Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
Apparaturen. Hier hatten sie Jake beinahe gefangen, ihn in eine Art Gedankenfalle gelockt, aber Jake war wieder einfallsreich genug und tapfer genug gewesen, um daraus zu entkommen. Er hat alles überlebt bis auf einen Mann, der zu dumm und unachtsam war, um etwas so Einfaches zu schaffen, wie seine Bucka auf einer leeren Straße zu fahren, dachte Roland erbittert. Und den Mann, der ihn hierher gebracht hat – auch diesen Mann nicht. Dann bellte Oy ihn an, und Roland merkte, dass er den armen kleinen Kerl in seinem Zorn auf Bryan Smith (und sich selbst) zu fest gedrückt hatte.
»Erflehe deine Verzeihung, Oy«, sagte er und setzte ihn ab.
Oy trabte weiter, ohne zu antworten, und schon wenig später stieß Roland auf die verstreuten Leichen der Kerle, die seinen Jungen vom Dixie Pig aus verfolgt hatten. Im Staub, der den Boden dieses alten Korridors bedeckte, waren hier auch die Spuren zu sehen, die Eddie und er bei ihrer Ankunft hinterlassen hatten. Roland hörte wieder eine Geisterstimme, diesmal die des Mannes, der die Verwüster angeführt hatte. Ich erkenne Euren Namen an Eurem Gesicht, Euer Gesicht an Eurem Mund. Es ist derselbe wie der Eurer Mutter, die John Farson mit solcher Begeisterung einen geblasen hat …
Roland drehte den Toten (ein Hume namens Flaherty, dessen Da’ ihm Angst vor Drachen eingejagt hatte, wenn der Revolvermann davon gewusst oder etwas darum gegeben hätte … was er nicht tat) mithilfe der Stiefelspitze auf den Rücken und sah auf das starre Gesicht hinab, das bereits von einer Schimmelschicht überzogen war. Neben der Leiche lag der hermelinköpfige Taheen, dessen letzte Worte Dann seid verdammt, Chary-Ka gewesen waren. Und jenseits der aufgehäuften Leichen dieser beiden und ihrer Gefährten befand sich die Tür, durch die er die Fundamentale Welt endgültig verlassen würde. Falls sie noch funktionierte.
Oy trabte darauf zu, setzte sich davor und sah sich dann nach Roland um. Der Bumbler hechelte, aber sein liebenswert teuflisches Grinsen von einst war verschwunden. Roland erreichte die Tür und legte die Hände auf das dicht gemaserte Geisterholz. Tief darunter spürte er schwache Vibrationen. Noch funktionierte sie also, mochte das aber nicht mehr sehr viel länger tun. Er schloss die Augen und dachte daran, wie seine Mutter sich über ihn gebeugt hatte, als er in seinem Bettchen lag (wie lange er die Wiege schon mit dem Kinderbett vertauscht hatte, wusste er nicht, aber es konnte nicht lange gewesen sein), ihr Gesicht buntscheckig von den farbigen Glasfenstern des Kinderzimmers: Gabrielle Deschain, die später durch diese Hände sterben würde, die sie jetzt so leicht und zärtlich mit den eigenen liebkoste; Tochter von Candor dem Großen, Ehefrau von Steven, Mutter von Roland, die ihn in den Schlaf und zu Träumen von jenen Ländern sang, die nur Kinder kennen.
Kleiner Spatz, mach’s mir nicht schwer,
Bring dein kleines Körbchen her.
Schripp und schrapp und schrull,
Und schon ist das Körbchen voll.
So weit bin ich gewandert, dachte er, während er die Hände mit gespreizten Fingern auf der Tür aus Geisterholz liegen hatte. So weit bin ich gewandert, und so viele habe ich unterwegs verletzt, verletzt oder getötet, und was ich gerettet haben mag, ist nur Zufällen zu verdanken und kann meine Seele niemals retten, falls ich denn eine besitze. Trotzdem gibt’s immerhin eines: Ich bin am Beginn der letzten Wanderung angelangt und brauche sie nicht allein hinter mich zu bringen, solange Susannah mich begleiten will. Vielleicht gibt es immer noch genug, um mein Körbchen zu füllen.
»Schrull«, sagte Roland und öffnete die Augen, als die Tür aufging. Er sah Oy flink hindurchschlüpfen. Er hörte das schrille Kreischen des Nichts zwischen den Welten, dann trat er selbst hindurch und zog die Tür schwungvoll hinter sich zu, noch immer ohne einen einzigen Blick zurückzuwerfen.
Kapitel IV
F EDIC ( ZWEI A NSICHTEN )
1
Seht nur, wie hell es hier ist!
Als wir zuvor hier waren, war Fedic schattenlos und trübe gewesen, aber das hatte seinen Grund gehabt: es war nicht das wahre Fedic, sondern nur eine Art Flitzer-Surrogat; ein Ort, den Mia gut kannte, an den sie sich gut erinnerte (genauso wie sie sich der Brustwehr des Schlosses entsann, auf der sie oft gewesen war, bevor die Umstände – in der Person von Walter o’ Dim – ihr einen physischen Leib schenkten) und den sie deshalb in Gedanken wieder erschaffen konnte. Heute ist die verlassene Kleinstadt
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