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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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und verschorfte. Das Einzige, was sie plagte, war die dauernde Kälte, die sich immer tiefer in ihr Innerstes hineinfraß. Der Mond hatte wieder zuzunehmen begonnen, und da wurde ihr auch klar, dass sie nun schon fast einen Monat von Fedic aus nach Südosten zogen.
    Langsam ersetzte ein verfallenes Dorf die phantastischen Gärten aus Felsnadeln, aber Susannah hatte sich zu Herzen genommen, was Roland gesagt hatte: Sie befanden sich weiter im Ödland, und obwohl sie jetzt gelegentlich auf Straßenschilder stießen, die diese Straße als DES KÖNIGS WEG bezeichneten (natürlich mit dem Auge; das rote Auge fehlte nie), war ihr bewusst, dass sie in Wirklichkeit weiter auf der Ödland-Prachtstraße waren.
    Das Dorf war befremdend, und sie konnte sich noch nicht einmal andeutungsweise vorstellen, was für eine sonderbare Spezies hier einst gelebt haben mochte. Die Seitenstraßen waren gepflastert. Die Häuschen waren schmal und steilgieblig; sie besaßen zudem sehr schmale und abnorm hohe Türen, als wären sie für jene lang gezogenen Gestalten erbaut worden, wie man sie in den Zerrspiegeln eines Spiegelkabinetts sehen konnte. Dies waren Lovecraft-Häuser, Clark-Ashton-Smith-Häuser, William-Hope-Hodgson-Grenzlandhäuser, alle unter einer Lee-Brown-Coye-Mondsichel zusammengedrängt: krumme, windschiefe Häuser auf den Hügeln, die sich allmählich zu beiden Seiten der Straße zu erheben begannen. Wo hier und da eines eingestürzt war, hatten die Ruinen ein unangenehm organisches Aussehen angenommen, so als bestünden sie statt aus altem Holz, Dachziegeln und Glas aus zerfetztem und verwesendem Fleisch. Immer wieder bildete Susannah sich ein, in irgendeiner Anordnung aus Brettern und Schatten tote Gesichter zu erkennen: Gesichter, die sich in den Trümmern zu drehen und Rolands und ihren Weg mit grässlichen Zombieaugen zu verfolgen schienen. Sie erinnerten Susannah an den Türsteher in Dutch Hill und ließen sie frösteln.
    In der vierten Nacht auf Des Königs Weg erreichten sie eine große Kreuzung, an der die Hauptstraße krumm abbog und mehr nach Süden als nach Osten – und somit vom Pfad des Balkens weg – weiterführte. Vor ihnen, weniger als einen Nachtmarsch entfernt (oder eine Nachtfahrt weit, wenn man zufällig Ho Fats Luxustaxi benutzte), ragte ein hoher Hügel auf, der von einem riesigen schwarzen Schloss gekrönt wurde. Im schwachen Mondschein wirkte es auf Susannah halbwegs orientalisch. Die Türme waren oben ausgebuchtet, als wünschten sie sich, sie könnten Minarette sein. Phantastische Laufstege spannten sich zwischen ihnen, kreuzten sich über dem Hof vor dem eigentlichen Schloss. Ein paar dieser Laufstege waren eingestürzt, aber die meisten hielten noch. Außerdem konnte sie ein tiefes, dumpfes Brausen hören. Nicht von Maschinen. Sie fragte Roland danach.
    »Wasser«, sagte er.
    »Was für Wasser? Hast du eine Idee?«
    Er schüttelte den Kopf. »Aber selbst wenn ich am Verdursten wäre, würde ich nichts trinken, was so nahe am Schloss vorbeifließt.«
    »Dieser Ort ist des Übels«, murmelte sie und meinte damit nicht nur das Schloss, sondern auch das namenlose Dorf mit den schiefen
    (scheel grinsenden)
    Häusern, die um sie herum aus dem Boden gewachsen waren. »Und noch etwas, Roland – er ist nicht verlassen.«
    »Susannah, wenn du spürst, dass Geister anklopfen, um in deinen Kopf zu gelangen – anklopfen oder sich einschleichen –, dann schick sie einfach fort.«
    »Du glaubst, dass das dann funktioniert?«
    »Das kann ich nicht so genau sagen«, gab er zu, »aber ich habe gehört, dass man solchen Geistern zuerst Zutritt gewähren muss – dass sie es aber verstehen, sich diese Erlaubnis durch allerlei Listen zu erschleichen.«
    Susannah hatte Dracula gelesen und Pere Callahans Geschichte aus Jerusalems Lot gehört, weshalb sie nur zu gut verstand, wie Roland das meinte.
    Er fasste sie sanft an den Schultern und drehte sie von dem Schloss weg – das vielleicht nicht von Natur aus schwarz war, hatte sie sich überlegt, sondern nur im Lauf der Jahre dunkel geworden war. Bei Tageslicht würde das besser zu erkennen sein. Gegenwärtig wurde ihr Weg lediglich von einem Viertelmond erhellt, den immer wieder Wolken verdüsterten.
    Von der Kreuzung, auf der sie Halt gemacht hatten, führten mehrere Straßen ab, von denen die meisten krumm wie gebrochene Finger waren. Die eine, die Roland ihr zeigte, war jedoch schnurgerade, und Susannah wurde klar, dass dies die einzige ganz gerade Straße war,

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