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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zehn bis zwölf Tagesmärsche, aber die braucht ihr keineswegs zu Fuß zurückzulegen, wenn ihr nich wollt. Weil dort eine von denen Positronics-Hütten steht, in der jede Menge kleiner Fahrzeuge geparkt sind. Wie Golfkarren, so sehn sie aus. Ihre Batt’rien sind ’türlich alle leer, aber dort gibt’s ’nen Generator, ’nen Honda genau wie meiner, der bei meim letzten Besuch noch funktioniert hat, weil Bill alles instand hält, soweit er kann. Wenn ihr’s schafft, einen dieser Wagen ’lektrisch aufzuladen … Also, damit würdet ihr eure Reisezeit auf höchstens vier Tage verkürzen. Also, ich denke Folgendes: Wenn ihr die ganze Strecke marschieren müsst, dann kann’s bis zu neunzehn Tagen dauern. Wenn ihr das letzte Teilstück mit einem dieser Summer fahren könnt – so nenn ich sie, Summer, weil sie beim Fahren immer so ein summendes Geräusch machen –, würd ich insgesamt zehn Tage sagen. Vielleicht elf.«
    Nach dieser langen Rede herrschte zunächst Schweigen. Neuerliche Windstöße warfen Schnee ans Fenster, und Susannah hörte wieder etwas, was fast wie ein menschlicher Schrei klang. Zweifellos wurde das Geräusch durch den Wind verursacht, wenn er über Winkel und Kanten strich.
    »Weniger als drei Wochen also, auch wenn wir marschieren müssten«, sagte Roland. Er streckte eine Hand nach der Polaroidaufnahme des dunklen Steinturms vor dem Abendhimmel aus, berührte sie aber nicht ganz. Als hätte er Angst, ihn zu berühren, dachte Susannah. »Nach all den Jahren, all den Meilen.«
    Von massenhaft vergossenem Blut ganz zu schweigen, fügte Susannah in Gedanken hinzu, aber das hätte sie nicht einmal gesagt, wenn sie mit ihm allein gewesen wäre. Das war auch nicht nötig; keiner wusste nämlich besser als er, wie viel Blut dafür vergossen worden war. Aber hier stimmte irgendwas nicht ganz. Stimmte nicht oder war effektiv falsch. Und das schien der Revolvermann nicht zu erkennen.
    Sympathie bedeutete, die Gefühle anderer zu respektieren. Empathie bedeutete, sie tatsächlich zu teilen. Weshalb würden die Leute also irgendein Land Empathica nennen?
    Und weshalb würde dieser nette alte Mann in diesem Punkt lügen?
    »Ihr müsst mir etwas erzählen, Joe Collins«, sagte Roland.
    »Aye, Revolvermann, wenn ich kann.«
    »Wart Ihr ganz nahe dran? Habt Ihr seine Steine mit der Hand berührt?«
    Der Alte starrte Roland zunächst an, als hätte er den Verdacht, dieser wolle ihn aufziehen. Als er sah, dass das nicht der Fall war, wirkte er auf einmal eher entsetzt. »Nein«, sagte er, und dabei klang seine Stimme zum ersten Mal so amerikanisch wie Susannahs. »Näher als auf dem Bild hab ich mich nich rangetraut. Bis zum Rand des Rosenfelds. Zweihundert, zweihundertfünfzig Meter vielleicht. Was der Roboter fünfhundert Radbogen nennen würd.«
    Roland nickte. »Und warum nicht?«
    »Weil ich dachte, näher ranzugehen würd mein Tod sein – und ich würd mich nich dagegen wehrn können. Die Stimmen würden mich magisch anziehn. Das hab ich damals gedacht, das denk ich noch heute.«
     
     

7
     
    Nach dem Abendessen – sicher das beste Mahl, das Susannah seit ihrer Entführung in diese andere Welt genossen hatte, und vielleicht sogar das beste ihres ganzen Lebens –, platzte der Pickel neben ihrer Unterlippe weit auf. In gewisser Weise war daran Joe Collins schuld, aber selbst später, als sie viel gegen den alten Bewohner der Odd’s Lane vorzubringen hatten, kreidete sie ihm das nicht an. Es war bestimmt das Letzte gewesen, was er gewollt hätte.
    Es gab Huhn, auf den Punkt richtig gebraten und nach all dem Hirschfleisch besonders schmackhaft. Dazu servierte Joe Kartoffelbrei mit Soße, Preiselbeergelee in dicken roten Scheiben, grüne Erbsen (»Nur aus der Dose, sorry«, erklärte er ihnen) und gekochte Perlzwiebeln in süßer Kondensmilch eingelegt. Als Getränk gab es Eierlikör. Roland und Susannah tranken ihn mit kindlicher Gier, lehnten aber beide den »klitzekleinen Schuss Rum« dankend ab. Oy bekam sein eigenes Essen; Joe machte ihm einen Teller mit Huhn und Kartoffelbrei zurecht und stellte ihn neben dem Herd auf den Fußboden. Oy verputzte alles im Nu, lag dann auf der Schwelle zwischen der Küche und dem kombinierten Speise- und Wohnzimmer, leckte sich die Schnauze, um den letzten Rest Hühnerkleinsoße aus den Schnurrhaaren zu bekommen, und beobachtete dabei die Humes mit gespitzten Ohren.
    »Ich könnte jetzt keine Nachspeise mehr verdrücken, also bieten Sie mir bitte keine an«, sagte

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