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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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tut, aber es war so merkwürdig, dass Jake auf diese Weise gestorben ist. Jake kommt in allen seinen Notizen vor, was nicht sonderlich überraschend ist, weil Jake ja auch bis ganz zum Schluss dabei sein sollte. Eigentlich sollten das sogar alle. Natürlich steht keine Geschichte, außer einer schlechten, die von vornherein eine Totgeburt war, jemals völlig unter Kontrolle des Autors, aber diese hier ist so außer Kontrolle geraten, dass es schon lächerlich ist. Er kommt sich wirklich eher so vor, als würde er ein Schauspiel beobachten – oder ein Lied hören –, anstatt eine verdammte erfundene Story zu schreiben.
    Er beschließt, sich als Mittagsimbiss ein Erdnussbuttersandwich mit Gelee zu machen und die ganze verdammte Sache bis morgen zu vergessen. Heute Abend wird er ins Kino gehen, um sich den neuen Clint-Eastwood-Film Blood Work anzusehen, und froh sein, irgendwohin fahren, irgendetwas tun zu können. Morgen wird er wieder an seinem Schreibtisch sitzen, und vielleicht schlüpft irgendetwas aus dem Film in das Buch hinüber – zumindest hatte Roland ja anfangs auch viel von Clint Eastwood, von Sergio Leones »Mann ohne Namen«.
    Und … weil wir gerade von Büchern sprechen …
    Auf dem Couchtisch liegt eines, das erst heute Morgen per FedEx aus seinem Büro in Bangor gekommen ist: Das gesamte dichterische Werk Robert Brownings. Es enthält natürlich »Herr Roland kam zum finstern Turm«, das erzählende Gedicht, das die Grundlage von Kings langer (und anstrengender) Erzählung ist. Plötzlich hat er eine Idee, die auf sein Gesicht einen Ausdruck treten lässt, der nur knapp kein regelrechtes Lachen ist. Als könnte Marlowe seine Gefühle lesen (und vielleicht kann er das auch; King hat schon immer vermutet, dass Hunde erst vor kurzem aus jenem großen Ich-weiß-genau-was-du-empfindest-Land Empathica emigriert sind), scheint sein eigenes teuflisches Grinsen nun noch breiter zu werden.
    »Es gibt nur einen Platz für das Gedicht, alter Junge«, sagt King und wirft das Buch wieder auf den Couchtisch. Es ist ziemlich dick und landet mit dumpfem Aufprall. »Nur einen einzigen Platz.« Dann vergräbt er sich tiefer in den Sessel und schließt die Augen. Will bloß ein paar Minuten lang so dasitzen, denkt er und weiß, dass er sich selbst täuscht, dass er fast sicher einnicken wird. Wie er’s jetzt auch tut.

 
     
     
     
     
     
    T EIL V IER
     
     
     
    D IE W EISSEN L ANDE V ON E MPATHICA
     
    DANDELO

Kapitel I
    D AS L EBEWESEN UNTER DEM S CHLOSS
    1
     
    Und wirklich, im Erdgeschoss der Experimentalstation fanden sie unweit des Bettensaals eine größere Küche mit anschließender Speisekammer. Sie entdeckten auch noch etwas: das Büro von Sai Richard P. Sayre, ehemals Generalbevollmächtigter des Scharlachroten Königs, jetzt dank Susannahs schneller Rechter auf der Lichtung am Ende des Pfades. Auf Sayres Schreibtisch lagen erstaunlich vollständige Dossiers über alle vier Revolvermänner. Sie beseitigten diese, indem sie sie einfach in den Aktenvernichter steckten. Die Ordner enthielten Fotos von Eddie und Jake, deren Anblick einfach zu schmerzlich war. Bloße Erinnerungen waren besser.
    In Sayres Büro hingen zwei gerahmte Ölgemälde. Eines davon zeigte einen kräftigen, gut aussehenden, lächelnden Jungen. Er hatte keine Oberbekleidung an, war barfuß, hatte zerzaustes Haar und trug nur Jeans und eine Dockerschlinge. Er schien ungefähr in Jakes Alter zu sein. Dieses Porträt hatte eine etwas unangenehme Sinnlichkeit an sich. Susannah vermutete, dass der Maler, Sai Sayre oder beide zur Lavendelhügel-Bande gehört haben könnten, wie Homosexuelle manchmal im Village umschrieben wurden. Das Haar des Jungen war schwarz. Die Augen waren blau. Die Lippen waren rot. Er hatte eine weißliche Narbe an der Seite und an der linken Ferse ein Muttermal, das so hochrot wie seine Lippen war. Vor ihm lag ein verendetes schneeweißes Pferd. An seinen gefletschten Zähnen klebte Blut. Der durch das Mal gezeichnete linke Fuß des Jungen ruhte auf der Flanke des Pferdes, und seine Lippen waren zu einem triumphierenden Lächeln verzogen.
    »Das ist Llamrei, Arthur Elds Streitross«, sagte Roland. »Das Bild des Pferdes wurde auf Gileads Standarten in die Schlacht getragen und war das Sigul für ganz Innerwelt.«
    »Diesem Bild nach siegt also der Scharlachrote König?«, fragte Susannah. »Oder zumindest sein Sohn Mordred?«
    Roland zog die Augenbrauen hoch. »Dank John Farson haben die Männer des Scharlachroten

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