Der dunkle Turm - Gesamtausgabe
lächelte sie… aber es war ein trauriges Lächeln. »Halte dich ab jetzt fern von mir, Will. Bitte. Und ich werde mich von dir fern halten.«
Er dachte darüber nach. »Wenn wir das schaffen.«
»Wir müssen, Will. Wir müssen.«
Sie ritt schnell davon. Roland stand neben Rushers Steigbügel und sah ihr nach. Und als sie hinter dem Horizont verschwunden und nicht mehr zu sehen war, sah er ihr immer noch nach.
10
Sheriff Avery und seine beiden Hilfssheriffs, Dave Hollis und George Riggins, saßen auf der Veranda vor Gefängnis und Büro des Sheriffs, als Mr. Stockworth und Mr. Heath (Letzterer hatte den idiotischen Vogelschädel immer noch an seinem Sattelknauf befestigt) in stetem Schritt vorbeiritten. Fünfzehn Minuten zuvor hatte die Mittagsglocke geläutet, und Sheriff Avery vermutete, dass sie auf dem Weg zum Mittagessen waren, möglicherweise im Millbank oder im Traveller’s Rest, wo es auch einen akzeptablen Mittagstisch gab. Popkins und dergleichen. Avery bevorzugte da allerdings eher etwas Sättigenderes; ein halbes Hähnchen oder eine Rinderhüfte waren mehr nach seinem Geschmack.
Mr. Heath winkte ihnen zu und grinste. »Guten Tag, Gentlemen! Langes Leben! Sanfte Winde! Glückliche siestas!«
Sie winkten und lächelten zurück. Als die beiden nicht mehr zu sehen waren, sagte Hollis: »Sie haben den ganzen Vormittag unten auf den Piers verbracht und Netze gezählt! Netze! Ist das zu glauben?«
»Yessir«, sagte Sheriff Avery, hob eine seiner Pobacken ein Stück von seinem Schaukelstuhl und ließ einen lautstarken Mittagspausenfurz fliegen. »Yessir, ich glaube es. Aye.«
»Wenn sie Jonas’ Jungs nicht derart fertig gemacht hätten«, sagte Riggins, »würde ich sie für eine Bande von Narren halten.«
»Und wahrscheinlich hätten sie nichts dagegen«, sagte Avery. Er sah Hollis an, der sein Monokel am Ende des Bands drehte und in die Richtung sah, die die Jungen eingeschlagen hatten. Es gab Leute in der Stadt, die nannten die Bengel des Bundes bereits Kleine Sargjäger. Avery war sich uneins, was er davon halten sollte. Er hatte die Wogen zwischen ihnen und Thorins harten Jungs geglättet und für seine Bemühungen ein Lob und ein Goldstück von Rimer bekommen, aber dennoch… was sollte er von ihnen halten?
»An dem Tag, als sie angekommen sind«, sagte er zu Hollis, »hast du sie für weich gehalten. Und jetzt?«
»Jetzt?« Hollis drehte sein Monokel ein letztes Mal, dann klemmte er es sich ins Auge und sah den Sheriff damit an. »Jetzt denke ich, dass sie doch ein bisschen härter sein könnten, als ich geglaubt habe.«
Ja, wahrhaftig, dachte Avery. Aber hart heißt nicht smart, den Göttern sei Dank. Aye, dafür sei den Göttern Dank.
»Ich habe Hunger wie ein Stier, das hab ich«, sagte er und stand auf. Er bückte sich, stützte die Hände auf die Knie und ließ einen weiteren lauten Furz streichen. Hollis und Riggins sahen einander an. Riggins wedelte mit einer Hand vor dem Gesicht. Sheriff Herkimer Avery, Sheriff der Baronie, richtete sich erleichtert und erwartungsvoll zugleich auf. »Draußen ist mehr Platz als drinnen«, sagte er. »Kommt, Jungs. Gehen wir die Straße runter und schieben uns was zwischen die Zähne.«
11
Nicht einmal der Sonnenuntergang konnte die Aussicht von der Veranda des Schlafhauses der Bar K Ranch wesentlich verbessern. Das Gebäude – abgesehen vom Kochschuppen und dem Stall das Einzige, das noch auf dem Gelände stand – war L-förmig, die Veranda an der Innenseite des kurzen Flügels gebaut. Man hatte gerade die passende Anzahl Sitzgelegenheiten für sie zurückgelassen: zwei mitgenommene Schaukelstühle und eine Holzkiste, auf die jemand ein wackliges Brett genagelt hatte.
An diesem Abend saß Alain auf einem der Schaukelstühle und Cuthbert auf der Kiste, der er den Vorzug zu geben schien. Auf dem Querholz saß der Wachposten und sah über den gestampften Boden des Hofs zur ausgebrannten Ruine des Wohnhauses der Garbers hinüber.
Alain war hundemüde, und obwohl sie beide in dem Bach am westlichen Rand des Farmgeländes gebadet hatten, bildete er sich ein, dass er immer noch nach Fisch und Seetang roch. Sie hatten den ganzen Tag damit verbracht, Netze zu zählen. Er hatte nichts gegen harte Arbeit einzuwenden, auch wenn sie eintönig war, aber sinnlose Arbeit passte ihm nicht. Und das Ganze war sinnlose Arbeit. Hambry gliederte sich in zwei Teile: Fischer und Pferdezüchter. Bei den Fischern würden sie nichts finden, und
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