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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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bemalten Gesichter starrten abweisend auf sie herab), forderte Roland den Jungen auf, wieder den Karren zu besteigen. Patrick war sichtlich überrascht. Er stieß mehrere trompetende Laute aus, die nach Rolands Ansicht heißen sollten: Bist du denn nicht müde?
    »Doch, aber ich brauche trotzdem einen Anker. Sonst fange ich noch an, kopflos auf den Turm zuzurennen, obwohl ich es eigentlich besser weiß. Wenn mich dann nicht sowieso vor schlichter Erschöpfung der Schlag trifft, köpft der Rote König mich vermutlich mit einem seiner Spielzeuge. Steig auf, Patrick.«
    Patrick gehorchte. Er hockte nach vorn gebeugt auf dem Wagen und hielt das Fernglas an die Augen gepresst.
     
     

4
     
    Drei Stunden später kamen sie am Fuß eines Hügels an, der um einiges steiler als die zuvor war. Dies war, das sagte Rolands Herz ihm, der letzte Hügel. Jenseits davon lag das Can’-Ka No Rey. Rechts voraus auf dem Hügelrücken war von einer kleinen Pyramide nur ein Steinhaufen zurückgeblieben. Er ragte ungefähr zehn Meter hoch auf. Rosen umgaben ihn in einem unregelmäßigen scharlachroten Kreis. Roland fasste ihn als Zwischenziel ins Auge und nahm den Hügel langsam, während er weiterhin den Karren hinter sich herzog. Beim Aufstieg wurde der Dunkle Turm Stück für Stück wieder sichtbar. Mit jedem Schritt wuchs er höher über den Horizont. Nun konnte er die Balkone mit ihren hüfthohen Geländern erkennen. Das Fernglas brauchte er nicht mehr; die Luft war unnatürlich klar. Er schätzte die verbleibende Entfernung auf weniger als fünf Meilen. Vielleicht waren es auch nur noch drei. Ein Stockwerk nach dem anderen baute sich vor seinem ungläubigen Blick auf.
    Unmittelbar vor dem Kamm des letzten Hügels, etwa zwanzig Schritte links vor der verfallenden Steinpyramide, machte Roland Halt, bückte sich und legte die Zuggriffe des Karrens zum letzten Mal auf der Straße ab. Jeder Nerv in ihm spürte die drohende Gefahr.
    »Patrick? Spring runter.«
    Patrick tat wie geheißen, starrte dann sorgenvoll in Rolands Gesicht und trompetete fragend.
    Der Revolvermann schüttelte den Kopf. »Ich weiß selbst noch nicht, was es ist. Nur, dass es irgendwie gefährlich ist.« Die Stimmen sangen in einem mächtigen Chor, aber die Luft um sie herum war still. Kein Vogel segelte über ihnen oder sang in der Ferne. Ein Windstoß seufzte kurz auf und ließ eine Welle durchs Gras laufen. Die wilden Rosen nickten mit dem Kopf.
    Die beiden gingen nebeneinander her, und als sie das taten, spürte Roland, wie etwas schüchtern die Seite seiner Versehrten rechten Hand berührte. Er sah zu Patrick hinüber. Der stumme Junge erwiderte seinen Blick unruhig und lächelte bemüht. Roland ergriff seine Hand, und auf diese Weise überschritten sie gemeinsam den Hügelrücken.
    Unter ihnen lag eine weite rote Fläche, die sich nach allen Richtungen bis zum Horizont erstreckte. Mitten hindurch führte die Straße als ein schnurgerader staubiger weißer Strich von ungefähr dreieinhalb Metern Breite. In der Mitte des Rosenfeldes erhob sich der rußig-dunkelgraue Turm, stand dort genau wie in Rolands Träumen; die Fenster glänzten in der Sonne. Dort teilte sich nun auch die Straße, bildete einen exakten weißen Kreis, der um den Turm herumführte, und verlief dahinter in eine Richtung weiter, die nach Rolands Meinung jetzt nicht mehr Südosten, sondern genau Osten war. Eine weitere Straße kreuzte die Tower Road rechtwinklig: in Nord-Süd-Richtung, wenn seine Annahme zutraf, dass die Kompassrichtungen wieder stimmten. Aus der Vogelschau hätte es ausgesehen, als stünde der Dunkle Turm im Schnittpunkt eines mit Blut ausgefüllten Zielkreuzes.
    »Wir …«, begann Roland, aber dann unterbrach ihn ein gellender Schrei voller Wahnsinn, der von der Brise herangetragen wurde, auf bizarre Weise trotz der meilenweiten Entfernung in unverminderter Lautstärke. Er folgt dem Balken, sagte Roland sich. Und er wird von den Rosen getragen.
    »REVOLVERMANN!«, schrie der Scharlachrote König. »JETZT STIRBST DU!«
    Nun war ein Pfeifen zu hören, anfangs nur dünn, dann anschwellend und wie die schärfste Klinge, die jemals an einem mit Diamantsplittern besetzten Schleifrad geschliffen wurde, durch den vereinten Gesang des Turms und der Rosen schneidend. Patrick stand wie gelähmt da und starrte sprachlos den Turm an; er wäre aus den Stiefeln geblasen worden, wäre Roland nicht gewesen, dessen Reflexe unvermindert frisch waren. Er zog den Jungen, den er weiter an der

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