Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
durch die Küchentür erkennen. Manche hingen wie obszöne Senkbleie an fast unsichtbaren Fäden; andere ließen sich einfach mit einer Reihe feuchter Plumpser auf den Boden fallen und kamen herübergewuselt, um ihn zu begrüßen.
    Jake rappelte sich immer noch schreiend auf die Füße. Er spürte, wie etwas in seinem Verstand – das sich wie ein zerschlissenes Seil anfühlte – langsam nachgab. Er vermutete, daß das seine geistige Gesundheit war, und an dieser Erkenntnis zerbrach Jakes beachtlicher Mut schließlich. Er konnte es nicht mehr ertragen, was auch auf dem Spiel stehen mochte. Er warf sich herum und wollte fliehen, wenn er noch konnte, und stellte zu spät fest, daß er noch weiter in die Villa hineinlief, statt auf die Veranda zurück.
    Er sprang in einen Raum, der zu groß für einen Salon oder ein Wohnzimmer war; es schien ein Ballsaal zu sein. Elfen mit seltsam verschlagenem Grinsen im Gesicht tummelten sich auf der Tapete und sahen Jake unter grünen Spitzhüten an. An einer Wand stand eine schimmlige Couch. In der Mitte auf dem Fußboden lag ein zerschellter Lüster, dessen rostige Kette verschlungen zwischen den verstreuten Glasperlen und staubigen -tränen lag. Jake wich den Trümmern aus und warf einen entsetzten Blick über die Schulter. Er sah keine Spinnen; wäre die eklige Masse nicht immer noch an seinem Rücken heruntergerutscht, hätte er glauben können, daß er sich alles nur eingebildet hatte.
    Er sah wieder nach vorne und blieb unvermittelt schlitternd stehen. Vor ihm stand eine Schiebetür halb offen. Dahinter erstreckte sich ein weiterer Flur. Am Ende dieses zweiten Korridors befand sich eine geschlossene Tür mit einem goldenen Knauf. Auf diese Tür waren zwei Worte geschrieben – möglicherweise geschnitzt:
     
    DER JUNGE
     
    Unter diesem Türknauf befanden sich eine filigrane Silberplatte und ein Schlüsselloch.
    Ich habe sie gefunden, dachte Jake jauchzend. Ich habe sie endlich gefunden! Das ist sie! Das ist die Tür!
    Hinter ihm begann ein leises Fauchen, als würde sich das Haus selbst in Stücke reißen. Jake drehte sich um und sah durch den Ballsaal zurück. Die Wand an der gegenüberliegenden Seite wölbte sich nach außen und schob die alte schimmlige Couch fort. Die alte Tapete bebte; die Elfen fingen an zu wogen und zu tanzen. An manchen Stellen rollte sich die Tapete einfach nach oben wie eine Jalousie, die man zu schnell losgelassen hat. Der Verputz bauschte sich zu einer schwangeren Wölbung. Darunter konnte Jake trockenes Knacken hören, als das Lattenwerk brach und sich zu einer neuen, bis jetzt noch unbekannten Form arrangierte. Und das Geräusch wurde immer noch lauter. Aber jetzt war es kein Fauchen mehr; jetzt hörte es sich an wie ein Knurren.
    Der Verputz brach nicht und prasselte dann in Trümmern herunter; er schien zu Plastik geworden zu sein, und während sich die Wand weiter aufblähte und eine Art weißer Kugel bildete, von der immer noch Schnipsel und Fetzen der Tapete baumelten, modellierte sich die Oberfläche zu Hügeln und Tälern und Kurven. Plötzlich wurde Jake klar, daß er ein riesiges Plastikgesicht vor sich sah, das sich aus der Wand drängte. Es war, als sähe man jemanden, der Kopf voraus in ein nasses Handtuch gelaufen war.
    Ein lautes Knacken war zu hören, als ein Stück Latte aus der gewölbten Wand brach. Diese wurde zur unregelmäßigen Pupille eines Auges. Darunter verwandelte sich die Wand in einen höhnischen Mund mit schiefen Zähnen. Jake konnte sehen, daß Fetzen der Tapete an Lippen und Zahnfleisch klebten.
    Eine Mörtelhand löste sich von der Wand und zog ein loses Armband alter Stromkabel hinter sich her. Sie packte das Sofa, warf es beiseite und hinterließ geisterhaft blasse Abdrücke auf dem dunklen Polster. Als sie die Mörtelfinger spreizte, brachen weitere Latten. Diese bildeten scharfe rissige Krallen. Inzwischen hatte sich das Gesicht ganz aus der Wand gelöst und starrte Jake mit einem Holzauge an. Über dem tanzte mitten auf der Stirn noch eine Elfe der Tapete. Sie sah wie eine unheimliche Tätowierung aus. Das Ding glitt mit einem schlurfenden Geräusch nach vorne. Die Tür zum Flur brach aus der Wand und bildete eine bucklige Schulter. Die eine Hand des Dings krallte über den Boden und verspritzte Glastropfen von dem heruntergestürzten Lüster.
    Jake schüttelte seine Lähmung ab. Er drehte sich um, warf sich durch die Schiebetür und stürmte mit hüpfendem Ranzen den zweiten Flur entlang, während er mit

Weitere Kostenlose Bücher