Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
eine unwiderstehliche Macht ihn packte und durch den kalten Regen vorwärts in dieses gleißende, murmelnde Leuchten zog. Einen Augenblick lang nahm er die Umrisse einer Tür wahr. Dann umklammerte er Rolands Hand mit verdoppelter Kraft und schloss die Augen. Der Laubteppich unter seinen Füßen blieb zurück. Sie flogen.
Kapitel VII
W IEDERVEREINIGUNG
1
Flaherty stand an der New York/Fedic-Tür, die durch mehrere Schüsse ein paar Kratzer abbekommen hatte, aber sonst unbeschädigt vor ihnen stand: ein unüberwindbares Hindernis, das der kleine Scheißer irgendwie überwunden hatte. Lamla stand schweigend neben ihm und wartete darauf, dass Flahertys Zorn sich erschöpfte. Auch die anderen warteten – klugerweise ebenfalls schweigend.
Endlich wurden die Fausthiebe, mit denen Flaherty die Tür bearbeitete, schwächer. Er ließ einen letzten Überkopfschlag folgen. Lamla fuhr angesichts des Bluts, das er nun aus den Fingerknöcheln des Humes spritzen sah, zusammen.
»Was?«, sagte Flaherty, der beobachtet hatte, wie er das Gesicht verzog. »Was? Hast du irgendwas zu sagen?«
Lamla waren die hellen Ringe um Flahertys Augen und die hochroten Flecken auf den Wangenknochen nicht ganz geheuer. Am wenigsten gefiel ihm, wie Flahertys Hand sich dem Griff der unter seiner Achsel hängenden Glock näherte. »Nein«, sagte er. »Nein, Sai.«
»Na los, sag schon, was dir auf der Seele liegt, wenn’s beliebt«, drängte Flaherty. Er versuchte zu lächeln, brachte aber nur ein grausiges Feixen zustande – das Grinsen eines Verrückten. Unauffällig, fast ohne ein Rascheln, wichen die anderen zurück. »Andere werden viel zu sagen haben; warum solltest du da nicht den Anfang machen, mein Freundchen? Er ist mir entkommen! Sei der Erste, der mich bekrittelt, du hässlicher Motherfucker!«
Ich bin tot, sagte Lamla sich. Nach einem Leben im Dienst des Königs genügt ein unvorsichtiger Gesichtsausdruck in Gegenwart eines Mannes, der einen Sündenbock braucht, damit ich tot hin.
Er sah sich um, vergewisserte sich, dass keiner der anderen für ihn eintreten würde, und sagte dann: »Flaherty, sollte ich irgendwie Eure Gefühle verletzt haben, tut’s mir auf …«
»Oh, du hast mich verletzt, und wie!«, schrie Flaherty, dessen Bostoner Akzent umso ausgeprägter wurde, je mehr seine Wut sich steigerte. »Ich werde für unseren Misserfolg von heute Abend büßen müssen, aye, aber ich glaube, dass erst mal du dafür bezah …«
Um sie herum war eine Art Keuchen zu hören, so als hätte der Korridor selbst scharf Luft eingesogen. Flahertys Haar und Lamlas Pelz wurden leicht bewegt. Der Trupp aus niederen Männern und Vampiren begann sich umzudrehen. Einer von ihnen, ein Vampir namens Albrecht, schrie plötzlich auf und rannte los, sodass Flaherty nun freie Sicht auf die beiden Neuankömmlinge hatte: zwei Männer mit noch frischen dunklen Flecken von Regentropfen auf Jeans und Stiefeln und Hemden. Vor ihnen lagen von weiten Wegen staubige Gunna, und beide Männer trugen je einen Revolver an der Hüfte. Flaherty sah die Sandelholzgriffe in dem Augenblick, bevor der jüngere der beiden Männer blitzschnell zog, und verstand sofort, warum Albrecht geflüchtet war. Nur bestimmte Männer trugen solche Waffen.
Der Jüngere gab einen einzigen Schuss ab. Albrechts blondes Haar flog wie von einer unsichtbaren Hand geschnippt hoch, dann brach er nach vorn zusammen und löste sich dabei in seiner Kleidung auf.
»Heil, ihr Lehnsmänner des Königs«, sagte der Ältere. Er sprach wie in einem beiläufigen Plauderton. Flaherty – dessen Hände noch bluteten, weil er wie wild gegen die Tür gehämmert hatte, durch die der kleine Rotzlümmel verschwunden war – wurde nicht recht schlau aus dem Mann. Es war der Kerl, vor dem man sie gewarnt hatte, es war eindeutig dieser Roland von Gilead, aber wie kam der so plötzlich hierher – noch dazu in ihrem Rücken? Wie?
Roland musterte sie mit kalten blauen Augen. »Wer von dieser traurigen Bande nennt sich ihr Dinh? Will er uns die Ehre erweisen vorzutreten oder nicht? Nicht?« Sein Blick blieb auf sie gerichtet; seine Linke verließ die Nähe des Revolvers und berührte den Mundwinkel, der sich zu einem sarkastischen kleinen Lächeln verzogen hatte. »Nicht? Schade. Ihr seid also doch Feiglinge, wie ich leider feststellen muss. Ihr würdet einen Priester töten und Jagd auf einen Jungen machen, aber euch nicht zu eurem Tagewerk bekennen. Ihr seid Feiglinge und die Söhne von Feig
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