Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
beugte sich noch näher, und diesmal flüsterte sie fast, obwohl niemand auf der Straße war, der sie hätte hören können: »Hundefürze.«
    Es folgte ein Augenblick fassungslosen Schweigens, dann fing Susan an zu lachen. Sie lachte, bis ihr der Bauch wehtat und ihr Tränen über die Wangen liefen.
    »Willst du damit sagen, dass W-W-Wolf… der Hund des B-B-Bürgermeisters… in die Nähkammer gelaufen ist und mein Empfangsk-k…« Aber sie konnte nicht zu Ende sprechen. Sie musste zu sehr lachen.
    »Aye«, sagte Maria unumwunden. Sie schien nichts Ungewöhnliches an Susans Gelächter zu finden… und das war eine der Eigenschaften, für die Susan sie so mochte. »Aber man kann ihm keinen Vorwurf machen, das sage ich, ein Hund folgt nämlich nur seinem natürlichen Drang, wenn es ihm freisteht, das zu tun. Die Zimmermädchen…« Sie verstummte. »Ihr werdet das doch nicht dem Bürgermeister oder Kimba Rimer erzählen, Ma’am, oder?«
    »Maria, ich bin enttäuscht von dir – hältst du mich für so billig?«
    »Nein, Ma’am, ich halte Euch für anständig, das tu ich, aber es ist immer am besten, auf Nummer Sicher zu gehen. Ich wollte nur sagen, dass die Zimmermädchen an heißen Tagen manchmal in die Nähkammer gehen, wenn sie Pause machen. Sie liegt gleich im Schatten des Wachtturms, wisst Ihr, und ist der kühlste Raum im Haus – sogar kühler als die Empfangsräume.«
    »Ich werde daran denken«, sagte Susan. Sie malte sich aus, das Mittagessen und den Empfang in der Kleiderkammer hinter der Küche abzuhalten, wenn der große Tag kam, und fing wieder an zu kichern. »Weiter.«
    »Nichts mehr zu sagen, Ma’am«, antwortete Maria, als wäre alles andere zu offensichtlich, es eigens zu erwähnen. »Die Mädchen haben ihre Brote gegessen und die Krümel liegen lassen. Ich glaube, Wolf hat sie gerochen, und diesmal war die Tür offen gelassen worden. Als die Krümel weg waren, hat er das Kleid probiert. Sozusagen als zweiten Gang.«
    Diesmal lachten sie gemeinsam.
     
     

3
     
    Aber als Susan später wieder nach Hause kam, lachte sie nicht mehr.
    Cordelia Delgado, die dachte, der glücklichste Tag ihres Lebens wäre der, wenn ihre aufmüpfige Nichte endlich das Haus verließ und die ärgerliche Angelegenheit ihrer Defloration überstanden war, schoss aus dem Schaukelstuhl und lief zum Küchenfenster, als sie, rund zwei Stunden nachdem Susan das Haus mit diesem kleinen Krümel von einem Mädchen verlassen hatte, um eines ihrer Kleider neu richten zu lassen, den Hufschlag eines galoppierenden Pferdes hörte. Sie hegte keinen Zweifel daran, dass er Susans Rückkehr ankündigte, und sie hegte keinen Zweifel daran, dass Ärger ins Haus stand. Unter gewöhnlichen Umständen hätte das dumme Ding an so einem heißen Tag keines ihrer geliebten Pferde je zum Galopp gezwungen.
    Sie sah hinaus und zupfte nervös an ihren Fingern, als Susan ihr Pferd ganz undelgadohaft scharf zum Stehen brachte und mit einem alles andere als damenhaften Sprung abstieg. Ihr Zopf war teilweise aufgegangen, sodass ihr blondes Haar, das ihr ganzer Stolz (und ihr Fluch) war, in alle Richtungen wehte. Ihre Haut war blass, abgesehen von zwei roten Flecken auf den Wangenknochen. Diese Flecken gefielen Cordelia ganz und gar nicht. Pat hatte sie immer an denselben Stellen gehabt, wenn er entweder ängstlich oder wütend gewesen war.
    Nun stand sie am Spülstein und biss sich zusätzlich zum Fingerzupfen noch auf die Lippen. Ach, wie schön wäre es doch, dieses störende Weibsbild endlich von hinten zu sehen. »Du hast doch keinen Ärger gemacht, oder?«, flüsterte sie, als Susan den Sattel von Pylons Rücken zog und das Tier zum Stall führte. »Das solltest du lieber nicht, Miss O So Jung Und Hübsch. Nicht zu diesem vorgerückten Zeitpunkt. Das solltest du lieber nicht.«
     
     

4
     
    Als Susan zwanzig Minuten später hereinkam, merkte man ihrer Tante die Anspannung und Wut nicht an; Cordelia hatte beides weggeschlossen, wie man vielleicht eine gefährliche Waffe – beispielsweise einen Revolver – in einem hohen Fach im Schrank verstauen mochte. Sie saß in ihrem Schaukelstuhl und strickte, und das Gesicht, das sie Susan beim Eintreten zuwandte, hatte etwas oberflächlich Gelassenes. Sie sah dem Mädchen zu, wie es zum Spülstein ging, kaltes Wasser ins Becken pumpte und es sich dann ins Gesicht spritzte. Aber statt nach einem Handtuch zu greifen, um sich abzutrocknen, sah Susan nur mit einer Miene zum Fenster hinaus, die Cordelia

Weitere Kostenlose Bücher