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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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rollte den Stuhl zwei Schritte zurück, damit er gerade eben südlich der Stelle war, wo die Tür stand, und sie war wieder da.
    »Siehst du das?« fragte er mit keuchender Stimme.
    »Ja! Sie ist wieder da!«
    Er rollte den Stuhl einen Schritt nach vorne. Die Tür war immer noch da. Weitere fünfzehn Zentimeter. Noch da. Noch fünf Zentimeter. Noch da. Zwei Zentimeter… und da war sie weg. Einfach weg.
    »Jesus«, flüsterte er. »Jesus Christus.«
    »Könntest du sie aufmachen?« fragte sie. »Oder ich?«
    Er trat langsam nach vorne und ergriff den Knauf der Tür mit den zwei Worten darauf.
    Er versuchte es im Uhrzeigersinn; er versuchte es im Gegenuhrzeigersinn.
    Der Knauf bewegte sich kein Jota.
    »Gut.« Ihre Stimme war ruhig und resigniert. »Also ist sie für ihn. Ich glaube, wir haben es beide gewußt. Geh ihn holen, Eddie. Gleich.«
    »Zuerst muß ich dich versorgen.«
    »Ich komme zurecht.«
    »Nein, kommst du nicht. Du bist zu dicht an der Flutlinie. Wenn ich dich hier lasse, werden die Hummer bei Einbruch der Nacht herauskommen, und du wirst ihr Abendes…«
    Plötzlich schnitt das hustende Knurren einer Katze oben in den Bergen durch das, was er sagte, wie ein Messer durch eine dünne Schnur. Sie war ein gutes Stück entfernt, aber näher als die andere gewesen war.
    Ihr Blick fiel einen Moment auf die Waffe des Revolvermanns, die im Saum seiner Hose steckte, dann wieder in sein Gesicht. Er spürte dumpfe Wärme in den Wangen.
    »Er hat dir gesagt, du sollst ihn mir nicht geben, nicht?« sagte sie sanft. »Er will nicht, daß ich ihn bekomme. Aus irgendwelchen Gründen will er nicht, daß ich ihn bekomme.«
    »Die Patronen sind naß geworden«, sagte er linkisch. »Sie würden wahrscheinlich sowieso nicht feuern.«
    »Ich verstehe. Bring mich ein Stück den Hang hinauf, Eddie, kannst du das? Ich weiß, wie müde du sein mußt, Andrew nennt es das Rollstuhlbücken, aber wenn du mich ein Stückchen hoch bringst, werde ich vor den Hummern sicher sein. Ich bezweifle, ob sich etwas anderes in ihre Nähe wagt.«
    Eddie dachte: Sie hat wahrscheinlich recht – wenn die Flut da ist… aber was ist, wenn sie wieder zurückgeht?
    »Gib mir etwas zu essen und ein paar Steine«, sagte sie, und ihre unwissentliche Wiederholung dessen, was der Revolvermann gesagt hatte, ließ ihn wieder erröten. Eddies Wangen und Stirn fühlten sich wie die Seiten eines Kachelofens an.
    Sie sah ihn an, lächelte ein wenig und schüttelte den Kopf, als hätte er laut gesprochen. »Wir werden deswegen nicht streiten. Ich habe gesehen, wie es mit ihm steht. Seine Zeit ist sehr kurz. Wir haben keine Zeit für Diskussionen. Bring mich ein Stück nach oben, gib mir zu essen und ein paar Steine, und dann nimm den Rollstuhl und geh.«
     
     

10
     
    Er richtete sie ein, so schnell er konnte, dann zog er die Pistole des Revolvermanns hervor und hielt sie ihr, Knauf voraus, hin. Aber sie schüttelte den Kopf.
    »Er wird auf uns beide wütend sein. Auf dich, weil du ihn mir gegeben hast, aber noch mehr auf mich, weil ich ihn genommen habe.«
    »Mist!« schrie Eddie. »Wie kommst du darauf?«
    »Ich weiß es«, sagte sie, und ihre Stimme war über jeden Zweifel erhaben.
    »Nun, angenommen, es stimmt. Nur angenommen. Ich werde wütend auf dich sein, wenn du ihn nicht nimmst.«
    »Steck ihn wieder weg. Ich mag Waffen nicht. Ich weiß nicht, wie ich sie benützen sollte. Wenn etwas in der Dunkelheit auf mich zukäme, würde ich mir als erstes die Hose naß machen. Und danach würde ich sie verkehrt herum halten und mich selbst erschießen.« Sie machte eine Pause und sah Eddie ernst an. »Da ist noch etwas, das du wissen solltest. Ich will nichts anfassen, was ihm gehört. Gar nichts. Für mich könnten diese Gegenstände etwas haben, was meine Mutter Hoodoo genannt hat. Ich betrachte mich gerne als moderne Frau… aber ich will kein Hoodoo an mir haben, wenn du fort bist und ich im Schatten des dunklen Landes liege.«
    Er sah von dem Revolver zu Odetta, und sein Blick war immer noch fragend.
    »Steck ihn weg«, sagte sie so streng wie eine Lehrerin. Eddie fing an zu lachen und gehorchte.
    »Warum lachst du?«
    »Weil du dich wie Miß Hathaway angehört hast, als du das gesagt hast. Sie war meine Lehrerin in der dritten Klasse.«
    Sie lächelte ein wenig, aber ihre glänzenden Augen wichen nicht von seinen. Sie sang leise, mit süßer Stimme: »Heavenly shades of night are falling… it’s twilight time… « Sie verstummte, und beide sahen nach

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