Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Angst, er könnte schon damit angefangen haben. Schließlich gab er auf, reichte den Schlüssel (den er kaum verändert hatte) wieder dem Revolvermann und legte sich unter eines der Felle. Fünf Minuten später hatte der Traum von dem Jungen und dem alten Spielplatz in der Markey Avenue wieder angefangen.
     
     

11
     
    Jake verließ das Gebäude gegen Viertel vor sieben und hatte somit noch über acht Stunden totzuschlagen. Er überlegte sich, ob er gleich mit dem Zug nach Brooklyn fahren sollte, entschied aber, daß das keine gute Idee war. Ein Junge, der nicht in der Schule war, erregte im Hinterland mehr Aufmerksamkeit als im Zentrum einer Großstadt, und wenn er wirklich nach der Stelle suchen mußte, wo er und der Junge sich treffen sollten, war er jetzt schon angeschmiert.
    Null Problemo, hatte der Junge im gelben T-Shirt mit dem grünen Stirnband gesagt. Du hast den Schlüssel und die Rose gefunden, oder nicht? Mich wirst du auf dieselbe Weise finden.
    Aber Jake konnte sich nicht mehr erinnern, wie er den Schlüssel und die Rose denn nun genau gefunden hatte. Er erinnerte sich nur noch an das Gefühl der Freude und Gewißheit, die sein Herz und sein Denken erfüllt hatten. Er konnte nur hoffen, daß dies wieder passieren würde. Bis dahin mußte er in Bewegung bleiben. Das war die beste Methode, in New York nicht aufzufallen.
    Er ging fast den ganzen Weg zur First Avenue, dann den Weg zurück, den er gekommen war, nur ging er jedesmal ein Stückchen stadteinwärts, während er dem Muster der grünen Fußgängerampeln folgte – vielleicht weil er tief im Innersten wußte, daß auch sie dem Balken dienten. Gegen zehn Uhr kam er zum Metropolitan Museum of Art an der Fifth Avenue. Ihm war heiß, er schwitzte und war deprimiert. Er wollte etwas, dachte aber, er sollte sein bißchen Geld so lange wie möglich zusammenhalten. Er hatte jeden Cent aus der Spardose neben seinem Bett genommen, aber es waren nur acht Dollar, plus minus ein paar Cent.
    Eine Gruppe Schulkinder versammelte sich zur Führung. Öffentliche Schule, da war Jake ganz sicher. Sie waren alle so leger gekleidet wie er selbst. Keine Blazer von Paul Stuart, keine Krawatten, keine Bundfaltenhosen, keine einfachen kurzen Röcke, die in Kaufhäusern wie Miß So Pretty oder Tweenity ein Vermögen kosteten. Bei denen handelte es sich von Kopf bis Fuß um Woolworth. Jake stellte sich, einer Eingebung folgend, am Ende der Reihe auf und folgte ihnen ins Museum.
    Die Führung dauerte eine Stunde und fünfzehn Minuten. Jake genoß sie. Das Museum war still. Noch besser, es war klimatisiert. Und die Bilder waren hübsch. Ganz besonders faszinierten ihn einige Bilder des Alten Westens von Frederick Remington und ein großes Gemälde von Thomas Hart Benton, auf dem eine Dampflokomotive zu sehen war, die über die großen Ebenen Richtung Chicago fuhr, während zähe Farmer in blauen Overalls und Strohhüten auf den Feldern standen und zusahen. Keiner der Lehrer, die die Gruppe begleiteten, bemerkte ihn – erst am Ende. Dann klopfte ihm eine strenge Frau im engen blauen Hosenanzug auf die Schulter und fragte ihn, wer er war.
    Jake hatte sie nicht kommen sehen, und einen Moment setzte sein Denken aus. Ohne zu wissen, was er tat, steckte er die Hand in die Tasche und umklammerte den Schlüssel. Sofort wurde sein Kopf wieder klar, und er beruhigte sich wieder.
    »Meine Gruppe ist oben«, sagte er und lächelte schuldbewußt. »Wir sollen uns die moderne Kunst ansehen, aber die Bilder hier unten gefallen mir viel besser, weil es richtige Bilder sind. Daher bin ich… Sie wissen schon…«
    »Ausgerissen?« half die Lehrerin aus. Ihre Mundwinkel zuckten, ein unterdrücktes Lächeln.
    »Nun, ich betrachte es eher als französischen Urlaub.« Die Worte sprudelten ihm einfach aus dem Mund.
    Die Schüler, die Jake mittlerweile anstarrten, sahen nur verwirrt drein, aber die Lehrerin lachte tatsächlich. »Du weißt entweder nicht oder hast vergessen«, sagte sie, »daß Deserteure in der französischen Fremdenlegion erschossen worden sind. Ich würde vorschlagen, du begibst dich sofort wieder zu deiner Klasse, junger Mann.«
    »Ja, Ma’am. Danke. Inzwischen müßten sie sowieso fast durch sein.«
    »Von welcher Schule?«
    »Markey Academy«, sagte Jake. Auch das kam einfach so heraus.
    Er ging nach oben und lauschte dem körperlosen Echo von Schritten und Stimmen im gewaltigen Raum des Rundgangs und fragte sich, warum er das gesagt hatte. Er hatte in seinem ganzen Leben

Weitere Kostenlose Bücher