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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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drei Jahren den Lehrerberuf auf und wechselte ins Showgeschäft.
    »Habt Ihr gesungen oder getanzt?«, wollte Roland wissen.
    »Weder noch«, sagte Joe. »Ich bin mit dem alten Stand-up auf Tournee gegangen.«
    »Stand-up?«
    »Er meint, dass er ein Komiker war«, sagte Susannah. »Er hat Witze erzählt.«
    »Richtig!«, bestätigte Joe fröhlich. »Und manche Leute haben sie sogar für komisch gehalten. Aber die waren natürlich in der Minderheit.«
    Er fand einen Impresario, der mit seiner früheren Firma, einem Discountladen für Herrenbekleidung, Pleite gemacht hatte. Eines habe zum anderen geführt, sagte er, auch ein Engagement habe zum anderen geführt. Nach einiger Zeit trat er in zweit- und drittklassigen Nachtclubs in ganz Amerika auf, war mit einem verbeulten, aber zuverlässigen Ford-Pick-up unterwegs und fuhr dorthin, wo Shantz, sein Impresario, ihn hinschickte. An Wochenenden arbeitete er fast nie; an Wochenenden wollten selbst die drittklassigen Clubs lieber Rock-Bands buchen.
    Das war in den späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahren, und damals hatte es keinen Mangel an »aktuellem Material« gegeben, wie Joe es nannte: Hippies und Yippies, BH-Verbrennerinnen und Black Panthers, Filmstars und wie immer Politiker – aber er selbst war immer mehr der traditionelle Komiker gewesen, der Witze erzählte. Sollten Mort Sahl und George Carlin sich auf die aktuelle Masche verlegen, wenn sie wollten; Joe Collins würde bei Weil wir gerade von meiner Schwiegermutter reden … und Viele Leute halten unsere polnischen Freunde für dumm, aber da will ich Ihnen mal was von diesem irischen Mädchen erzählen, das ich neulich kennen gelernt habe … bleiben.
    Während seiner Erzählung kam es zu einer seltsamen (und – zumindest für Susannah – ziemlich ergreifenden) Verwandlung. Joes Mittwelt-Akzent mit all dem yar und nay und wenns beliebt wurde kaum merklich zu einem Akzent, den sie nur als Klugscheißer-Amerikanisch bestimmen konnte. Sie erwartete ständig, dass er bird als boid und heard als hoid aussprechen würde, aber das kam vermutlich nur daher, weil sie so lange mit Eddie zusammen gewesen war. Vermutlich war Joe Collins einer jener seltenen Imitatoren, deren Stimme das akustische Gegenstück zu Plastilin war und flüchtige Eindrücke aufnahm, die sich bald wieder verloren. Trat er in einem Brooklyner Club auf, sprach er vermutlich tatsächlich von boid und hoid; in Pittsburgh würde es dagegen burrd und hurrd heißen, und aus dem Supermarkt Giant Eagle würde Jaunt Iggle werden.
    Roland unterbrach ihn ziemlich bald, um zu fragen, ob ein Komiker so etwas wie ein Hofnarr sei, worauf der Alte herzlich lachte. »Genau! Statt des Königs und der Höflinge müssen Sie sich nur einen Haufen Leute vorstellen, die mit Drinks in der Hand in einem verrauchten Raum sitzen.«
    Roland nickte lächelnd.
    »Als Komiker durch den Mittelwesten zu touren und pro Ort jeweils nur einen Abend aufzutreten hat auch seine Vorteile«, sagte der Alte. »Wenn man beispielsweise in Dubuque floppt, passiert nicht mehr, als dass man statt fünfundvierzig nur zwanzig Minuten lang auftritt, und dann geht’s in die nächste Stadt weiter. In Mittwelt gibt’s vermutlich Orte, an denen man riskiert, für schlechte Witze geköpft zu werden.«
    Daraufhin brach der Revolvermann in Lachen aus, ein Geräusch, das Susannah noch immer verblüffen konnte (obwohl sie selbst lachte). »Ihr sprecht wahrhaftig, Joe.«
    Im Sommer 1972 war Joe einmal in Cleveland in dem Nachtclub Jango’s unweit des Ghettos aufgetreten. Roland unterbrach ihn wieder; diesmal wollte er wissen, was ein Ghetto sei.
    »Was Hauck betrifft«, sagte Susannah, »bezeichnet das einen Teil der Stadt, in dem die Bewohner überwiegend schwarz und arm sind und die Cops die Angewohnheit haben, ihre Knüppel zu schwingen und dann erst Fragen zu stellen.«
    »Bing!«, rief Joe und klopfte sich mit den Fingerknöcheln an die Stirn. »Hätte ich nicht besser erklären können!«
    Draußen vor dem Haus erklang wieder dieser eigentümlich kleinkindartige Schrei, obwohl diesmal der Wind gerade für einen Augenblick abgeflaut war. Susannah sah zu Roland hinüber, aber falls der Revolvermann etwas gehört hatte, ließ er sich nichts anmerken.
    Es muss der Wind gewesen sein, sagte Susannah sich. Was hätte es denn sonst sein können?
    Mordred, antwortete ihr Verstand flüsternd. Mordred, der dort draußen beinahe erfriert. Mordred, der draußen fast stirbt, während wir hier mit unserem

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