Der Dunkle Turm 7 - Der Turm
zubereitet hatte, war nirgends eine Spur von Ratten, lebenden oder toten, zu sehen. Niemand äußerte sich dazu.
Susannahs Gefühl, beobachtet zu werden, kam und ging.
Hinter der Speisekammer lag eine hübsche Dreizimmerwohnung, die offensichtlich Nigels kleines Reich war. Hier gab es kein Schlafzimmer, aber außer dem Wohnzimmer und einem mit Überwachungsgeräten voll gestopften Anrichteraum gab es ein adrettes Arbeitszimmer mit wandhohen Bücherregalen, einem Eichenschreibtisch und einem Lesesessel unter einer Halogenlampe. Der Computer auf dem Schreibtisch stammte von North Central Positronics, in dieser Beziehung also keine Überraschung. Nigel brachte ihnen Kissen und Decken, die frisch und sauber waren, wie er ihnen versicherte.
»Du schläfst offenbar im Stehen, aber beim Lesen scheinst du ja wie jeder andere lieber zu sitzen«, meinte Eddie.
»Oh, in der Tat, one-two-three«, sagte Nigel. »Ich lese gern gute Bücher. Das gehört zu meiner Programmierung.«
»Wir werden sechs Stunden schlafen, dann müssen wir weiter«, sagte Roland in die Runde.
Jake hatte sich unterdessen den Büchern gewidmet. Oy blieb wie immer bei Fuß, während der Junge die Rückentitel las und gelegentlich einen Band herauszog, um ihn sich genauer anzusehen. »Er scheint alles von Dickens zu haben«, sagte er. »Auch Steinbeck … Thomas Wolfe … viel von Zane Grey … ein gewisser Max Brand … ein Kerl namens Elmore Leonard … und der immer populäre Stephen King.«
Sie nahmen sich alle die Zeit, sich die beiden Regalbretter mit Büchern von King anzusehen: insgesamt über dreißig, mindestens vier davon sehr dick, zwei dafür winzig. Seit seiner Zeit in Bridgton war King offenbar ein höchst produktiver Autor gewesen. Der neueste Band, der den Titel Atlantis trug, war in einem Jahr erschienen, das ihnen allen sehr vertraut war: 1999. Soweit sie das feststellen konnten, fehlten als einzige die Bücher über sie – unter der Voraussetzung, dass King Wort gehalten und sie überhaupt geschrieben hatte. Jake kontrollierte die Jahreszahlen auf den Impressumsseiten, fand aber keine offensichtlichen Lücken. Was jedoch nichts zu bedeuten hatte, weil King so viel geschrieben hatte.
Susannah befragte Nigel danach, der daraufhin angab, er habe nie irgendwelche Bücher von Stephen King über Roland von Gilead oder den Dunklen Turm gesehen. Nachdem er das gesagt hatte, drehte er den Kopf ruckartig nach links und zählte auf Französisch, diesmal ganz bis zehn.
»Trotzdem«, sagte Eddie, nachdem Nigel sich zurückgezogen und klickend und klackend und ratternd den Raum verlassen hatte, »enthalten die Bücher bestimmt viele Einzelheiten, die nützlich sein könnten. Roland, glaubst du, wir könnten Stephen Kings Werke einpacken und mitnehmen?«
»Möglich«, antwortete Roland, »aber wir tun’s nicht. Sie könnten uns verwirren.«
»Warum sagst du das?«
Roland schüttelte nur den Kopf. Er wusste nicht, warum er das gesagt hatte, wusste aber, dass es stimmte.
4
Das Nervenzentrum der Experimentalstation von Bogen 16 lag vier Ebenen unterhalb des Extraktionsraums, der Küche und Nigels Arbeitszimmer. Die Kontrollzentrale betrat man durch eine kapselförmige Sicherheitsschleuse. Der Vorraum ließ sich von außen nur mit drei Ausweis-Magnetkarten öffnen, die nacheinander eingeführt werden mussten. Die auf dieser untersten Ebene des Dogans von Fedic aus Deckenlautsprechern kommende Muzak klang wie Beatles-Songs, gespielt vom Ensemble »Komatöses Streichquartett«.
Die Kontrollzentrale bestand aus über einem Dutzend Räumen, aber der einzige, mit dem wir uns zu befassen brauchen, war der mit Bildschirmen und Überwachungsgeräten angefüllte Raum. Eines der letzteren Geräte kontrollierte eine kleine, aber bösartige Armee von Killerrobotern, die mit Schnaatzen und Laserpistolen bewaffnet waren; ein anderes sollte Giftgas freisetzen (dasselbe Gas, mit dem Blaine die Einwohner von Lud massakriert hatte), falls jemals eine feindliche Eroberung drohte. Was nach Mordred Deschains Ansicht inzwischen geschehen war. Er hatte versucht, die Killerroboter und die Giftgasventile zu aktivieren; beide hatten nicht reagiert. Und nun hatte Mordred eine blutige Nase, eine blaue Beule auf der Stirn und eine geschwollene Unterlippe, weil er aus dem Sessel gefallen war, in dem er gesessen hatte, und sich auf dem Boden gewälzt hatte. Dabei hatte er dünne, kindliche Schreie ausgestoßen, die in keiner Weise das wahre Ausmaß seines
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