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Der Dunkle Turm 7 - Der Turm

Titel: Der Dunkle Turm 7 - Der Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: King Stephen
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das taten, spürte Roland, wie etwas schüchtern die Seite seiner Versehrten rechten Hand berührte. Er sah zu Patrick hinüber. Der stumme Junge erwiderte seinen Blick unruhig und lächelte bemüht. Roland ergriff seine Hand, und auf diese Weise überschritten sie gemeinsam den Hügelrücken.
    Unter ihnen lag eine weite rote Fläche, die sich nach allen Richtungen bis zum Horizont erstreckte. Mitten hindurch führte die Straße als ein schnurgerader staubiger weißer Strich von ungefähr dreieinhalb Metern Breite. In der Mitte des Rosenfeldes erhob sich der rußig-dunkelgraue Turm, stand dort genau wie in Rolands Träumen; die Fenster glänzten in der Sonne. Dort teilte sich nun auch die Straße, bildete einen exakten weißen Kreis, der um den Turm herumführte, und verlief dahinter in eine Richtung weiter, die nach Rolands Meinung jetzt nicht mehr Südosten, sondern genau Osten war. Eine weitere Straße kreuzte die Tower Road rechtwinklig: in Nord-Süd-Richtung, wenn seine Annahme zutraf, dass die Kompassrichtungen wieder stimmten. Aus der Vogelschau hätte es ausgesehen, als stünde der Dunkle Turm im Schnittpunkt eines mit Blut ausgefüllten Zielkreuzes.
    »Wir …«, begann Roland, aber dann unterbrach ihn ein gellender Schrei voller Wahnsinn, der von der Brise herangetragen wurde, auf bizarre Weise trotz der meilenweiten Entfernung in unverminderter Lautstärke. Er folgt dem Balken, sagte Roland sich. Und er wird von den Rosen getragen.
    »REVOLVERMANN!«, schrie der Scharlachrote König. »JETZT STIRBST DU!«
    Nun war ein Pfeifen zu hören, anfangs nur dünn, dann anschwellend und wie die schärfste Klinge, die jemals an einem mit Diamantsplittern besetzten Schleifrad geschliffen wurde, durch den vereinten Gesang des Turms und der Rosen schneidend. Patrick stand wie gelähmt da und starrte sprachlos den Turm an; er wäre aus den Stiefeln geblasen worden, wäre Roland nicht gewesen, dessen Reflexe unvermindert frisch waren. Er zog den Jungen, den er weiter an der Hand hielt, mit sich hinter den Steinhaufen der ehemaligen Pyramide. In dem mit Sauerampfer und Stechapfel durchsetzten hohen Gras lagen weitere behauene Steine verborgen; sie stolperten darüber und schlugen schließlich der Länge nach hin. Roland spürte, wie sich ihm die Ecke eines der Steine schmerzhaft in die Rippen bohrte.
    Das Pfeifen stieg weiter an und wurde zu einem ohrenbetäubenden Kreischen. Roland sah etwas Goldenes – einen Schnaatz – in der Luft vorbeiflitzen. Das Geschoss traf den Karren, detonierte und verstreute ihre Gunna nach allen Himmelsrichtungen. Das meiste Zeug landete wieder auf der Straße; Konservenbüchsen ratterten und hüpften über den Belag, einige platzen dabei auf.
    Dann folgte ein hohes, keckerndes Gelächter, bei dem sich Roland die Nackenhaare sträubten; Patrick hielt sich die Ohren zu. Der Wahnsinn in diesem Lachen war fast unerträglich.
    »HERAUS MIT DIR!«, forderte diese ferne, wahnsinnig lachende Stimme. »KOMM HERVOR UND SPIEL MIT, ROLAND! KOMM ZU MIR! WILLST DU NACH ALL DIESEN LANGEN JAHREN NICHT ZU DEINEM TURM KOMMEN?«
    Patrick starrte ihn an; sein Blick wirkte ängstlich und verzweifelt. Er hielt sich den Zeichenblock wie einen Schild an die Brust gepresst.
    Roland spähte vorsichtig um eine Ecke der Pyramide und erkannte auf einem Balkon im zweiten Turmgeschoss genau das, was er auf Sai Sayres Gemälde gesehen hatte: einen roten und drei weiße Kleckse, ein Gesicht und zwei erhobene Hände. Das hier war jedoch kein Gemälde. Eine der Hände schnellte in einer Wurfbewegung nach vorn, und gleich darauf war ein weiteres ansteigendes höllisches Heulen zu hören. Roland wälzte sich hinter die eingestürzte Pyramide zurück. Es folgte eine scheinbar endlos lange Pause, bis der Schnaatz die andere Seite des Steinhaufens traf und detonierte. Die Druckwelle warf sie nach vorn aufs Gesicht. Patrick kreischte vor Entsetzen. Die Steinbrocken spritzten nur so nach allen Seiten. Einige davon fielen auch polternd auf die Straße, allerdings sah Roland keinen der Splitter auch nur eine einzige Rose treffen.
    Der Junge rappelte sich kniend auf und wäre davongerannt – wahrscheinlich zur Straße zurück –, hätte Roland ihn nicht am Kragen der Wildlederjacke gepackt und wieder zu Boden gerissen.
    »Hier passiert uns nichts«, flüsterte er Patrick zu. »Sieh her.« Er griff in ein Loch, das ein herausgefallener Stein hinterlassen hatte, klopfte darin mit dem Fingerknöchel auf etwas, was dumpf nachhallte, und

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