. Er merkte, dass er kaum mehr an Oy gedacht hatte, seit sie Irenes Wagen abgestellt hatten, aber Oy war natürlich bei ihnen; er würde jetzt zu Irenes Füßen liegen, während sie in dem kleinen Park auf der anderen Straßenseite saß, in der Sonne liegen und auf ihn warten.
»Abgemacht«, sagte er. »Das wäre also das. Bitte weiter.«
Marian zog die breite mittlere Schublade ihres Schreibtischs auf und entnahm ihr einen Luftpolsterumschlag und ein kleines Holzkästchen. Den dicken Umschlag gab sie Nancy Deepneau. Das Kästchen stellte sie vor sich hin.
»Jetzt ist Nancy an der Reihe«, sagte sie. »Und ich möchte dich bitten, es kurz zu machen, Nancy, weil dieser Mann es bekanntlich sehr eilig hat, weiterzukommen.«
»Und wie!«, sagte Moses und stieß den Krückstock auf.
Nancy sah von Marian zu Roland hinüber … zumindest ungefähr in seine Richtung. Dabei errötete sie und machte einen leicht verwirrten Eindruck. »Stephen King«, begann sie, dann räusperte sie sich und wiederholte den Namen des Schriftstellers. Danach schien sie nicht weiterzuwissen. Stattdessen errötete sie noch mehr.
»Tief einatmen«, forderte Roland sie auf, »und die Luft anhalten.«
Sie tat wie geheißen.
»Jetzt langsam ausatmen.«
Auch das tat sie.
»Jetzt erzählen Sie mir, was Sie zu sagen haben, Nancy, Großnichte des Aaron.«
»Stephen King hat fast vierzig Bücher geschrieben«, sagte sie, und obwohl ihre Wangen gerötet blieben (Roland vermutete, dass er den Grund dafür bald genug erfahren würde), war ihre Stimme jetzt ruhiger. »Erstaunlich viele davon, selbst die allerersten, enthalten irgendeine Anspielung auf den Dunklen Turm. Als ob King sich von Anfang an stets mit ihm beschäftigt hätte.«
»Ihr sprecht,
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